„Der Boden ist Grundlage für bäuerliche Produktion“

Michaela Langer-Weninger ist nun seit drei Jahren Agrarlandesrätin. Im Interview mit der BauernZeitung zieht sie zur Halbzeit der Legislaturperiode Bilanz.

Oberösterreichs Agrarlandesrätin Langer-Weninger im Interview: „Unsere bäuerlichen Familienbetriebe bewirtschaften ihre Höfe seit Generationen nachhaltig – es wurde nur zu selten darüber gesprochen.“

Was konnte in den vergangenen drei Jahren in Ihrem Ressort für die Bäuerinnen und Bauern alles erreicht werden?

Langer-Weninger: Die Ausfinanzierung der abgelaufenen GAP-Periode und die
Sicherstellung der Kofinanzierung bis 2027 garantieren Planungssicherheit für unsere Betriebe. Zudem konnte der Strukturwandel abgebremst werden: Der Rückgang der Betriebszahlen liegt mittlerweile bei 12,5 % im Vergleich zu 24 % bzw. 20 % in den vorange­gangen zwei Jahrzehnten. Mit dem neuen Jagdgesetz sowie beim Wolfsmanagement konnten wir weitere Akzente setzen.

Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie gesagt, dass die „landwirtschaftliche Urproduktion in einem Schraubstock eingespannt ist“. Konnte dieser mittlerweile gelockert werden?

Ja, wir konnten deutliche Erleichterungen erzielen, wenngleich der Weg noch nicht abge­schlossen ist. Bürokratieabbau und Synergienutzung bei Kontrollen sind wichtige Schritte, um die Auflagen für Bäuerinnen und Bauern praktikabler zu gestalten. Gleichzeitig setzen wir uns auf EU-Ebene für faire Bedingungen ein.

Wie ist die Stimmung auf den Betrieben und welche Themen beschäftigen die Bäuerinnen und Bauern  derzeit am meisten?

Zum einen sehen wir, dass die jungen Hofübernehmer voller Tatendrang sind und sich ge­zielt ihren Platz in der bäuerli­chen Produktion suchen. Die Fach­schulen sind prall gefüllt mit jungen Menschen, die sich für die Landwirtschaft interessieren. Aber natürlich blicken wie derzeit alle Wirtschaftstrei­benden auch die Bäuerinnen und Bauern teils skeptisch auf die Marktpreise und die Konjunkturentwicklung. Während manche Sparten aktuell von guten Erzeugerpreisen profitieren, belasten Themen wie steigende Produktionskosten, Unsicherheiten bei gesetzlichen Vorgaben und die Bürokratie die Betriebe. Dennoch ist durchgehend spürbar: Die Bäuerinnen und Bauern sind motiviert, ihre Betriebe zukunftsfit zu machen.

“Die oberösterreichischen Bäuerinnen und Bauern sind motiviert, ihre Betriebe zukunftsfit zu machen.”

In welchen Sparten wird derzeit am meisten investiert?

Besonders stark wird in tierwohlgerechte Ställe, erneuerbare Energien wie Photovoltaik sowie in die Digitalisierung investiert. Auch die Direktvermark­tung verzeichnet ein Wachs­tum, da Konsumenten seit Corona eine besondere Wertschätzung regionaler Produkte direkt vom Hof entwickelt haben.

Wie können die Betriebe vom Zukunftsfonds profitieren?

Der Zukunftsfonds bietet Unterstützung für innovative Projekte wie die Anwendung künstlicher Intelligenz oder digitaler Lösungen. Gerade kleinere Betriebe können von diesen Technologien profitieren, um Arbeitsschritte zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Wie ist der aktuelle Stand bei den Verhandlungen zum Vollspaltenverbot?

Die Verhandlungen sind intensiv, aber wir brauchen dringend Planungssicherheit. Es ist essenziell, dass vor Juni 2025 eine praxistaugliche Lösung gefunden wird, die sowohl dem Tierwohl als auch den wirtschaftlichen Realitäten gerecht wird. Ohne Einigung drohen massive Auswirkungen auf Oberösterreich, als das schweinestärkste Bundesland. Hier ist die künftige Bundesregierung jedenfalls gefordert.

Sie haben die künftige Regierung angesprochen. Der Bau­ernbund hat gefordert, dass es keine Erbschafts- und Vermögenssteuern geben darf. Ist das eine rote Linie bei den Koalitionsverhandlungen?

Ja, absolut. Grund und Boden sind für landwirtschaftliche Betriebe die Grundlage zum Wirtschaften. Der Besitz dessen wirft noch keinen Ertrag ab, erst die Arbeit damit kann zu Einkommen führen. Man besteuert ja auch nicht den Hochofen in der Voest. Steuern in diesem Bereich würden die Hofnachfolge massiv erschweren.

“Unsere Produktionsstandards suchen weltweit ihresgleichen das muss auch seinen Wert haben.”

Zudem werden steuerliche Entlastungen gefordert. Wie re­alistisch sind diese in Zeiten von Budgetdefizit und Rezession?

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen sind Entlastungen nötig, um die Landwirtschaft langfristig abzusichern. Maßnahmen wie eine Absenkung des Gewinnsteuersatzes oder ein Erntehelfermodell könnten konkret helfen, Produktionskosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Auf EU-Ebene sind die Diskussionen rund um das Mercosur-Handelsabkommen wieder neu aufgeflammt. Warum ist dieser Pakt für die heimische Bauernschaft so nachteilig?

Es nervt die Bauern zunehmend, dass solche Abkommen unsere Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Unsere hohen Standards in Tierwohl, Umweltschutz und Qualität suchen weltweit ihresgleichen das muss auch seinen Wert haben und kann nicht ständig durch Importe aus Ländern mit niedrigen Produktionsstandards untergraben werden. Würden nun Billigimporte aus Übersee den EU-Markt überschwemmen, so gerieten unsere Betriebe durch den zunehmenden Preisdruck massiv unter Druck.

Was sind Ihre Pläne und Ziele für die zweite Halbzeit der Regierungsperiode?

Ich möchte weiterhin gezielt in die Zukunft der bäuerlichen Familienbetriebe investieren. Unter dem Motto „Gutes kommt zurück“ setze ich auf die Förderung von Unternehmergeist und Innovationskraft, um den Kreislauf zwischen Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft zu stärken.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Nachfolgeregelung für Vollspaltenböden, Wettbewerbsfähigkeit bei Saisonarbeitskräften sowie auf der Prävention und Bekämpfung von Tierseuchen. Wichtige Anliegen bleiben aber auch ein effektives Wolfsmanagement, die Blockade des Mercosur-Abkommens sowie eine praktikable Umsetzung der Renaturierung inklusive der Anrechnung der Vorleistun­gen unserer heimischen Landwirtschaft und die entsprechenden finanziellen Abgeltungen.

- Bildquellen -

  • LRin Michaela Langer Weninger C Land OÖ Tina Gerstmair (36): Land OÖ
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AUTORred TME
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