Erfolgsfaktor Sortenwahl 2024 bei Gerste, Roggen und Triticale

Erfolgreicher Anbau von Wintergetreide beginnt mit der Sortenwahl. Die Ergebnisse der AGES-Sortenversuche zeigen, welche Sorten unter welchen Bedingungen ihr Potential voll entfalten können. In diesem Beitrag geht es um Gerste-, Roggen- und Triticalesorten.

Wintergersteversuch am Ritzlhof (OÖ Zentralraum) mit Anbau am 25. Sept. 2023. Die Sorte links war im April 2024 stark durch den Gelbverzwergungsvirus (BYDV) geschädigt und umbruchreif. Die rechte Sorte war hingegen resistent und brachte einen normalen Ertrag.

Es lohnt sich, Gersten-, Roggen- und Triticalesorten nach den am Standort zu erwartenden Bedingungen zu wählen. Denn die verschiedenen Züchtungen reagieren differenziert auf Krankheitsdruck, Trockenheit, Nässe und Betriebsmitteleinsatz.

Gelbverzwergung – die Lehren aus 2023/24

Im vergangenen, überdurchschnittlich warmen Herbst kam es besonders bei früh gebauten Wintergersten zu teils massiven Infektionen mit dem Gerstengelbverzwergungsvirus. Das Barley yellow dwarf virus (BYDV) wird im Herbst von Blattläusen übertragen. Viele Praxisbestände waren im Frühjahr so stark geschädigt, dass sie umgebrochen werden mussten. Um dies zu vermeiden, sind drei wichtige Stellschrauben zu beachten:
• die Befallsmeldungen von Virosen auf warndienst.lko.at,
• Saattermine anpassen oder
• resistente Sorte wählen.
Die Warndienstseite meldet, wo in Österreich welche Viren an Ausfallgetreide gefunden wurden und wie hoch die Infektionsgefahr für das Wintergetreide ist.
Was den Saattermin betrifft, so sollte Wintergerste bei milder Herbstwitterung in den östlichen und südlichen Landesteilen erst ab der zweiten Oktoberwoche gebaut werden. Anbautermine nach dem 15. Oktober können allerdings nachteilig sein wegen unzureichender Vorwinterentwicklung. Im Alpenvorland sowie in tieferen Lagen des Mühl- und Waldviertels liegt der optimale Anbauzeitpunkt in der ersten Oktoberwoche. In mittleren und höheren Lagen des Mühl- und Waldviertels ist meist ein Anbau ab dem 20. bis zum 25. September sinnvoll. In den kühleren Lagen ist die Gefahr eines Virusbefalls geringer. Bei anhaltend milder Witterung sollte eine Insektizidbehandlung eingeplant werden.
In den von der AGES mittels PCR untersuchten Gerstenproben wurde 2024 ausschließlich BYDV festgestellt. Derzeit gibt es bereits einige Sorten mit genetischer Resistenz gegen BYDV. Bei den Zweizeiligen wird Milena angeboten, unter den Mehrzeiligen stehen Fascination, LG Zebra sowie die EU-Sorten Integral und RGT Alessia zur Verfügung. Weitere neue resistente Sorten werden derzeit in der Wertprüfung untersucht. Gegen den Wheat dwarf virus (WDV) – der von Zikaden übertragen wird und auch die Gerste befallen kann – gibt es keine Resistenz.

Winterbraugersten sparsam düngen

Bei Braugersten soll der Proteingehalt niedriger liegen als bei Futtergersten. Der Maximalwert für braufähige Ware beträgt 12 %. Aber auch Werte unter 9,5 % sind ungünstig, da infolge geringerer Enzymaktivität die Verzuckerung leidet.
Die etablierte Hauptbraugerste Monroe (Lager 5) ist bereits seit 2014 im Sortiment. Für die meisten Krankheiten ist sie etwas anfälliger. Sie kombiniert eine spätere Reife mit einem hohen Vollgerstenanteil und ist bei den Mälzereien und Brauereien beliebt. KWS Donau (Lager 7) erzielt sehr ansprechende Kornsortierungen und reift mittel. Für Netzflecken ist sie mittelstark anfällig, für Ramularia-Sprenkelkrankheit stark bis sehr stark. Andere Krankheiten wehrt sie mittel ab. Die ähnlich reifende Sonja (Lager 6) erreicht oft hohe Vollgerstenerträge. Bei Überreife neigt sie stärker zu Halm- bzw. Ährenknicken. Livada verfügt hingegen über eine ansprechende Strohstabilität (Lager 4) und wird ab 2025 in Großbrauversuchen geprüft.

Zweizeilige Gersten für die Veredelung

Die später reifende Arthene (Lager 5) kann hohe Erträge bei bester Kornausbildung erreichen. Zwergrost sowie Netzflecken schädigen kaum und auch die Ramularia-Sprenkelkrankheit kann sie besser abwehren. Mehltau hingegen kann stark infizieren. LG Calvin kombiniert gute Ertragsleistungen mit positiven Stroheigenschaften (Lager 4) und einer ausgewogenen Blattgesundheit. Die spät bis sehr spät reifende LG Campus (Lager 5) hat ein hohes bis sehr hohes Ertragspotential im Trockengebiet. Bei mittelhohem Marktwarenanteil ist der Rohproteingehalt leicht unterdurchschnittlich.
Eufemia (Lager 5) ist kurzwüchsig, mittel reifend und wehrt die Ramularia-Sprenkelkrankheit besser als die meisten anderen Wintergersten ab. Mehltau kann stärker schädigen. Die spätreifende Bianca ist blattgesund, mittel standfest (Lager 5) und erreicht einen durchschnittlichen Rohproteingehalt. Die mittelgut standfeste (Note 4) und kurzwüchsige Bordeaux reift mittelspät. Rohfaser- und Rohproteingehalt sind niedrig ausgeprägt und damit der energetische Futterwert ansprechend. SU Laubella (Lager 5) ist ebenfalls kurzwüchsig und kann Blattkrankheiten meist gut abwehren. Bei hohem Ertragspotential ist der Marktwarenanteil günstig. Lentia ist strohstabil (Lager 3) und reift mittel. Die Kornsortierung ist positiv ausgeprägt, BYDV schädigte sie in der vergangenen Saison teils sehr stark. Sandra (Lager 4) liefert seit vielen Jahren Erntegut mit hohem Futterwert bei bester Kornausbildung. Auf einen Befall mit Zwergrost und der Ramularia-Sprenkelkrankheit sollten die Bestände kontrolliert werden. Die kurzwüchsige KWS Tardis überzeugt mit ihrer gut ausgeprägten Standfestigkeit (Note 3) und wird für den Anbau in den südlichen Anbaugebieten Österreichs angeboten. Die früher reifende Milena (Lager 7) verfügt über eine genetische Resistenz gegen BYDV. Durch die positiv ausgeprägten Qualitätseigenschaften verfügt sie über einen hohen Futterwert.

Mehrzeilige Futtergersten

Julia (Lager 5) überzeugt neben einem hohen Kornertragspotential mit ihrer geringen Krankheitsanfälligkeit. Der Rohfaseranteil ist überdurchschnittlich, der Rohproteingehalt unterdurchschnittlich, was zu einem mäßigen energetischen Futterwert führt. Die ebenfalls blattgesunde RGT Mela ist trotz ihres langen Wuchses mittel standfest (Lager 5). Sie kombiniert Ertragsstärke mit einer sehr positiv ausgeprägten Kornsortierung. Auch die gegen das Gelbverzwergungsvirus resistente Fascination (Lager 5) gehört zu den gesünderen Sorten. Das Ertragspotential ist in allen Anbaugebieten hoch. Die spätreifende Frederica (Lager 5) überzeugte ertraglich besonders im Feuchtgebiet und erzielt höchste Vollgersten- und Marktwarenanteile. Das Hektolitergewicht ist jedoch eine Schwachstelle. Die langwüchsige KWS Tolanis (Lager 4) kann ebenfalls sehr hohe Erträge bei bester Kornsortierung erreichen. Sie reift mittelspät, der Rohproteingehalt ist niedrig. Von der Neuzulassung Thimea (Lager 4) steht heuer erstmalig Saatgut zur Verfügung. Sie überzeugte in allen Lagen, auf Zwergrost sollte aber geachtet werden. SU Jule (Lager 4) reift mittelspät und ist lang im Wuchs. Beim Anbau in Befallslagen empfiehlt es sich eine Mehltaubehandlung einzuplanen. Die übrigen Krankheiten können besser abgewehrt werden. Adalina kombiniert eine ausgewogene Blattgesundheit mit guter Strohstabilität (Lager 4). Der mittel ausgeprägte Rohfaser- und Rohproteingehalt führen zu einem für Mehrzeilige höheren energetischen Futterwert. Auch die früh reifende LG Zebra (Lager 3) konnte in der vergangenen Saison von ihrer Resistenz gegen das Gelbverzwergungsvirus profitieren. Journey (Lager 4) beginnt früh mit dem Ährenschieben und verfügt über eine gute Kornausbildung. Die meisten Krankheiten wehrt sie erfolgreich ab, Mehltau kann stärker infizieren. Finola hat positiv ausgeprägte Stroheigenschaften (Lager 4). Von Mehltau, Zwergrost, Netzflecken und der Ramularia-Sprenkelkrankheit kann sie aber stärker befallen werden.

Populationsroggen

Die mittelreifende Sorte SU Bebop (Lager 6) wurde im Dezember 2023 zugelassen und sticht bei den Populationssorten im langjährigen positiven Ertragsergebnis hervor. Für eine Populationssorte ist er etwas mutterkornanfälliger. Dankowskie Turkus zeichnet sich durch eine mittelgute Standfestigkeit (Note 4) und eine mittlere Krankheitsresistenz aus. Er liegt ertraglich im vorderen Sortiment und besitzt eine gute Ertragsstabilität. Auch Dukato lagert (Note 5) weniger dank seiner stabilen Halme, ist aber etwas anfälliger für Rostkrankheiten. Amilo (Lager 6) ist für Mehltau- und Rost­infektionen empfänglich. Wegen einer höheren Fallzahlstabilität hat er unter wechselhaften Abreifebedingungen einen großen Vorteil. Elias reagiert sensibler vor allem auf Schneeschimmel und Braunrost. Aufgrund seines langen Halmes geht er leichter ins Lager (Note 6). Vorteilhaft sind seine relative Ertragsstabilität im Trockengebiet und die niedrige Mutterkornanfälligkeit.

Hybridroggen

Der spätreifende KWS Tayo (Lager 4) zeigt wiederholt hohes Ertragspotential. Auf Braun- und Schwarzrost reagiert er in mittlerem Ausmaß. KWS Emphor ist ähnlich standfest (Lager 4) und überzeugt durch ausgewogene Krankheitstoleranzen, niedrige Auswuchsneigung und gute Erträge in allen Regionen.
Etwas weniger resistent gegenüber Blattkrankheiten ist KWS Pulsor (Lager 5), eine lange Schneedecke übersteht er aber besser. Er erzielt seine Erträge durch Bildung eines dichten Bestandes. Im Mühl- und Waldviertel zeigte er sich sehr ertragsstabil, im Trockengebiet dagegen ist er weniger ertragstreu. KWS Detektor (Lager 5) ist im Vergleich zu den anderen Hybridsorten anfälliger für Mehltau und Braunrost, Schneeschimmel kann er aber besser abwehren. Im Mühl- und Waldviertel ist er weniger ertragsstabil.

Triticale

Im Alpenvorland, Mühl- und Waldviertel sowie im Pannonikum wurde bei Triticale heuer vermehrt Gelbrost beobachtet. Viele Sorten widerstanden den teilweise neuen Gelbrostrassen, einzelne litten stark. Auch Ährenfusarium trat heuer verstärkt auf. Gegen das Wetter zur Blüte ist man machtlos, aber im Vorfeld sollte auf die gute Feldhygiene geachtet werden. Steht Triticale nach Mais, dann können die Maisstoppel zu einer Infektionsquelle werden, insbesondere bei unzureichender Einarbeitung und Regen während der Triticaleblüte. Zwar kann eine weniger anfällige Sorte den Befall etwas reduzieren, vorausgegangene Fehler vermag sie aber nicht mehr wettzumachen.

Lumaco zeigte das höchste Ertragspotential im Alpenvorland und im Mühl- und Waldviertel. Er konnte durch eine sehr gute Widerstandskraft bei Mehltau und Gelbrost überzeugen und diese auch heuer bestätigen. Aufgrund des höheren Wuchses kann es etwas stärker zu Lager (Note 6) kommen. Trimondo (Lager 5) ist ähnlich ertragsstark und erzielt sehr gute Hektolitergewichte. Allerdings ist die Anfälligkeit für Gelbrost sehr stark. In schneereichen Wintern kann es leichter zu Schäden durch Schneeschimmel kommen. Der früh ährenschiebende RGT Tamac (Lager 6) gehört in allen Anbaugebieten ertraglich zum Spitzenfeld. Wegen der hohen Anfälligkeit für Mehltau ist der Anbau in Staulagen wenig sinnvoll, Gelb-, Braunrost und Ährenfusarium können hingegen besser abgewehrt werden. Als Wechseltriticale eignet er sich, wie Brehat, auch für die Frühjahrsaussaat. Als langstrohige Sorte schiebt Brehat (Lager 7) früh die Ähren und reift mittel. Robust gegen Braun- und Gelbrost kann allerdings Ährenfusarium ein Problem darstellen. SU Laurentius glänzt mit hohen Kornerträgen und mittlerem Hektolitergewicht. Bei kurzem Wuchs ist die Lagerneigung (Note 3) sowie die Anfälligkeit für Schneeschimmel, Braun- und Gelbrost gering. Der mittel standfeste Rivolt (Note 5) wurde heuer sehr stark von Gelbrost beeinträchtigt und konnte die guten Erträge der Vorjahre nicht erreichen. Braunrost und Schneeschimmel wurden hingegen erfolgreich abgewehrt, das Hektolitergewicht war unterdurchschnittlich.
Das Wechseltriticale RGT Flickflac lieferte bei niedrigem Wuchs und geringem Lager (Note 3) durchschnittliche Kornerträge, welche durch dichtere Bestände realisiert werden. Belcanto reift spät und ist bei mittlerer Wuchshöhe mittelgut standfest (Lager 4). Blattkrankheiten widersteht er gut. Qualitativ überzeugt er mit dem höchsten Hektolitergewicht des Sortiments. Tribonus reift mittelfrüh, ist kurzwüchsig und standfest (Lager 4). Tribonus besitzt eine mittlere Sensibilität gegenüber Schneeschimmel und Mehltau, Braunrost kann etwas stärker schädigen. Claudius wird von Braun- und Gelbrost noch stärker infiziert, neigt zu Auswuchs und ist weniger standfest (Lager 6). Der langwüchsige Tricanto neigt stark zu Lager (Note 7) und ist anfällig für Braunrost. Ährenfusarium tritt bei ihm seltener auf.

www.ages.at/pflanze/saat-und-pflanzgut/biosaatgut-datenbank

https://bsl.baes.gv.at/

| DI Marlene Gepp, DI Clemens Flamm (AGES Wien) und
DI Wolfgang Deix (Land NÖ) |

- Bildquellen -

  • 2434 0501 Flamm 8037 BYDV: Clemens Flamm
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QuelleH.M.
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