Heftige Kritik am EU-Budgetvorschlag, den EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am Mittwoch, den 2. Mai, präsentiert hat, übt Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Vor dem Hintergrund des Brexits und zusätzlichen Ausgaben für Bereiche wie Forschung, junge Menschen, digitale Wirtschaft, Grenzmanagement, Sicherheit und Verteidigung sieht der Vorschlag für den Mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 Kürzungen im EU-Agrarbudget vor.
Laut Berechnungen des Landwirtschaftsministeriums fällt die Kürzung der Mittel für die Ländliche Entwicklung auf gesamteuropäischer Ebene überdurchschnittlich hoch aus. Bisher standen für die Gesamtperiode (2014 bis 2020) dafür 95,577 Mrd. Euro zur Verfügung. Für die kommende Periode plant die EU-Kommission nur noch 78,811 Mrd. Euro. Insgesamt soll das Budget für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) von 408,312 Mrd. Euro in der aktuellen Periode auf 365,006 Mrd. Euro in der kommenden Periode sinken.
„Für Österreich würde dies einen Gesamtverlust von mehr als zehn Prozent bei den Direktzahlungen und der Ländlichen Entwicklung bedeuten“, so Köstinger. „Das ist für uns selbstverständlich völlig inakzeptabel. Wir stehen am Beginn sehr harter Verhandlungen mit der EU-Kommission. Ich werde für unsere kleinstrukturierte und von bäuerlichen Familienbetrieben geprägte Landwirtschaft kämpfen“, kündigte Köstinger an.
Kritik kommt auch vom Bauernbund und von der Landwirtschaftskammer. Bauernbund-Präsident Abg. z. NR Georg Strasser betonte: „Laut dem Grünen Bericht gehen die EU-Zahlungen seit 2008 kontinuierlich zurück, weitere Kürzungen können wir nicht hinnehmen.“ Ohne EU-Agrargelder würde in Österreich ein massiver Strukturwandel entstehen. 100.000 Jobs wären gefährdet, davon 23.000 außerhalb der Landwirtschaft und 77.000 bäuerliche Familienbetriebe. Der Rückgang der Wertschöpfung in der Landwirtschaft und am Land wäre mit 1,4 Mrd. Euro enorm. Neben den negativen Wachstumseffekten für die ländlichen Regionen käme es auch zum einem Verlust der Umweltqualität – rund 25 Prozent Bioflächen würden in Österreich verloren gehen, so Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig.
LK Österreich-Präsident Hermann Schultes über den Budgetvorschlag: „Naturbedingte Schwierigkeiten und die Leistungen für Mensch und Umwelt wird es auch nach dem Brexit geben. Bäuerinnen und Bauern werden auch dann noch täglich für Natur, Umwelt, Tierwohl, Lebensmittelqualität, Arbeitsplätze und Wertschöpfung im ländlichen Raum sorgen. Und wer angesichts des Klimawandels, der immer dramatischere Folgen hat, wie die jetzige Hitzewelle samt Insektenplage zeigt, die Agrargelder kürzen will, der verweigert total die Wirklichkeit. Der kann auch gleich aus Klimaschutzverträgen austreten. Gerade jetzt brauchen die Bauern Wertschätzung ihrer Kompetenz und Respekt. Wir decken den Tisch. Das öffentliche Geld ist kein Geschenk. Daher sind wir strikt gegen Agrarbudget-Kürzungen. Wir können nicht schutzlos die Hauptlast für den Brexit und den Klimawandel tragen.“
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