In Osttirol stehen acht von zehn Bäumen im Schutzwald. Und dieser Schutzwald ist massiv vom Borkenkäfer bedroht. 1.700 Befallsherde und 67.000 betroffene Bäume wurden gezählt. Denn im Zuge der Naturkatastrophen von 2018, 2019 und 2020 sind durch Windwurf und Schneebruch mehr als zwei Millionen Kubikmeter Schadholz angefallen. Das entspricht der zehnfachen Menge des durchschnittlichen jährlichen Holzeinschlags in Osttirol. Trotz aller Anstrengungen und Erfolge der WaldbesitzerInnen und Forstorgane bei der Schadholzaufarbeitung konnte ein massiver Borkenkäferbefall im vergangenen Jahr nicht verhindert werden, zumal aufgrund der großen Schneemengen im Winter 2020/2021 viele Wälder erst spät zugänglich waren.

Solidarität für Sicherheit
des Lebensraums

„Wir sagen dem Borkenkäfer in Osttirol den Kampf an. Es geht um die Sicherheit des Lebens- und Wirtschaftsraums. Wir bündeln unsere Kräfte, um die Schutzwirkung der Osttiroler Wälder zu gewährleisten und wiederherzustellen“, kündigt Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler eine beispiellose Solidaritätsaktion an. 80 Prozent des Osttiroler Waldes haben eine Schutzfunktion. Diese ist aufgrund der Schadereignisse der letzten Jahre ohnehin gemindert. Jetzt gilt es, eine weitere Schwächung des Waldes durch die explosionsartige Vermehrung des Borkenkäfers zu verhindern. 60 Forstfachleute der Landesforstdirektion in Innsbruck sowie der Bezirksforstinspektionen im ganzen Land werden jetzt in Osttirol zeitlich gestaffelt zusammengezogen, um bei der Organisation der Borkenkäferbekämpfung mitzuhelfen.

Außerdem haben sich aktuell 46 Waldaufseher aus Nordtiroler Gemeinden gemeldet, die in Summe 60 Wochen in Osttirol zum Einsatz kommen. „Ich danke den Bezirkshauptleuten und den Gemeinden, aber vor allem dem Forstpersonal selbst, dass sie sich solidarisch zeigen und unsere Bekämpfungsstrategie in dieser einzigartigen Art und Weise unterstützen“, so LHStv. Geisler. Zusätzlich zum Personaleinsatz bedarf es natürlich auch finanzieller Mittel. Investitionen im Ausmaß von vier Millionen Euro werden für Maßnahmen im Zusammenhang mit Forstschutz und Aufarbeitung von Schadholz getätigt. Fast eine Million davon bringen die Gemeinden und Waldbesitzer auf.

Begehung von
7.000 Hektar Wald

Wie das Forstschutzkonzept konkret aussieht, erläutert Landesforstdirektor Josef Fuchs: „Wir müssen zum einen die verbleibenden Schneebruchschäden aus dem Jahr 2020 beseitigen und im Sinne der Borkenkäferfrüherkennung vom Borkenkäfer befallene Bäume identifizieren und so rasch wie möglich behandeln, um eine weitere Borkenkäfervermehrung zu verhindern. Aufgrund der Dimension des Problems ist es notwendig, sehr zielgerichtet vorzugehen.“ Von Mitte Mai bis Ende Juli werden täglich durchschnittlich fast 20 Personen ausschwärmen und alle betroffenen Waldflächen begehen. „Das ist die entscheidende Phase, in der es Personal vor Ort braucht. Satellitenbilder und Ähnliches helfen hier nicht.“ In Summe werden 7.000 Hektar Wald „durchforstet“, um vom Borkenkäfer frisch befallene Bäume zu erfassen. Im Zuge der Begehungen wird jeder einzelne befallene Baum markiert.

Ideale Bedingungen
für den Borkenkäfer

„Die Zeit ist ein entscheidender Faktor bei der Bekämpfung der Borkenkäfermassenvermehrung“, bekräftigt Christian Schwaninger, Vorstand der Abteilung Waldschutz. „Wir haben leider optimale Bedingungen für den Borkenkäfer. Aufgrund der Trockenheit und der milden Temperaturen in den vergangenen Wochen haben die Waldbäume geringe Abwehrkräfte.“

Die Borkenkäfer legen ihre Eier in die saftführende Schicht der Bäume zwischen Holz und Rinde. Die Larven fressen diese Schicht und unterbrechen somit den Wasserkreislauf. Der Baum stirbt. Nach sechs bis zehn Wochen fliegt der Käfer aus und bohrt sich in den nächsten Baum ein. Je nach Witterung sind so in einem Jahr bis zu drei Generationen an Borkenkäfern möglich.„Und genau dieser Entwicklung gilt es durch frühzeitiges Einschreiten Einhalt zu gebieten und gezielte Forstschutzmaßnahmen zu setzen“, weiß Schwaninger.

Sind die befallenen Waldflächen und Bäume identifiziert, wird umgehend mit der Bekämpfung begonnen. „Dabei kommen verschiedene Bekämpfungsmaßnahmen zum Einsatz“, schildert Erich Gollmitzer, Leiter der Bezirksforstinspektion Osttirol. In Abstimmung mit den Gemeinden und den WaldeigentümerInnen wurden die Maßnahmen bereits im Herbst/Winter geplant und festgelegt. Die entsprechenden Arbeitsgespräche hat die Bezirksforstinspektion in Zusammenarbeit mit den Gemeindewaldaufsehern mit allen betroffenen WaldeigentümerInnen bereits geführt.

Um eine Massenvermehrung der Borkenkäfer zu verhindern, werden auf betroffenen Waldflächen einzelne oder mehrere frische Bäume bzw. Baumgruppen gefällt, in denen der Borkenkäfer dann die Brut anlegt. Vier Wochen nach der Besiedlung werden die sogenannten „Fangbäume“ aus dem Wald gebracht. Auf ca. 300 Befallsflächen sind solche Fangschläge geplant.

Der Borkenkäfer geht dem
„Trinet“ ins Netz

Im bisher in Tirol noch nie da gewesenen Umfang kommt das System Trinet zum Einsatz. „Dabei handelt es sich um ein pyramidenförmiges Dreibeingerüst, über das ein Netz gespannt ist. In dieses Netz ist ein Wirkstoff eingearbeitet, der den Borkenkäfer in kürzester Zeit wirkungsvoll bekämpft. Der Wirkstoff kann nicht ausgewaschen werden und in den Boden kommen“, erklärt Gollmitzer.

Im Schnitt ca. 100 Trinet pro Gemeinde, also rund 3.500 Stück dieses Systems, werden zum Einsatz kommen. Die Kosten dafür liegen bei 250.000 Euro, die vom Bund im Rahmen des Waldfonds zu 80 Prozent und zu 20 Prozent von den Gemeinden und den WaldeigentümerInnen getragen werden. Das System Trinet eignet sich vor allem für Flächen mit kleineren Borkenkäfernestern mit zehn bis 20 Bäumen und Gebiete, in denen ein Maschineneinsatz nicht infrage kommt.

Aufwendige Arbeiten
im „Gronglwald“

Mit 160.000 Kubikmeter Schadholz in Folge von Windwurf und Schneebruch ist das Defereggental eine der hauptbetroffenen Regionen.

In der Gemeinde Hopfgarten i. D., in der mehr als 90 Prozent der Waldfläche Schutzfunktion haben, wird nunmehr ein Hauptaugenmerk auf den „Gronglwald“ gelegt. „Der Gronglwald ist ein unverzichtbares Schutzelement vor Naturgefahren für Wohngebäude sowie Landes- und Gemeindestraße. Wir wollen möglichst viel vom geschädigten Wald erhalten und die neuen Kahlflächen so rasch wie möglich wieder vollständig aufforsten. Dabei sind wir für jede Unterstützung dankbar“, betont Bürgermeister Markus Tönig die Dringlichkeit der Maßnahmen.

Mit den Arbeiten wurde bereits begonnen. 500 frische Bäume werden geschlägert, um den Borkenkäfer gezielt anzulocken. Dieses Holz wird Anfang Juni mittels Lasthubschrauber ausgeflogen. Begleitend dazu werden 20 Trinet aufgestellt. Im Herbst sollen dann 4.000 Bäume neu gepflanzt werden. „Die Borkenkäferbekämpfung in Osttirol ist ein Kraftakt. Allein das Beispiel Hopfgarten zeigt, wie aufwendig diese Aktion nicht nur finanziell, sondern auch organisatorisch ist. Wenn das Holz aus dem Wald gebracht ist, muss es auch noch verarbeitet werden. Allen, die einen Beitrag zur Erhaltung unsere Schutzwälder leisten, möchte ich ganz herzlich danken – den WaldbesitzerInnen, den Gemeinden mit den Waldaufsehern sowie den MitarbeiterInnen der Bezirksforstinspektion und der Landesforstdirektion“, so LHStv. Josef Geisler abschließend.

- Bildquellen -

  • Borkenkaefer 0643 KORR: Land Tirol/Huldschiner
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AUTORred. HP
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