Da mit Lebensmitteln befüllte Einkaufswagerl die Geldbörsel der Österreicher immer noch belasten, hat die Bundesregierung einen Lebensmittel-Gipfel abgehalten. Auch wenn es aktuell die größten Preisanstiege bei Möbeln, Freizeitdienstleistungen und bei Neuwagen gibt, Airlines einen Rekordsommer erwarten und die Lebensmittelinflation in Österreich im unteren EU-Drittel liegt.
Gipfelstürmer wollten neben Initiator Sozialminister Johannes Rauch, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Vizekanzler Werner Kogler auch zahlreiche Vertreter des Lebensmittelhandels, der Sozialpartner sowie NGO’s sein. Nach wenigen Stunden endete der Gipfel aber mit einem ernüchternden Ergebnis. Eine Lösung sei ob der unterschiedlichen Ansätze auch nach dem Gipfel nicht in greifbarer Nähe, die kommenden Tage würden aber Klarheit bringen, verlautete man seitens Bundesregierung.
Preisanstiege nicht nachvollziehbar
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig will nun Klarheit, an welcher Stelle in der Lebensmittelkette Senkungen nicht weitergegeben werden. Denn während die meisten landwirtschaftlichen Erzeugerpreise in den vergangenen Monaten nach einer mehrmonatigen Hochphase wieder gesunken seien, klingeln die Supermarktkassen beim Konsumenten immer noch besonders laut.
Daher schlägt er als eine von mehreren Maßnahmen vor, die Ein- und Verkaufspreise für einen repräsentativen Warenkorb zu erheben. Damit solle sichtbar werden, ob und in welchem Umfang sinkende landwirtschaftliche Erzeugerpreise beim Konsumenten ankommen. Zudem brauche es aufgrund des direkten Zusammenhangs mit den Lebensmittelpreisen eben Stabilität und Perspektiven auf den Energiemärkten. „Was es neben einer treffsicheren Entlastung sozial Bedürftiger braucht, ist Preistransparenz. Wie auch schon IHS-Chef Neusser sagte, müssen wir etwas beim Wettbewerb tun und ‚über die Bücher gehen‘. Etwa in dem die Ein- und Verkaufspreise für einen definierten Warenkorb erhoben werden. So schaffen wir Transparenz, ob und in welchem Umfang sinkende landwirtschaftliche Erzeugerpreise beim Konsumenten ankommen. Dazu gab es beim Lebensmittelgipfel große Zustimmung.“
Moosbrugger: „Bei Preistreibern ansetzen”
Neuer Preis-Ticker
Die Handelskette Hofer verkündete just am Tag des Gipfels, die Butterpreise zu senken. Laut Handelsverband werden zudem auch Spar, Rewe, Hofer und Lidl künftig eine Liste mit den Verkaufspreisen der 20 bis 30 günstigsten Preiseinstiegsprodukte wöchentlich an das Sozialministerium übermitteln und auf den jeweils eigenen Websites hervorheben. “Händlereigenmarken” sollten laut Handelsverband künftig mit “Industriemarken” verglichen werden. Man darf gespannt sein, welchen Effekt dies nach sich zieht.
Wettbewerbsbehörde wurde bereits aktiv
Totschnig verwiesen auch auf die Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Diese startete im Oktober 2022 eine Branchenuntersuchung im Lebensmittelsektor. Mitte März erging eine Online-Befragung an 1.500 Lieferanten der vier größten österreichischen Lebensmitteleinzelhändler. Weiters schickte die BWB an Lebensmitteleinzelhändler Auskunftsverlangen zu Geschäftsdaten. Neben dem Lebensmittelhandel untersuchen die Wettbewerbshüter auch die vorgelagerte Stufe der Lebensmittelverarbeitung. Die Untersuchung des Lebensmittelsektors dauert laut BWB voraussichtlich bis Herbst 2023.
In ganz Europa stellt die Inflation derzeit die Konsumentinnen und Konsumenten sowie viele Unternehmen und bäuerliche Familienbetriebe vor Herausforderungen. Laut Statistik Austria sind der Anstieg der Preise für Wohnung, Wasser, Energie die bedeutendsten Treiber der Inflation im Jahresabstand. Die Ernährung ist bei den Ausgaben an vierter Stelle (hinter Wohnen und Energie, dem Verkehr sowie Freizeit, Sport und Hobby. Laut Landwirtschaftsministerium treibt die Inflation europaweit die Preise für Lebensmittel. Die Lebensmittelinflationsrate in Österreich liege im unteren EU-Drittel. Auch sei der Anteil von Lebensmitteln und Getränken an den Gesamtausgaben der Haushalte seit den 1950er Jahren stark gesunken. Damals gab ein durchschnittlicher Haushalt fast die Hälfte des verfügbaren Haushaltseinkommens für Lebensmittel aus. Heute entfallen derzeit durchschnittlich nur noch etwa 12 Prozent der Haushaltausgaben auf Lebensmittel und Getränke. Auch zeige der europäische Vergleich, dass der Anteil der Haushaltsausgaben für Nahrungsmittel in Österreich deutlich unter dem Schnitt der EU-27 liegt.
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- Lebensmittelgipfel mit Totschnig, Kogler und Rauch: BML/Hemerka