Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler zieht im BZ-Interview Bilanz über das Jahr 2015 und gibt einen kurzen Ausblick auf 2016.
Licht und Schatten für Tirols Landwirtschaft
Herr Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler, das abgelaufene Jahr war turbulent für die Landwirtschaft. Welche Bilanz können Sie ziehen?
Josef Geisler: Das vergangene Jahr war geprägt von Licht und Schatten. Auf landespolitischer Ebene ist uns gemeinsam mit den bäuerlichen Abgeordneten und den Funktionärinnen und Funktionären viel gelungen. Die Produktpreise – vor allem der niedrige Milchpreis – machen der Tiroler Landwirtschaft aber zu schaffen. Unsere Strategie ist es, den regionalen Markt bestmöglich auszunutzen. Deshalb haben wir in der Landesregierung gerade in puncto Regionalität noch einmal einen Gang zugelegt und Krankenhäuser, Altersheime und Schulen aufgefordert, regionale Milchprodukte und Lebensmittel zu verwenden. Jetzt werden die öffentlichen Küchen von der Agrarmarketing Tirol (AMT) und vom Bauernbund kontaktiert, beraten und unterstützt. Erfolge verzeichnen wir beim Absatz regionaler Produkte in der Gastronomie und Hotellerie. Mittlerweile nehmen 166 Hotels und Gastronomiebetriebe sowie 39 Gastrogroßhändler am Regionalitätsprogramm “Bewusst Tirol” teil.
Was wurde auf gesetzlicher Ebene beschlossen?
Auf gesetzlicher Ebene war die Beschlussfassung der Novelle des Tiroler Jagdgesetzes ein Meilenstein. Das Ziel ist ein Miteinander von Wild und Wald und die Erreichung eines dem Lebensraum angepassten Wildstandes. Im Mai des heurigen Jahres sollen erstmals gemeinsame Begehungen stattfinden und das System der Verjüngungsdynamik für die Abschussplanung zur Anwendung kommen. Eine Weichenstellung für die Zukunft haben wir auch beim Landeskulturfonds vorgenommen. Dieser hat nunmehr die gesetzlich verankerte Möglichkeit, Grundstücke als Tausch- oder Ersatzflächen für die Schutzwasserwirtschaft und den Naturschutz anzukaufen und bereitzustellen. Der LKF ist mehr denn je ein wichtiges Instrument zur Erhaltung, Stärkung und Steigerung der Innovationskraft der Landwirtschaft.
Auch das für Tirol wichtige Almthema benötigte eine Lösung.
Eine Lösung haben wir gemeinsam mit unserem Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auch für die Almen und die Abwendung von Strafzahlungen gefunden. Wenn jetzt die AMA wieder Vorortkontrollen auf den Almen durchführt, werden wir ganz genau darauf achten, dass sich die Ergebnisse in die bisherigen Prüfungen einordnen lassen und keine neuerlichen Schwierigkeiten entstehen. Auch beim Thema Gemeindegutsagrargemeinschaften ist bereits vor eineinhalb Jahren mit einer Novelle des Flurverfassungslandesgesetzes, in der alle höchstgerichtlichen Erkenntnisse betreffend Gemeindegutsagrargemeinschaften umgesetzt sind, eine Regelung in Kraft getreten. Diese bietet die Möglichkeit für Auseinandersetzungsverfahren und somit zur Schaffung klarer Zuständigkeiten, zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und zum Bürokratieabbau. Alle, die sich für ein Auseinandersetzungsverfahren interessieren, werden von der Behörde bestmöglich beraten und unterstützt.
Was steht an Landesgesetzesnovellen für 2016 an?
Im Zuge der Verwaltungsreform werden wir auch die agrarischen Gesetze unter die Lupe nehmen. Die Kernfrage ist: Worauf können wir verzichten und was brauchen wir für die Zukunft? Das Feldschutz- und das Almschutzgesetz werden wir abschaffen, die unverzichtbaren Bestimmungen arbeiten wir in das Landwirtschaftsgesetz ein. Ob wir – wie andere Bundesländer auch – ein eigenes Bodenschutzgesetz brauchen, wird derzeit geprüft. Den Ballast der Vergangenheit abwerfen und das Rüstzeug für die Zukunft schaffen wird nicht nur in der Landesverwaltung ein Thema sein.
Bringt die Verwaltungsreform auch einen Bürokratieabbau?
Im Zuge der Verwaltungsreform wird das Naturschutzgesetz einer Prüfung unterzogen. Mein Ziel dabei ist es, weniger Bewilligungstatbestände und damit weniger Bürokratie zu haben. Bei der anstehenden Raumordnungsnovelle werden wir die Interessen der Landwirtschaft einbringen. Klar ist, dass wir weiterhin Regelungen für den landwirtschaftlichen Grundverkehr und auch den Ausländergrundverkehr brauchen. Der Baulandgrundverkehr könnte aber durchaus in der Raumordnung geregelt werden.
Ist die Konfinanzierung gesichert?
Der Blick auf das Landesbudget zeigt, dass die Landesmittel für die Kofinanzierung der EU-Förderungen auch heuer wieder in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Für die Erhaltung des ländlichen Wegenetzes müssen wir bereits jetzt die Weichen für das Budgetjahr 2017 stellen.
Zum Schulstandort Tirol: Wie geht es weiter?
Ein absolutes Zukunftsprojekt ist der Ausbau des Schul-standortes Rotholz zum agrarischen Forschungs- und Innovationszentrum. Ich weiß, dass mit der Verlegung der HBLA von Kematen nach Rotholz viele Emotionen verbunden sind. Aber wir haben in Rotholz die einmalige Chance, Bildung und Forschung an einem Standort zusammenzuführen und so auch die Bundesanstalt für Alpenländische Milchwirtschaft langfristig und die HBLA langfristig abzusichern. Im Bereich der agrarischen Forschung wollen wir noch enger mit Südtirol zusammenarbeiten. Für die Tirol und den bäuerlichen Nachwuchs bringt das viele Chancen.
Abschließend wünsche ich für 2016 allen bäuerlichen Familien und Bauernbundmitgliedern vor allem Gesundheit und Erfolg.