Fairness-Büro: Marktmacht des Handels bedroht bäuerliche Betriebe

Der neueste Bericht des Fairness-Büros zeigt anhand von mehr als 800 Beschwerden die Marktmacht großer Handelsketten in Österreich auf. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig fordert mehr Dialog und Fairness, während Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will die partnerschaftliche Zusammenarbeit verteidigt.

David gegen Goliath: Kampf der kleinen Produzenten gegen Handelsgiganten

Der Bericht des Fairness-Büros hebt die zunehmenden Spannungen zwischen Handelsketten und heimischen Lebensmittelproduzenten hervor. 2024 wurden mehr als 800 Beschwerden verzeichnet. Das sei laut dem vor genau drei Jahren als unabhängige und weisungsfreie Stelle im Landwirtschaftsministerium gegründeten Fairnessbüro ein besorgniserregendes Zeichen für die steigende Marktmacht der Handelsriesen.

Dazu Norbert Totschnig: „Diese Zahl zeigt schwarz auf weiß, wie groß die Macht der Handelsketten gegenüber kleineren Produzenten ist. Um ein Ausnutzen von Machtpositionen zu verhindern, müssen wir kontinuierlich handeln.“ Der Minister unterstrich, dass diese Konzentration zu „harten Preisverhandlungen, drohenden Auslistungen und einseitigen Vertragsänderungen“ führe. Für die mehr als 100.000 Bäuerinnen und Bauern im Land, die den wenigen großen Handelsketten gegenüberstehen, fordert Totschnig „einen verstärkten Dialog auf Augenhöhe, um Lösungen zu entwickeln“.

„Mehr als 800 Beschwerden: Diese Zahl zeigt schwarz auf weiß, wie groß die Macht der Handelsketten gegenüber kleineren Produzenten ist.“
Norbert Totschnig, Landwirtschaftsminister

Der Bericht beschreibt, wie Handelsketten kleinen Betrieben Preisanpassungen verweigern, trotz steigender Kosten. So habe ein Fall gezeigt, dass ein Konsumentenpreis um 30 Prozent erhöht wurde, während der Produzent einen Preisrückgang von 2 Prozent hinnehmen musste. Wie es in dem Bericht weiter heißt, untergraben Eigenmarken der Handelsketten durch hohe Preisaufschläge auf Markenprodukte die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Erzeugnisse. Zudem würden Produzenten von Handelsketten gezwungen, teure Dritt-Dienstleistungen zu nutzen, was letztlich auch die Konsumenten trifft. Totschnig liest aus dem Bericht aber auch eine positive Entwicklung heraus: „Der Bericht des Fairness-Büros zeigt nicht nur unfaire Handelspraktiken, sondern auch ein zunehmendes Bewusstsein für Fairness entlang der Wertschöpfungskette.“

Rainer Will vom Handelsverband reagierte prompt auf die Vorwürfe. Die Anzahl von Beschwerden sei im Verhältnis zu den vielen Lieferantengesprächen – laut Will „zehntausende“ – äußerst gering und bewege sich im untersten Promille-Bereich. Will betont: „Fest steht, der Lebensmittelhandel hat sich nachweislich nie ein Körberlgeld verdient.“ Dennoch begrüßte er die Arbeit des Fairness-Büros, das er als „hilfreiches Instrument für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Handel und Landwirtschaft“ bezeichnete.

„Fest steht, der Lebensmittelhandel hat sich nachweislich nie ein Körberlgeld verdient.“
Rainer Will, Handelsverband

Die Auseinandersetzung zwischen kleinen Produzenten und Handelsketten entwickelt sich vor dem Hintergrund einer EU-weiten Diskussion über unlautere Handelspraktiken, zuletzt hervorgehoben durch die Vision des neuen EU-Agrarkommissars Christophe Hansen für fairere Einkommen. Der Handelsverband bleibt optimistisch, was die fortlaufende Zusammenarbeit zwischen Einkäufern und Lieferanten und das beidseitige Engagement für faire Märkte betrifft. Will: „Fairness im Markt ist ein wichtiger Parameter, um nachhaltige Märkte, in denen kleine wie auch große Unternehmen agieren, sicherzustellen.“

Der 3. Tätigkeitsbericht des Fairnessbüros zum Download: www.fairness-buero.gv.at

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AUTORRed. BW
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