Der gut dreißig Jahre alte, aber mehrmals erweiterte Maststall verfügt über 1600 Mastplätze.

Für den Landwirt Rudolf Kainz und seine Gattin Christa ist es eine Premiere. Auf ihrem Bauernhof in der südoststeirischen Gemeinde Unterlamm findet eine Pressekonferenz statt. Neben Rudolf Kainz sitzen der Tierernährungsexperte Reinhard Puntigam und Obmann Josef Ober vom Steirischen Vulkanland. „Wir sind auf eine heimische Ressource gestoßen, die Soja in der Schweinefütterung ersetzt“, leitet Ober mit einem Paukenschlag ein. Und er nennt das Zauberwort: Es ist die Weizenkleie.

Proteinreduzierte Schweinemast

Abgesichert ist seine Aussage durch die Daten aus dem LEADER-Forschungsprojekt „Proteinreduzierte Schweinemast unter Absenkung von Sojaextraktionsschrot und unter Miteinbeziehung von Mühlennebenprodukten“. Dabei geht es darum, wie man mit heimischen Futtermitteln die Mast- und Schlachtleistung von Schweinen erhält oder gar erhöht.

Ich habe aus Neugierde mitgemacht, weil es geheißen hat, dass man damit viel Soja einsparen kann. – Rudolf Kainz

Die Rolle der Familie Kainz ist rasch erklärt: Auf ihrem Betrieb fand dazu in den vergangenen zwei Jahren der Praxistest statt. „Ich habe aus Neugierde mitgemacht, weil es geheißen hat, dass man damit viel Soja einsparen kann“, sagt der Schweinebauer über seine Beweggründe. „Schon die ersten Versuche sind gut angelaufen und haben mich motiviert. Allerdings ist schon zu sagen, dass es ständig ein Auf und Ab bei den Rezepturen und Rohfaserträgern gegeben hat.“ Der Maststall von Kainz wurde im Jahr 1993 errichtet und dreimal erweitert, sodass er nun über 1.600 Mastplätze verfügt. Im Jahr 2022, also noch vor dem Start des Praxistests, brachte jeden Monat ein Lkw 24 Tonnen Soja auf den Hof. Schon ein Jahr später sei die Menge deutlich weniger geworden.

Quelle: BZ/Brodschneider
Der Bauernhof der Familie Kainz liegt in der südoststeirischen Gemeinde Unterlamm.

Wertvolles Nebenprodukt von Brotweizen

Dieses Beispiel veranschaulicht, worum es eigentlich geht. „Weizenkleie ist ein wertvolles Nebenprodukt von Brotweizen. Nach dem Mahlen bleiben die Schale und der Keimling übrig. Aber gerade darin befinden sich wertvolle Aminosäuren und Rohprotein. Die Kleie eignet sich gut für die Tierernährung und ist sehr bekömmlich. Zudem unterstützen die Ballaststoffe im Schalenanteil die Tiergesundheit“, informiert der Landwirt. Seine Erfahrungen decken sich mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Projektbegleiter Reinhard Puntigam, die da lauten: Mit weit weniger Sojaextraktionsschrot seien optimale Leistungen erzielbar. Der Einsatz von Weizenkleie bedeute, dass man damit für die Tierernährung auf heimischen Rohstoffe zurückgreife. Kainz: „Das Ziel ist es, dass wir auf eigene Eiweißquellen umstellen, die sich aber für die Landwirte rechnen müssen.“

Quelle: BZ/Brodschneider
Rudolf Kainz ist nicht nur ein erfolgreicher Schweinemäster, sondern auch ein Ackerbauer mit Leib und Seele.

Stickstoff-Emissionen werden weniger

Puntigam kommt auch auf andere Vorteile zu sprechen. „Mit diesem Projekt sind wir am Puls der Zeit. Der Einsatz von Sojaextraktionsschrot wird durch den Einsatz von Weizenkleie in der Fütterung zu einem Drittel oder mehr verringert. Damit sinken auch die Stickstoff-Emissionen und die Ammoniak-Belastung.“ Das sei auch deshalb interessant, weil Österreich bis zum Jahr 2030 seine Ammoniak-Emissionen, die überwiegend von der Landwirtschaft verursacht werden, um zwölf Prozent senken muss. Rudolf Kainz berichtet aus der Praxis, dass sich seit dem geringer gewordenen Einsatz von Rohprotein seine Tiere wohler fühlen. „Auch ich selbst gehe jetzt viel lieber in den Stall, denn der Geruch ist weitaus angenehmer geworden. Und wenn ich die Gülle ausbringe, stellen die Leute überrascht fest, dass es viel weniger stinkt.“

Mit diesem Projekt sind wir am Puls der Zeit. – Reinhard Puntigam

Wichtig seien aber Futtermittelanalysen, konkrete Rationen-Berechnungen sowie die Verwendung einer genau auf die Fütterung abgestimmten Mineralstoffmischung.

Eindeutiges Ergebnis hat alle überrascht

Vulkanland-Obmann Ober sieht alles in einem noch größeren Zusammenhang. „Wenn es uns gelingt, dass wir Produkte selbst erzeugen, statt sie zu importieren, tragen wir zur Stärkung der Regionalwirtschaft bei.“ Ähnliche Ergebnisse aus Bayern haben den Steirern gezeigt, dass Weizenkleie durchaus ein bedeutender Soja-Ersatz sein kann. „Aber dass es ein so eindeutiges Ergebnis ist, hat alle überrascht“, so Ober. Mittlerweile machen es im Vulkanland schon 30 Schweinebauern dem Pionier nach und mischen ebenfalls Weizenkleie ins Futter.

Quelle: BZ/Brodschneider
Pressekonferenz am Hof: Vulkanland-Obmann Josef Ober, Tierernährungsexperte Reinhard Puntigam, Bäuerin Christa und ihr Mann Rudolf Kainz.

Bauernbrot aus dem Holzbrotbackofen

Der Betrieb beschäftigt sich aber nicht nur mit der Schweinemast. Christa Kainz bäckt an Wochentagen (außer dienstags) Bauernbrot und liefert dieses, wie auch selbst erzeugte Eiernudeln und Käferbohnen, an regionale Supermärkte, ins Lagerhaus, an Bauernläden und regionale Buschenschänken. Zudem gibt es das alles im eigenen Hofladen zu erwerben. Ihre Äcker werden von Rudolf und Christa Kainz mit Mais, Getreide, Soja und Käferbohnen bestellt. Ihre Wiesen, Grünbrache und Wechselweiden sind Naturschutzflächen.

- Bildquellen -

  • Bauernhof Kainz: BZ/Brodschneider
  • Rudolf Kainz: BZ/Brodschneider
  • Pressekonferenz: BZ/Brodschneider
  • Schweinestall: BZ/Brodschneider
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AUTORKarl Brodschneider
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