Als Martina und Johann Techt vor 30 Jahren den Bauernhof im südoststeirischen Weinberg an der Raab übernahmen, spielte die Apfelproduktion am Betrieb noch eine bedeutende Rolle. „In den Jahren 2016 und 2017 hatten wir hintereinander große Schäden durch Spätfrost. Außerdem hätten wir eine Sortenumstellung vornehmen müssen“, erzählt Martina Techt. „So wie viele andere Obstbauern haben auch wir deshalb unsere Apfelanlagen gerodet.“
Vom Apfel zum Holunder
Die Alternative fanden sie im Holunder. „Schon im Jahr 1995 hatten wir einen halben Hektar Schwarzen Holunder, heute sind es insgesamt sechs Hektar Ertragsanlagen“, lässt die 50-jährige Betriebsführerin wissen. Auf den Hängen rund um ihren schmucken Bauernhof wachsen die Sorten Haschberg, Blochwitz, Kornberg und Tatin.
Damit zählt Familie Techt zu rund 200 Holunderproduzenten in Österreich. Das Hauptanbauland ist die Steiermark mit 600 Hektar. Die weiteren 160 Hektar Holunder verteilen sich auf das Burgenland, Niederösterreich, Kärnten und – neu – Oberösterreich.
„Der Holunder ist für uns beide zur Berufung geworden“, lächelt die Bäuerin. Auch wenn ihr Gatte einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit bei den Österreichischen Bundes-
bahnen nachgeht, lässt sich die Arbeit gut bewältigen. Vieles wird gemeinsam gemacht.
„Das genießen wir“, sagt sie. Einzig bei der Ernte greift man auf Erntehelfer zurück. Diese kommen großteils aus dem benachbarten Slowenien.
Der Holunder ist für uns beide zur Berufung geworden. – Martina Techt
Ständig größer werdende Herausforderungen für die Holunderbauern stellen die Folgen des Klimawandels dar. Der Holunder liebt luftige, nährstoffreiche Böden. Sowohl die Trockenheit als auch zu viel Niederschlag sind ein Problem. Wenigstens bereitet der Frost kaum Sorgen, da die Kulturen spät blühen.
Heuer erwarten die Holunderbauern eine ganz normale Blütezeit. Diese beginnt in der Regel gleich nach den Eisheiligen und dauert bis Anfang Juni. Auf etlichen Betrieben werden die Blüten geerntet. „Auch wir haben in den letzten Jahren immer wieder mal Blüten geerntet“, berichtet Frau Techt. Geliefert werden diese Blüten so wie später die Beeren an die Steirische Beerenobstgenossenschaft, wo sie auch Vorstandsmitglied ist. In der Summe dürfte diese Genossenschaft heuer etwa 40 Tonnen Holunderblüten vermarkten.
Eine bedeutende Rolle am Betrieb Techt spielt die Baumschule. Vor 20 Jahren hat man mit dem Ziehen von Holunderbäumen für den Eigenbedarf begonnen. Daraus ist in der Zwischenzeit ein Betriebszweig geworden. Die Baumschule umfasst 1,5 Hektar. Die Kunden sind nicht nur Bauern und Mitglieder der Beerenobstgenossenschaft, sondern auch Gärtnereien und Interessenten aus Slowenien und Südtirol.
Aufbruchstimmung bei den Holunderbauern
Vor sechs, sieben Jahren geriet der Holunderanbau in Österreich stark unter Druck. Die Konkurrenz im Saftkonzentrat-Bereich war zu groß. Jetzt hat sich die Situation wieder gedreht. Schwarzer Holunder findet vor allem bei Nahrungsergänzungsmitteln und in der Medizin Verwendung. „Deswegen verspüren wir unter den Holunderbauern eine Aufbruchstimmung“, freut sich die Südoststeirerin.
Die Hauptabnehmer und Partner der Holunderbauern setzen vor allem auf die gesundheitlichen Stärken des Schwarzen Holunders, die schon vor Hunderten Jahren bekannt waren. Martina Techt zitiert einen in der Steiermark gängigen Spruch: „Vor einem Holunderstrauch soll man den Hut ziehen.“ Sie weist darauf hin, dass der Holunder eine hochwertige Heilpflanze und gleichzeitig ein besonderes Nahrungsmittel ist, welches das Immunsystem stärkt. Schon seit vielen Generationen wird dieses Superfood zur Linderung von verschiedenen Beschwerden und zur Stärkung des Wohlbefindens eingesetzt.
Betriebsspiegel
Martina und Johann Techt
Fehring/Steiermark
Zehn Hektar Acker, 20 Hektar Wald, sechs Hektar Holunderanlagen, 1,5 Hektar Holunder-Baumschule
Mitgliedsbetrieb der Steirischen Beerenobstgenossenschaft und der Bioenergie Fehring
Direktvermarktung von Honig, Kürbiskernöl und Buchenscheitholz
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- Bildquellen -
- Holunderstrauch: Agrarfoto.com