Hofnahe Weiden sind in vielen Betrieben extrem strapaziert. In der Bio-Tierhaltung wird das Problem durch die neue Weideverpflichtung noch verschärft, weil hofnahe Weideflächen häufig knapp sind und deshalb durch hohen Besatz überlastet bzw. überstrapaziert sind. Andauernde Überweidung schädigt oder zerstört die Grasnarbe und hat Ertragsverluste zur Folge. Auch Umweltbelastungen durch hohen, kleinflächigen Dunganfall und Bodenerosion können problematisch werden. In solchen Fällen ist es daher doppelt wichtig, eine bestens geführte, strapazierfähige Weide- und Futterfläche aufzubauen, die auch bei ungünstiger Weidewitterung belastungsfähig und ertragreich bleibt.
Dichte Grasnarben anstreben
Will man Grünland auf strapazierfähige und gleichermaßen produktive Viehweiden ausrichten, dann bedarf dies der Umstellung auf einen Gräserbestand, der besonders dichte Grasnarben ergibt. Nur dichtwüchsige Grasnarben gewährleisten einen allzeit tauglichen und hochproduktiven Weidebestand, da sie die ganze Nutzfläche ohne Narbenlücken und Flächenverlust nutzen.
Gut für die Beweidung geeignete Gräser sind Arten, die Wurzelausläufer bilden. Es handelt sich um Unter- und Mittelgräser mit niedrigem Wuchs und extrem dichter Grasnarbe. Auch Weißklee erfüllt dieses Anforderungsprofil. Die Wurzelausläufer ergeben ein trittfestes Grasgerüst. Nach Trittschäden regenerieren verletzte Grasnarben dank des mit oberidischen Stolonen und unterirdischen Rhizomen dicht verflochtenen Wurzelteppichs überraschend schnell. Aufgrund ihrer Wurzelausläufer bilden diese Gräser auch ständig neue, junge Triebe und liefern damit bestes Weidefutter mit hohen Eiweiß- und Energiegehalten.
Horstgräser sind wenig weidetauglich
Wenig weidetauglich sind die auf mehrschnittigem Grünland typischen, hochwüchsigen Gräser mit Massenertrag, die bei der Mahd einen deutlichen Horst an strohähnlichen Stoppeln hinterlassen. Diese groben Horste von Obergräsern werden bei Beweidung von Mähwiesen schnell zertrampelt und treiben kaum mehr nach.
Horstgräser vermehren sich allein über Samen und sind mangels langer Wurzelausläufer wenig regenerationsfähig. Bei intensiverer Nutzung sterben sie vielmehr nach drei bis sechs Jahren ab. Aus den genannten Gründen bilden sie keine geschlossene Grasnarbe. Vielmehr entwickelt sich eine Zone offenen Bodens um ältere Horste, was Gift für eine Weide ist. Narbenverletzungen von Horstgräsern regenerieren sich kaum, offene Bodenstellen bleiben kahl und ohne Futterertrag. Dies begünstigt die Ausbreitung von Unkraut.
Weiters entstehen durch überständige Grasmasse, die ungefressen bleibt, auch höhere Weideverluste.
Gangerl und Plaiken
Muss man eine Mähwiese zu einer Weidefläche umwidmen, so erfordert dies gezielte Umstellungsmaßnahmen. Einfach nur die Weidetiere auf eine bisher gemähte Fläche aufzutreiben, kann wird in den meisten Fällen die Grasnarbe überstrapazieren. Hier ist zu befürchten, dass die Grasnarbe auf den besonders beanspruchten Teilflächen rasch zertreten wird und keinen Ertrag mehr bringt. Stark gefährdet sind überlaufene Triften, Zutrittswege, Feuchtstellen und die von den Tieren bevorzugten Fress-, Liege- und Aufenthaltsplätze. Wo trittfeste und strapazierfähige Gräser fehlen, muss zunehmend mit aufgetretenem offenem Boden gerechnet werden. In feuchteren, nordhängigen Lagen und bei fließenden Böden sind sogar Gatschflächen zu befürchten.
Auch Steillagen sind durch die Beweidung von nachteiligen Begleiterscheinungen betroffen. Häufig bilden sich Gangerl, Narbenabrisse und Plaiken (Kahlstellen mit Abriss des Wurzelhorizonts). Auf Triften führt der tägliche Weideaustrieb unweigerlich zu Gatschwegen. Nicht zuletzt steigt bei Weidetieren mit hohem Körpergewicht auf Weiden mit größerem Gefälle die Gefahr von Narbenverletzungen überproportional an.
Für die Einsaat ist es nie zu spät
All diese „Problemzonen“ bedürfen einer besonderen Behandlung. Es gilt: „Saatgut ist das billigste Betriebsmittel im Grünland, um die Futtererträge zu verdoppeln. Für eine Verbesserung der Weide ist es nie so spät, man kann fast über das ganze Jahr einsäen“.
Zum Erkennen der passenden Gräserarten braucht es gute Informationen über die Standortsansprüche unserer ansaatwürdigen Gräserarten. Damit Futterflächen dauerhaft gute Erträge liefern ist wichtig, dass man:
• Futtergräser und Unkräuter kennt und deren Entwicklung beobachtet,
• die Futtergräser ausreichend und sachgerecht düngt,
• aufkommende Unkräuter oder Ungräser rechtzeitig bekämpft und
• den Anteil wichtiger Kulturgräser mittels Einsaat hoch hält. Wer sich noch wenig mit dem Thema befasst hat, kann zunächst auf fertige Saatgutmischungen und Sorteninformationen zurückgreifen.
Nachmahd zur Weidepflege
Um die Leistungsfähigkeit zu erhalten, brauchen abgeweidete Flächen eine regelmäßige Nachmahd. Ohne Nachmahd könnten ungefressene Arten und überständiges Knaulgras zum Aussamen kommen und sich unerwünscht ausbreiten. Die abgemähten Pflanzen können auf der Weide verbleiben, es sei denn, es handelt sich um problematische oder giftige Unkräuter (z. B. Jakobskreuzkraut) mit ausfallenden Samen. Abgemähte, abgetrocknete Pflanzen, wie Brennnesseln werden sogar gern gefressen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Nachmahd ist das Verteilen der Dungfladen. Um eine möglichst gute Verteilung zu erreichen, sollte die Maßnahme gleich nach dem Weideende erfolgen.
Frühjahrsweide
Eine vorteilhafte Maßnahme im Grünlandmanagement ist die Frühjahrsweide. Es handelt sich dabei um eine großflächige Überweidung im zeitigen Frühjahr, wenn sonst die Wiesen abgestreift werden. Die Frühjahrsweide eignet sich nahezu für jede Grünlandfläche. Natürlich sind dabei die Bodenbedingungen zu berücksichtigen, vor allem auf später schnittgenutzten Flächen, die noch nicht eine so dichte Grasnarbe aufweisen wie etwa Dauerweiden. Das Ziel der Frühjahrsbeweidung ist die Förderung einer dichten Grasnarbe. Es sind vor allem weidetaugliche Untergrasarten, die durch den mechanischen Reiz eines frühen Verbisses vermehrt in die Bestockung gehen – vorausgesetzt, diese Gräser sind bereits ausreichend im Bestand vorhanden. Vorteilhaft kann bei der Frühjahrsbeweidung auch sein, dass durch den frühen Verbiss unliebsame Kräuter wie Ampfer, Bärenklau oder Hahnenfuß zurückgedrängt werden.
Vorteilhaft bei der Frühjahrsweide ist auch die schonende Futterumstellung der Wiederkäuer. Durch den noch geringen Grasaufwuchs auf der Weide können die Tiere nicht so hastig fressen. Das Risiko von Blähungen oder Durchfallerscheinungen ist geringer.
Die wichtigsten Weidepflanzen – Englisches Raygras, Wiesenrispe und Weißklee
Um die Futterbasis einer Weide zu erhalten ist auch das Einbringen von Saatgut in zertretene Weidenarben wichtig. Ertragsbestimmend für Weiden ist ein Pflanzenbestand aus folgendem Dreigespann der wichtigsten Weidefutterpflanzen:
• Englisches Raygras
• Wiesenrispe
• Weißklee
Diese drei Arten sind die beständigsten und widerstandsfähigsten heimischen Weidepflanzen.
Natürlich gibt es noch andere gute Arten wie beispielsweise Timothe, Wiesenschwingel, Knaulgras und Rohrschwingel. Diese Arten haben aber aber einige Schwächen. Wer sie wegen einiger ihrer besonderen Eigenschaften einsetzt, kann den Weideertrag noch optimieren. Dazu muß man die einzelnen Arten aber gut kennen und um ihre Stärken und Schwächen Bescheid wissen.
Zur Wiesen- und Weideverbesserung gibt es für die Übersaat, Nachsaat oder Einsaat eigene Saatgutmischungen. ÖAG-geprüfte Saatgutmischungen haben höchste Qualität im Hinblick auf Ampferfreiheit und mehrjährig geprüfte Sortenüberlegenheit in Österreich.
Was die Saatmenge betrifft, so beträgt die Standardsaatmengen für erstmalige Übersaaten rund 20 kg/ha. Da bei schwierigen Keimbedingungen wie fehlender Bodenfeuchte oder großer Konkurrenz durch die Altnarbe keine idealen Wachstumsverhältnisse gegeben sind, ist eine einmalige Saat nicht immer erfolgreich. Sofort spürbare Bestandesumwandlungen in futterreiche Weiden sind eher selten. In der Regel sind meist mehrere Saaten in geduldiger Wiederholung über mehrere Jahre notwendig. Auch für die Aufrechterhaltung ertragreicher Gräserbestände sind meist Folgesaaten notwendig, da erfahrungsgemäß immer wieder Schäden an der Grasnarbe auftreten.
Einsaat mittels “Hufkultivierung”
Mit dem Saatsystem „Hufkultivierung“ können lückige oder verbesserungsbedürftige Weiden auf elegante Weise saniert werden. Auf diese Weise ist eine Nachsaat während der ganzen Vegetationsperiode von Mai bis Ende August möglich. Eine Bodenbearbeitung ist nicht erforderlich. Zudem eignet sich die Methode auch für besonders für schwierige Weiden in hängigem Gelände.
Bei dem Verfahren „Hufkultivierung“ erfolgt die Einsaat etwa ein bis zwei Wochen vor dem Ende eines Weidedurchgangs. Bei ebenen Flächen führt man die Saat mit üblichem Grünlandsägerät wie Saatstriegel oder Samenstreuern durch. In unbefahrbarem Gelände muss man verbesserungswürdige Flächen händisch besäen.
Besonderes Augenmerk bei der Saat sollte man immer Problemzonen mit offenen Bodenstellen widmen. Das sind erodierte Flächen, Plaiken, Trittgänge oder Kahlstellen aufgrund einer Punktbekämpfung von Unkraut. Nach der Saat sollten die Tiere dann für einige Tage die Samen mit den Hufen eintreten. Dies fördert den wichtigen Bodenkontakt für das Keimen des Saatguts. Erforderlichenfalls kann man für diese kurze Zeitspanne auch den Besatz mit Weidetieren erhöhen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Nach dem Abtrieb der Weidetiere ist eine Düngung bzw. Kalkung empfehlenswert.
Ein allfälliger Nachteil des Verfahrens ist, dass man nach der Einsaat auf zumindest einen Weidedurchgang verzichten sollte, um den jungen Aufwuchs zu schonen. Eine Schnittnutzung zur Heugewinnung ist möglich. Kann man den Weideturnus nicht unterbrechen oder stellt sich der gewünschte Erfolg nicht unmittelbar ein, so wird man die Hufkultivierung öfter wiederholen müssen.
Autor: DI Johann Humer, Berater zu Futterwiesen- und Grünlandmanagement
- Bildquellen -
- 2216 W02 Plaiken: Humer
- 2216 W03 NAWEI: Grafik: RWA / Grünlandmischungen
- 2216 W01 Weidebetrieb: agrarfoto.com