An 120 Tagen im Jahr muss Milchkühen in Kombihaltung seit vergangenem Jahr Auslauf geboten werden. Weitere Verschärfungen soll es nicht geben.

Beim Fachtag für Grünland- und Viehwirtschaft der diesjährigen Wintertagung dominierte vor allem ein Thema: die jüngsten Pläne zur Etablierung einer Haltungskennzeichnung für tierische Produkte in Österreich. Nach deutschem Vorbild soll schon bald auf der Verpackung ersichtlich sein, wie etwa die Kuh gehalten wurde, deren Milch im Kühlregal steht.

Gütesiegel als Absicherung

Hierzulande bringt das eine aufgrund der kleinen Strukturen vor allem im Berggebiet weit verbreitete Haltungsform unter Zugzwang: die Kombinationshaltung. Laut Agrarstrukturerhebung aus 2020 werden in Österreich nämlich knapp 36 Prozent der Milchkühe noch zumindest temporär angebunden gehalten. Um die so produzierte Milch weiterhin auf den essenziellen deutschen Markt liefern zu können und auch um den Anforderungen des hiesigen Handels zu entsprechen, wurde im Vorjahr bekanntlich das Gütesiegel-Zusatzmodul „Tierhaltung plus“ etabliert. Kombihalter müssen ihren Tieren seither 120 Tage (statt der gesetzlich vorgeschriebenen 90) Auslauf oder Weide anbieten. Scheuermöglichkeiten sollen das Tierwohl zusätzlich verbessern. Überprüft wird dies mit einer verpflichtenden Kontrolle pro Jahr. „Die Kontrollen dienen dazu, diese Haltungsform weiter abzusichern“, betont Georg Lehner, Zweiter Geschäftsführer der Berglandmilch.

Handel macht Druck

Letztlich sei es dadurch gelungen, für die betroffenen Betriebe Zeit zu gewinnen. Seitens des Handels gäbe es aber durchaus Druck, langfristig auch die Kombihaltung aus den Supermarktregalen zu verbannen, heißt es. „Einzelne Bio-Qualitätsprogramme für Handelsmarken schließen Milch aus Kombihaltung bereits kategorisch aus“, so Lehner. Diesen Entwicklungen dürfe man sich vor allem deshalb nicht verschließen, weil sich Österreichs Milchwirtschaft auf die Veredelung der Milch zu Premiumprodukten spezialisiert hat. Lehner: „Dort, wo Milch und Käse nicht anonym sind, sind wir mit unseren Erzeugnissen im Regal. Weil wir ehrlich und besser sind.“ Das müsse man sein, um die nachteiligen Strukturen in Österreich auszugleichen. „Wir haben hohe Kosten in der Produktion. Österreich ist kein Billiglohnland. Wir haben höhere gesetzliche Standards. Daher müssen wir dorthin, wo es Wertschöpfung gibt“, resümiert der Molkereimanager.

Lehner: „Einzelne Bio-Qualitätsprogramme für Handelsmarken schließen Milch aus Kombihaltung bereits kategorisch aus.“

Zum großen Teil sei es der Berglandmilch auch gelungen, diesem Trend gerecht zu werden. 58 Prozent ihrer Lieferanten halten ihre Kühe bereits im Laufstall. Sie liefern 82 Prozent der verarbeiteten Rohmilch. Für die Milch der übrigen Lieferanten dulde der Handel noch die Kombihaltung der Tiere.

„Ein Zwischenschritt, aber nicht das Ende“

Während in Deutschland, ungeachtet der Topografie einer Region, nur zwischen Anbindehaltung und Laufstall unterschieden wird, wirft man hierzulande die Vorteile der kleinstrukturierten Landwirtschaft im Berggebiet – etwa die Offenhaltung der Almen und die Bemühungen beim Tierwohl – in die Waagschale. „Wir müssen die Kombinationshaltung den Konsumenten und dem Handel erklären. Diese Produkte liefern ihnen einen Mehrwert, den andere Systeme nicht bieten können“, ist Georg Lehner überzeugt.

Lehner: „Die Kombinationshaltung ist nicht bis in alle Zeiten abgesichert.“

Dazu sei es aber auch notwendig, den Kühen tatsächlich mehr Komfort zu bieten als andere. „Eine kleine Bewegungsbucht im Stall wird unseren Kunden wahrscheinlich zu wenig sein“, merkt er an. Auch das Argument, der Anbindestall sei „immerhin besser als ein schlecht geführter Laufstall“, reiche längst nicht mehr. Die Berglandmilch sieht sich deshalb gezwungen, „sehr ehrlich und berechenbar“ mit den Bauern zu kommunizieren. „Die Kombinationshaltung ist nicht bis in alle Zeiten abgesichert“, lautet die Botschaft aus deren Zentrale in Aschbach. Angesichts der Marktentwicklungen könne diese lediglich „ein Zwischenschritt der Entwicklung, nicht aber das Ende sein“. Weitere Auflagen – etwa noch mehr Auslauftage – werde es zwar nicht geben, so Lehner. Nachsatz: „Das Ziel sollte aber der Laufstall sein.“

„Berg-Milchvieh“-Projekt zeigt wie es gehen könnte

Kostengünstige Laufstalllösungen seien also das Gebot der Stunde, ist er überzeugt. Die Molkerei selbst versucht, den Bauern mit ihrem Tierwohlbonus Anreize für den Wechsel in höhere Haltungsstufen zu bieten. Wie sich kostengünstige Laufställe im Berggebiet realisieren lassen, wurde im Forschungsprojekt „Berg-Milchvieh“ übrigens detailliert aufgearbeitet. Unter Federführung der LK Österreich wurden in den Jahren 2019 bis 2022 mehr als 30 Milchbauern im Berggebiet beim Umbau ihrer Ställe begleitet. Alle Ergebnisse sind auf der Website des ÖKL einsehbar. Nächste Woche stellt die BauernZeitung einen Tiroler Milchbauern vor, der den Schritt zum Umbau seines Anbindestalls im Dorfgebiet gewagt hat.

- Bildquellen -

  • Austrieb im Winter: agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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