Rote Bastionen

Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.

Michael Ludwigs Wahlsieg, der sich als Bürgermeister und Landeshauptmann der Bundeshauptstadt Wien erstmals der Wahl stellte, fiel durchaus beeindruckend aus. Er hat bei seiner Wiener SPÖ mit 42 Prozent für Aufatmen gesorgt. Damit ist der verbindlich-gemütlich wirkende Floridsdorfer endgültig zum nunmehr neuen starken Mann in der ansonsten eher gebeutelten Bundes-SPÖ aufgestiegen. Aber Österreichs Sozialdemokratie sollte – bei allem Jubel über den Triumph Ludwigs – bei genauerer Analyse des Wiener Ergebnisses in sich gehen. Deswegen: Zwar wurden die FPÖ und die Liste Strache politisch zerstört, allerdings: Mehr als 100.000 deren ehemaliger Wähler gingen diesmal in den „Wartesaal”, also gar nicht zur Wahl. Fazit: Die Rückholaktion Tausender ehemaliger Sozialdemokraten, die sich in den letzten Jahrzehnten speziell von der taumelnden Bundes-SPÖ sukzessiv enttäuscht der FPÖ (und Strache) zuwandten, gelang definitiv nicht. Dass Michael Ludwig trotzdem so klar siegte, ist umso bemerkenswerter. In einer anderen der rar gewordenen roten Bastionen der Republik, in St. Pölten, wird es für Ludwigs Bürgermeister-Kollegen Matthias Stadler in 101 Tagen, am 24. Jänner, deutlich entspannter zugehen. Dessen absolute Mehrheit in Niederösterreichs Landeshauptstadt (26 von 42 Mandaten) ist bei den im Sog von Wien nun auch flugs angesetzten Neuwahlen kaum gefährdet. Weil dort die FPÖ noch nie von der SPÖ Stimmen absaugen konnte und auch die lokale ÖVP eine bislang eher bescheidene Rolle spielte. Alles andere wäre bemerkenswert. So wie Ludwigs Wiener Husarenritt.

wachter.hubert@aon.at

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