Die aktuelle Situation schlägt sich auf alle Kategorien in der Rindfleischproduktion nieder – sowohl bei Stieren, Ochsen, Schlachtkälbern und insbesondere bei Kalbinnen und Schlachtkühen kämpft die Branche mit stark reduzierten Absatzmöglichkeiten und drastischen Preisreduktionen.
Insgesamt werden über 50 % des Rindfleisches im Außer-Haus-Verzehr vermarktet. Durch die gesetzliche Schließung der Gastronomie kann ein Großteil dieser Mengen nun nicht mehr abgesetzt werden. Zusätzlich erschwerend kommt hinzu, dass die Exportmärkte vor allem für Kalbinnen und Kühe nach Frankreich, Spanien, Deutschland und Italien nahezu zum Erliegen gekommen sind. Auch Jungstierfleisch-Exporte nach Deutschland oder Italien sind davon betroffen.
Der Ausfall der Systemgastronomie wie z.B. McDonald‘s führt ebenfalls zu großen Mengeneinbußen, da McDonald‘s Österreich ca. 45 % der Vordervierteln der gesamten österreichischen Kuhschlachtungen abnahm.
Bei Jungstieren kam es in den letzten 2 Wochen zu vorgezogenen Konsumenten-Einkäufen im Lebensmitteleinzelhandel. Durch die derzeitige Sättigung ist damit zu rechnen, dass nur mehr ca. 60 % Absatz finden, ca. 40 % müssen billiger verkauft werden. Lediglich bei Bio-Rindern laufen derzeit aufgrund von Umschichtungen leicht erhöhte Mengen.
Importe einstellen
Ein weiterer Grund für die Verschärfung der Situation ergibt sich aus den erhöhten Personalkosten der Schlachthöfe: Ausländische Arbeitskräfte müssen für Wochenendschichten gesondert bezahlt werden. Zusätzlich fallen sämtliche Erlöse für Rinderhäute weg, da die Auto- und Leder-Industrie geschlossen wurde und keine Häute mehr verarbeitet werden können. Umso wichtiger ist es, dass diese Situation nur gemeinsam in der Branche gelöst werden kann – überzogene Preisvorstellungen schwächen letztlich alle. Außerdem wäre es im Sinne der Fairness wichtig, alle Importe an ausländischen Schlachtrindern und Rindfleisch sofort einzustellen, um den österreichischen Rindfleischmarkt nicht noch mehr zu schwächen. Wie gut auch in Krisenzeiten diese Partnerschaft funktioniert, zeigt sich mit dem Lebensmittelhandel. Die ARGE Rind konnte mit dem Lebensmittelhandel eine Vereinbarung abschließen, den Rindfleischpreis für die nächsten 4 Wochen auf heutigem Stand einzufrieren.
Werner Habermann, Geschäftsführer der ARGE Rind, sieht eine massive Bedrohung für die österreichischen Rinderbauern. „Die Branche ist derartig unter Druck, dass wir derzeit mit Preisforderungen je nach Kategorie von bis zu 60 Cent pro kg konfrontiert sind, das entspricht einer Preisreduktion von bis zu 30 % in einigen Kategorien. Und das in einer Sparte, die ohnehin schon 10 bis 20 % unter dem Preisniveau vom Vorjahr liegt. Wenn wir jetzt nicht gemeinsam reagieren, ist das für die Rinderbauern existenzbedrohend.“
Ein zusätzlicher Aspekt: Je mehr der Markt sich in diese Richtung bewegt, desto mehr führt dies zu einem stärkeren Exportbedarf bei den Lebendrindern – der auch im Sinne des Tierschutzes nicht sinnvoll wäre.
Die ARGE Rind tut ihr Möglichstes, um die absehbaren Marktverwerfungen einzudämmen. In ständiger Abstimmung mit den Marktpartnern und der Politik sucht die ARGE Rind nach einer gangbaren Lösung. Josef Fradler meint dazu: „Aus meiner Sicht wären folgende Dinge dringend notwendig: Nur durch ein gemeinsames Vorgehen finden wir einen Weg durch die Krise – schaut einer zu sehr nur auf seine Interessen, fällt das Lösungskonstrukt zusammen. Die Schlachthöfe dürfen die Preise nicht zu massiv drücken – es gibt auch ein Nachher. Die Bauern sollten so viele Tiere wie möglich stehenlassen. Von der öffentlichen Hand benötigen wir eine Marktstützung, um extreme Härtefälle vermeiden zu können! Und die Konsumente müssen sich bewusst entscheiden, zu österreichischem Qualitätsfleisch zu greifen. Auf diese Weise schaffen wir eine gemeinsame Lösung für diese Krise.“
- Bildquellen -
- Stiermast 47 ID62781 Size650px: Agrarfoto.com