Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.
Die mehr als turbulente Entwicklung rund um die Bildung einer neuen Bundesregierung hat das 30-Jahr-Jubiläum des EU-Beitrittes Österreichs völlig in den Schatten gestellt. Auch wenn die anfängliche Euphorie darüber durchaus berechtigt von skeptischen Bewertungen zurückgedrängt wurde, gilt weiterhin: Die überwiegende Mehrzahl der Österreicher hat von der EU-Mitgliedschaft wirtschaftlich und persönlich profitiert. Die vergangenen drei Jahrzehnte brachten durch zusätzliche Prosperität, neue Freiheiten und wachsenden Wohlstand letzlich mehr Vorteile als Nachteile – und weiterhin einen Strukturwandel.
Das gilt auch für die Landwirtschaft. Allein die Agrarexporte haben sich seit 1995 fast verzehnfacht. Gleichzeitig ist die Zahl der Agrarbetriebe von 260.000 auf 150.000 stark zurückgegangen.
Vieles an der EU kann, darf und muss man durchaus kritisch sehen. Oft haben Probleme zwei Seiten: eine positive, eine negative. Meist verächtlich kommentierte Normen betreffend Gurkenkrümmung oder Schraubverschlüsse fallen dagegen unter Lappalien. Ein Austritt, wie ihn Rechtspopulisten (selbst aus diesen lächerlichen Gründen) gerne fordern, wäre indes fatal. Auch Nostalgie betreffend die Zeit vor dem Beitritt ist fragwürdig. An einer gemeinsamen (Agrar-)Politik Europas führt kein Weg vorbei. Das führt das aktuelle Weltgeschehen mehr als deutlich vor Augen. Hoffentlich auch vor die Augen jener, die demnächst für Österreich in Brüssel mit am Tisch sitzen und mitbestimmen werden.