„Landwirtschaft stärken, anstatt sie zu schwächen“

Ein halbes Jahr ist seit der Angelobung von Landeshauptmann Anton Mattle und der Regierung vergangen – im Interview zieht Mattle Bilanz und spricht über seine Pläne für die Landwirtschaft.

Herr Landeshauptmann, Sie sind nun seit einem halben Jahr im Amt. Auf welche Leistung blicken Sie besonders stolz zurück? 

MATTLE: Mich freut, dass die sachliche, unaufgeregte und konstruktive Art der neuen Regierung bei den Menschen gut ankommt. Dazu bekomme ich immer wieder positives Feedback. Inhaltlich haben wir einen Schwerpunkt auf die Energiewende gelegt, denn sie ist unsere Chance, uns unabhängig zu machen und unseren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Tirol ist beim Kampf gegen die importierte Teuerung den anderen Bundesländern einen Schritt voraus. Wir haben den treffsicheren Tirol-Zuschuss, der 70.000 Haushalte bis in den Mittelstand hinein unterstützt. Gleichzeitig haben wir eine Schuldenbremse beschlossen, um zur verantwortungsvollen Budgetpolitik zurückzukehren. Damit ist und bleibt Tirol Musterschüler in der Finanzpolitik. Ich bin auch froh, dass ich wieder eine Gesprächsbasis mit Bayern und Markus Söder aufbauen konnte. Mit dem Verkehrsgipfel in Kufstein und einer gemeinsamen Erklärung zur Einführung eines Slot-Systems ist in der Transitpolitik ein Paradigmenwechsel gelungen.

Welchen Kurs verfolgt die Landesregierung für die Land- und Forstwirtschaft?

MATTLE: Die Novelle des Jagdgesetzes war wesentlich. Wir haben –
wie im Landtagswahlkampf versprochen – schnell Pflöcke eingeschlagen, sodass Wolf und Co. in Zukunft rasch und unbürokratisch entnommen werden können. Gemeinsam mit LHStv. Josef Geisler habe ich bei diesem Thema Druck gemacht und das neue Gesetz konnte fast einstimmig im Tiroler Landtag beschlossen werden. Indem wir weg vom Bescheid und hin zur Verordnung gehen, gibt es keine Verzögerungen mehr durch Tierschutzorganisationen und NGOs. Wir nützen alle rechtlichen Möglichkeiten. Dennoch braucht es in ganz Europa ein Umdenken: Der europäische Schutzstatus muss gesenkt werden. Zudem setzen wir auf die Versorgungssicherheit: Wir müssen nachhaltige regionale Produkte forcieren, brauchen eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und wollen die Direktvermarktung stärken. Dafür braucht es auch Maßnahmen betreffend landwirtschaftlicher Vorsorgeflächen – das denken wir überall mit. Bei der Energiewende setzen wir zum Beispiel auf Großparkplätze statt auf wertvolle Grünflächen, die wir dringend für die Lebensmittelproduktion brauchen.

“Damit Lebensmittel langfristig leistbar bleiben, müssen wir die Produktion sichern und unseren fleißigen Bauernfamilien das Arbeitsleben erleichtern.”

“Es gibt viele landwirtschaftliche Betriebe, die sich für das Thema Energie interessieren und teilweise sogar Energieautarkie anstreben. Unterstützt das Land dieses Ziel?

MATTLE: Die Landwirtschaft kann einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, denn nur gemeinsam werden wir die Energieautonomie schaffen. Tirol hat enormes Potential beim Ausbau der Photovoltaik. Auf vielen Dächern gibt es die Möglichkeit für ein eigenes Sonnen-Kraftwerk. Die Photovoltaik-Module werden durch den Bund gefördert. Gleichzeitig wird der PV-Ausbau unbürokratischer, durch einfache Verfahren und schnelle Genehmigungen. So ist in Zukunft für gebäudenahe PV-Anlagen bis 100 m² keine Bauanzeige mehr notwendig. Mit 15. Mai hat zudem der erste Tiroler PV-Fördercall für versiegelte Flächen gestartet. Weil Grund und Boden in Tirol rar sind, Unterkonstruktionen für Car-ports aber teuer sind, unterstützt das Land Tirol kostenintensive Unterbauten. Wir bringen Photovoltaik in die Höhe und wollen so auch unser Ziel, in den kommenden Jahren fünf Millionen Quadratmeter PV auszubauen, erreichen. 

Die Inflation ist neben der angestrebten Energieunabhängigkeit Tirols das aktuell politisch meistdiskutierte Thema. 

MATTLE: Ich unterstütze die kürzlich beschlossenen Schritte der Bundesregierung wie die Preistransparenz bei Lebensmittel oder weniger Lebensmittelverschwendung – Punkte, die wir auch im Tiroler Regierungsprogramm vereinbart haben. Mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig haben Tirol und unsere heimische Landwirtschaft einen starken Verbündeten. Damit Lebensmittel langfristig leistbar bleiben, müssen wir die Produktion sichern und unseren fleißigen Bauernfamilien das Arbeitsleben erleichtern. Heimische Lebensmittel müssen in der Wertschöpfungskette besser hervorgehoben werden, denn nur wenn unsere Bäuerinnen und Bauern sowie alle Partner entlang der Lebensmittelkette kostendeckend produzieren, halten wir die Wertschöpfung in Österreich und sind für künftige Krisen gewappnet. Der Klimawandel wird uns auch in der Landwirtschaft noch vor Herausforderungen stellen. Regionalität ist für mich Klimaschutz, deshalb müssen wir die Landwirtschaft stärken, anstatt sie zu schwächen.

Vielen Dank für das Gespräch!

- Bildquellen -

  • Mattle: Fischler
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AUTORRed. HP
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