Wer hierzulande vor dem Supermarktregal steht, könnte glauben, Italien dominiert die weltweite Olivenöl-Erzeugung. Tatsächlich sind jedoch 70 Prozent des in der EU und gut 45 Prozent des global verbrauchten Olivenöls spanischen Ursprungs. Das hat nicht zuletzt mit dem trockenen Klima der Iberischen Halbinsel zu tun. Dauerkulturen wie Mandeln, Wein, aber eben auch Oliven haben eine lange Tradition. So auch bei Alfredo Caldú Celma (64), Olivenbauer unweit der Stadt Alcañiz im Süden Aragoniens. 47 Hektar Olivenplantagen mit gut 7.000 Bäumen nennt er sein Eigen.
Daneben werden auch Pfirsiche und Mandeln erzeugt sowie etwas Weinbau betrieben. Die 26 Jahre alten Olivenhaine sind mit der regionaltypischen Sorte Empeltre und der weltweit verbreiteten Sorte Arbequina bepflanzt.
Wie allen Bauern Spaniens macht auch Caldú Celma die Dürre der vergangenen Jahre zu schaffen. Im April seien im Zuge von Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke die Blüten an den Bäumen „verbrannt“, erzählt er. „Trockenheit sind wir gewohnt, aber die anhaltende Hitze wird zum Problem“, meint der Bauer inmitten seiner Olivenbäume. Aus wirtschaftlichen Gründen haben sich in den vergangenen Jahren trotzdem viele seiner Berufskollegen den Oliven zugewandt: „Sobald die Bauern an die Bewässerung angeschlossen werden, satteln sie von Getreide auf Oliven um.“
Das sei auf die deutliche Ertragssteigerung zurückzuführen. Zwar werden in seiner Region auch Oliven ohne Tröpfchenbewässerung erzeugt, statt durchschnittlich drei Tonnen je Hektar gäbe es dann allerdings nur 500 Kilogramm der begehrten Empeltre- Oliven zu ernten. Besonders fatal war die Situation für ihn 2022. Mit einer Gesamternte von nur 70 Tonnen erreichte Caldú Celma nicht nur seinen bisher schlechtesten Ertrag, sondern rutschte tief in die roten Zahlen. Denn auch die Olivenpreise waren in den vergangenen Jahren durchwegs rückläufig. Für die laufende Ernte erwartete der Spanier im Herbst eine Gesamternte von 100 Tonnen, also „näher am eigentlich üblichen Durchschnitt“.
Massive Kostensteigerung, eingebrochene Nachfrage
Hinzu kam auf seinem Hof eine Kostenexplosion von 150 Prozent binnen zwei Jahren. Da nützte ihm auch der dürrebedingt stark angezogene Preis für Olivenöl wenig.
Wie sehr sich dieses verteuerte, zeigt ein Blick auf den europäischen Großhandel. Dort kostete hochwertigeres spanisches Öl plötzlich statt 2 mehr als 7 Euro je Liter. Auch in den spanischen Supermärkten verdoppelten sich die Preise. Die Konsumenten reagieren mit verhaltener Nachfrage, um ein Viertel sei diese mittlerweile eingebrochen, berichtet der Olivenbauer. Weniger Absatz und anhaltend hohe Kosten: „Da nutzen auch die 100 Euro Förderung je Hektar aus der GAP wenig“, lamentiert Alfredo Caldú Celma. Die Ernte erfolgt in Alcañiz durch einen Lohnunternehmer. Dieser sammelt mittels vollhydraulischem Schüttler am Frontlader seines Traktors die Oliven ein. Damit spare man pro Baum mehrere Stunden Arbeitszeit gegenüber manuellem Sammeln. In Spanien sei dieses Verfahren – anders als etwa in Griechenland – heute bereits die Regel. Geerntet wird in zwei Durchgängen, da die Oliven ungleichmäßig abreifen. Per Hand wird in einem letzten Schritt dann noch die zu Boden gefallene Ware für schlechtere Verarbeitungsqualitäten aufgelesen.
Genossenschaftliche Verarbeitung
Seine Oliven liefert der 64-Jährige übrigens an die Genossenschaft „San Isidro“.
Diese steht zur Gänze im Eigentum der örtlichen Bauern und kümmert sich neben Ölgewinnung und Tafelolivenproduktion auch um die Vermarktung des Öls. Der Großteil der jährlich erzeugten 400 Tonnen Öl wird unter der geschützten Ursprungsbezeichnung „Aceite de bajo Aragon“ (also Öl aus Niederaragonien) verkauft. Während der Hochsaison von November bis Jänner sind dazu vier Arbeitskräfte bei der vor 20 Jahren umfangreich sanierten Anlage tätig.
„Bei der Olivenverarbeitung ist Schnelligkeit wichtig“, wird in der Ölmühle erklärt. Maximal zwölf Stunden dürfen zwischen der Ernte und dem fertig gepressten Öl vergehen, um keine Qualitätsverluste zu riskieren. Zunächst wird die angelieferte Ware vollautomatisch von mitgeernteten Blättern und Ästen getrennt. Danach werden die Oliven gewaschen, gewogen und in zwei Silos mit einem Fassungsvermögen von 25 Tonnen zwischengelagert. „Bevor diese nicht leer sind, gibt es keinen Feierabend“, schmunzeln die Arbeiter. Vom Silo geht es per Förderband in die Mühle und die Presse, wo das Öl mittels Zentrifugalkraft gewonnen wird.
Danach muss es noch filtriert werden. Anschließend kommt es in einen der acht Edelstahltanks mit Platz für insgesamt 500 Tonnen Öl.
Zwar entspreche das von der Genossenschaft erzeugte Öl nicht dem höchsten Standard „extra vergine“, man sei aber von der Güte überzeugt. Derzeit ist die Genossenschaft noch auf den Großhandel angewiesen, die das Öl im großen Stil an italienische Importeure vermarktet. Das wollen die Bauern jedoch ändern und füllen mittlerweile einen Teil des Öls selbst in haushaltsübliche Gebinde für den Einzelhandel. „Das ist deutlich lukrativer, weshalb wir dieses Segment nun forcieren“, geben sich die Mitarbeiter von San Isidro ambitioniert.
- Bildquellen -
- Vollernter: BZ/Wieltsch
- Entladung der Oliven: BZ/Wieltsch
- Ölmühle: BZ/Wieltsch
- Presse: BZ/Wieltsch
- Frisches Olivenöl: BZ/Wieltsch
- Lagertanks: BZ/Wieltsch
- Schüttler vor John Deere: BZ/Wieltsch