Zeitenwende im Weinbau

Kommentar von Michael Stockinger,
Redakteur

Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir in meiner Kindheit oft in der zweiten Oktoberhälfte in Wien Wein gelesen haben. Damals hat man sich noch über hohe Zuckergehalte gefreut, Säure war immer reichlich da, manchmal auch ein wenig zu viel davon. In den vergangenen Jahren ist die Lese im Oktober in diesen frühen Lagen schon die Ausnahme geworden. Bereits Ende August hat heuer die Ernte am Bisamberg eingesetzt.
Heute freut man sich, wenn die Säuregehalte nicht zu sehr abstürzen und der pH-Wert sowie der Zucker bei Veltliner & Co in einem moderaten Bereich bleiben. Manche haben indes Österreichs wichtigster autochthoner Rebsorte aufgrund des Klimawandels schon ihr baldiges Ende vorausgesagt. Deren Beliebtheit bei Weinliebhabern und das Know-how heimischer Winzer sprechen dagegen. Gleichzeitig wird hierzulande vermehrt an Maßnahmen zur Reifeverzögerung geforscht.
Klar ist aber auch, dass durch den Klimawandel die Arbeit der Winzer in bestimmten Bereichen aufwendiger wird. Etwa durch eine notwendig werdende Bewässerung des Weingartens oder durch Kühltechnik für das Lesegut. Wenn dann die Nachfrage nach Wein zurückgeht, Gastronomiebetriebe zusperren und die Erlöse der Weingüter in einem schlechten Verhältnis zu den Produktionskosten stehen, erleichtert das die Situation nicht.
Ebenso wenig erfreulich sind Berichte, nach denen im heimischen Lebensmitteleinzelhandel von den Kunden vermehrt zu ausländischen Produkten gegriffen wird, um angesichts der Inflation „keinen Cent zu viel auszugeben“. Auch wer kein Patriot ist, dem sei gesagt: Das macht keinen Sinn, denn Wein aus Österreich ist Spitzenklasse und jeden Cent wert.

stockinger@bauernzeitung.at

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