Importfleisch als Politikum

In Frankreich solidarisieren sich Größen aus Lebensmittelhandel und -industrie in puncto Mercosur-Abkommen mit der Landwirtschaft. Im Fall der weltweit aktiven Handelskette „Carrefour“ führte das zu einem transkontinentalen Kräftemessen.

Die Supermarktkette Carrefour plante, bei Abschluss des Mercosur- Handelsabkommens kein Fleisch aus Südamerika mehr zu verkaufen.

Dieser Tage finden in der Hauptstadt von Uruguay, Montevideo, neuerlich Verhandlungen für den Abschluss des Handelsabkommens zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur statt. In Kreisen der EU-Kommission in Brüssel hält man einen Abschluss „so wahrscheinlich wie seit Jahren nicht“, schreibt Agra-Europe.

Da verwundert es wenig, dass in Frankreich zum in den Medien oft salopp als „Autos gegen Rindfleisch“ bezeichneten Abkommen zuletzt die Wogen hochgingen. Die Grande Nation zählt – wie auch Österreich, Polen und Irland – zu den größten Kritikern des Handelsdeals.

Vergangene Woche zeigten sich in Frankreich gleich zwei Einzelhandelsketten mit den Bauern solidarisch. Den Anfang machte Alexandre Bompard, der Geschäftsführer der Carrefour-Gruppe, immerhin die zweitgrößte Einzelhandelskette Europas. In den sozialen Medien kündigte er an, dass seine Kette den Verkauf von Rindfleisch aus den Ländern des Mercosur ablehnen würde, falls ein Abkommen zustande käme, zitierte Euractiv den Manager. Ihm tat es wenig später der Vorsitzende der Unternehmensgruppe „Les Mousquetaires“ gleich. Zu dieser gehört die in vier EU-Ländern aktive Kette „Intermarché“. Schon vor gut einem Monat hatte auch der Molkereiriese Danone Ähnliches verkündet. Konkret will der multinationale Milchverarbeiter künftig auf Soja aus Brasilien verzichten.

Im Fall von Alexandre Bompard und Carrefour schlugen die Ankündigungen aber auch in Übersee hohe Wellen. Dass der Chef des Handelsriesen in seinem offenen Brief behauptete, die Gefahr sei groß, dass der französische Markt mit Fleisch überschwemmt werde, welches nicht den dortigen Anforderungen und Standards entspreche, ging den Bauernverbänden in Brasilien dann doch zu weit. Dutzende von ihnen riefen zum Boykott der Handelskette auf, die auch in Brasilien vertreten ist. Pikantes Detail: Laut Neue Zürcher Zeitung ist Brasilien nach Frankreich mit mehr als 500 Filialen der zweitwichtigste Markt von Carrefour. Immerhin die Hälfte des globalen Konzerngewinns sollen beide Länder zusammen einbringen.

Doch damit nicht genug: Auch Brasiliens Agrarminister Carlos Fávaro meldete sich zu Wort. Er richtete den Händlern aus, ihre Aussagen würden die Produktion in seinem Heimatland falsch darstellen. Und prompt stellte auch der größte Schlachtkonzern der Welt, die brasilianische JBS-Gesellschaft, seine Fleischlieferungen an „Carrefour“ ein. JBS sorgt für bis zu 80 Prozent des Fleischsortiments in den südamerikanischen Carrefour-Filialen. 

Der Viehzüchterverband CNA hat mittlerweile außerdem angekündigt, über Brüsseler Anwälte bei der EU Beschwerde einzureichen. Der Verdacht, dass die Auslistungspläne gegen Wettbewerbsrecht verstoßen, liege nahe, zitiert Euractiv die CNA-Juristen.

Mittlerweile ruderten die Chefs bei Carrefour mit einer neuerlichen Aussendung zurück. Man bedaure es, dass die Äußerungen als Kritik an Brasiliens Landwirtschaft aufgefasst werden könnten.

- Bildquellen -

  • Fleisch: Henry Saint John - stock.adobe.com
- Werbung -
AUTORRed. CW
Vorheriger ArtikelBiotrend 2025: Soja veredelt und aus dem Tiefkühler
Nächster ArtikelForderung nach Klarheit und Sicherheit für die Bauern