Anlässlich der Debatte um die Novelle des Ökostromgesetzes fordert Energieexperte Heinz Kopetz einen klaren Fokus auf die Winterstromproblematik. „Da im Winter nur ein Bruchteil der installierten Leistung erneuerbarer Energien zur Verfügung steht, sind wir teilweise zu 70 Prozent von Fossil- und Atomstrom abhängig“, erklärt Kopetz. Ein forcierter Ökostromausbau mit Schwerpunkten auf Photovoltaik und Windkraft sowie einer Erweiterung der grundlastfähigen Biomasse- und Biogasanlagen könnte Österreich von Atomstrom unabhängig machen und zugleich etwa 50.000 Arbeitsplätze schaffen.
„KWK-Anlagen auf Basis feste Biomasse und Biogas bieten sich besonders als Problemlöser zur Schließung der Winterstromlücke an“, betont auch Josef Plank, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. „Die Bürgermeisterinitiative sowie die Plattform ‚Pro Ökostrom und Biowärme’ zeigen den breiten Zusammenschluss in der Bevölkerung und die wichtige Bedeutung der Bioenergieanlagen für die Regionen. Gerade angesichts des morgigen Jahrestags der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl sollte man sich genau überlegen, ob man lieber Ökostrom oder Atomkraft fördern möchte.“
Nur Laufwasserkraft und Biomasse liefern in kritischen Stunden
Österreich großes Winterstromproblem: Obwohl bundesweit etwa 17.500 Megawatt (MW) an Ökostromanlagen installiert sind, stehen im Winter teilweise nur 17 Prozent dieser Leistung zur Verfügung. „Es handelt sich um kritische Zeiträume im Hochwinter, vor allem an Morgenstunden vor Sonnenaufgang mit Windstille“, führt Kopetz aus. Beispielsweise wurden am Morgen des 1. Februar 2017 von benötigten 10.000 MW Leistung nur 3.000 MW aus erneuerbaren Quellen beigesteuert, 70 Prozent wurden von fossilen oder Kernkraftwerken bereitgestellt. „Die Stromerzeugung aus Speicherkraftwerken, Wind oder Photovoltaik war zu dieser Zeit gleich null“, informiert Kopetz. „Nur Laufkraftwerke sowie Biomasse- und Biogasanlagen konnten größere Strommengen liefern.“
Ausbau erneuerbarer Energie löst Investitionen in Milliardenhöhe aus
Zur Schließung der Winterstromlücke schlägt Kopetz bis 2030 die Errichtung von 13.700 MW neuer Kraftwerksleistung vor. Schwerpunkte sollten Solarstrom und Windkraft mit 11.000 MW sein, gefolgt von 2200 MW Wasserkraft und 500 MW Biomasse/Biogas. Der vorgeschlagene Ausbau würde laut Kopetz Investitionen von jährlich drei bis vier Milliarden Euro in Ökostromanlagen, Stromnetze, neue Infrastruktur und Energiespeicher auslösen. Das entspricht etwa 50.000 Jahresarbeitsplätzen.
Strom- und Wärmesektor beim Klimaschutz besonders gefordert
Durch den genannten Ökostromausbau könnte Österreich in den Wintermonaten 90 Prozent des Strombedarfs erneuerbar erzeugen und einen wichtigen Schritt zur Erreichung seiner Klimaziele setzen. Mit Unterzeichnung des Weltklimavertrags von Paris hat Österreich sich dazu verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren. „Die Industrie wird aber weiterhin Emissionen verursachen müssen, um Arbeitsplätze zu sichern, auch im Verkehrssektor können Emissionen nicht auf null gesenkt werden. Deshalb müssen fossile Rohstoffe in der Strom- und Wärmeerzeugung weitgehend ersetzt werden“, stellt Kopetz klar.
Dazu bedarf es einer Abschaffung der Steuervorteile für fossile Energien. „Die Befreiung von fossilem Strom von der Kohle- bzw. Erdgasabgabe stammt aus Zeiten, als es noch kein Klimaproblem gab. Gerade nach Abschluss des Abkommens von Paris ist diese Begünstigung überholt und sollte umgehend aufgehoben werden“, unterstreicht Kopetz.
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- Stromasten einer Hochspannungsleitung: Wodicka