Leserreise: Von Matjesbrötchen, großen Feldern und der Ostsee

Ein abwechslungsreiches Programm lieferte die von BauernZeitung und Reisewelt im April organisierte Leserreise. Sie führte die 48 Teilnehmer durch das an der Ostsee gelegene Mecklenburg-Vorpommern.

Die Gruppe aus 48 Teilnehmern trotzte dem kühlen Ostwind. Hier vor einem Kurhaus in Binz (Insel Rügen), bekannt durch seine prächtige Bäderarchitektur (copyright: BZ/Fleischanderl)

Flaches Land, weite Felder und Windräder prägen die Landschaft von Mecklenburg-Vorpommern und beschreiben dessen landwirtschaftliche Struktur: Von insgesamt 638 Betrieben bewirtschaften 52 Betriebe jeweils über 1000 Hektar (ha) Land – und somit 42 Prozent der gesamten Agrarfläche. Wer hier ein „kleiner“ Bauer mit „nur“ 400 ha ist, muss kreativ werden.

Vor der Wende – nach der Wende

Weil Mecklenburg-Vorpommern zur ehemaligen DDR zählt, war nicht nur bei den Stadtbesichtigungen von Leipzig, Stralsund, Wismar und Schwerin der Unterschied „vor der Wende“ und „nach der Wende“ ein Thema, sondern auch auf den landwirtschaftlichen Be­trieben. In DDR-Zeiten wurden die Bau­ern zu „Landwirtschaftlichen Produkti­onsgenossenschaften“ (LPG) zusam­men­geschlossen. Nach der Wiedervereinigung und damit der Auflösung die­ser Genossenschaften funktionierte die Zurückführung der Grundstücke mehr schlecht als recht. Der Großteil sind heu­te Pachtflächen. Die Eigentümer le­ben meist auswärts, weil die Grundstü­cke nach der Wende als Finanzanlage ge­kauft oder geerbt wurden. Großindus­trielle konnten Flächen erwerben bzw. pachten und somit eigene große Betriebe gründen.
Einen Einblick in einen Großbetrieb bekam die Gruppe in der Agrar­produkti­onsgesellschaft Lübesse, einer GenmbH mit 100 Gesellschaftern, die aus einer LPG entstand. Deren Größen­ordnung faszinierte: 1000 Milchkühe, 2200 ha land­wirtschaftliche Nutzfläche, 300.000 Hähnchen-Mastplätze, eigene Tankstelle, Pkw-Werkstatt und Bio­gas­anlage. Allein die Dachfläche des zent­ralen Standortes beträgt 4,5 ha, die wie­derum für Solarenergie vermietet wird.

Tourismus als zusätzliches Einkommen

Wer nicht mit Größe punkten kann, sucht Nischen – wobei auch „Größe“ ein relativer Begriff ist. „Ich bin ein kleiner Bauer“, erzählt etwa Jan-Thomas Lange, alias „Bauer Lange“, der 414 ha Agrarfläche bewirtschaftet. Der Landwirt auf der Insel Rügen setzt auf sei­ne Marketingstrategie eines Erlebnis-Bau­ernhofes mit Projekten wie „Junior-Bau­er“, wo mit Kindern Brot gebacken, Tiere gefüttert werden und Butter hergestellt wird, sowie auf Events wie Spanferkel- oder Spargelessen und auf die Vermietung von Ferienwohnungen. In der Bio-Erzeugergemeinschaft „Landwert“ vis-a-vis der Insel leben Rinder in Freiland­haltung auf 680 ha. Eine eigene Metzge­rei am Hof bewirkt kurze Transportwe­ge und weniger Stress für die Tiere, was wiederum mit besserer Fleischqualität vermarktet wird. Für Pferdezüchter Neubauer dient der Tourismus als zusätzliche Einnahmequelle. Neben seiner Pferde-, Schaf- und Ziegenzucht kutschiert er mit seinem Sohn auf der au­tofreien Insel Hiddensee Touristen umher, was auch die Reisegruppe erleben durfte.

Matjes und Backsteingotik

Kulturell hat das Land an der Ostsee auch abseits der Strände und Leuchttürme vieles zu bieten. Dem kühlen Ostseewind trotzend bewunderte die Gruppe die Backsteingebäude der Hansestädte sowie die prächtige Bä-derarchitektur in Binz, spazierte durch das malerische Schwerin und hörte sich den Werdegang und das Mönchsleben vom Münster Bad Doberan an.
Und überall begegnete die Gruppe den „Matjes“, wie die verarbeiteten He­ringe bezeichnet werden: Sei es als Jause beim Bauern Lange, als Brötchen wäh­rend der Kutschenfahrt oder beim Schlendern am Hafen von Warnemüns­ter. Und wer noch nicht genug hatte, konnte sich auch beim letzten Halt in Hamburg noch ein Matjesbrötchen genehmigen.

Fotogalerie:

BauernZeitung OÖ: Leserreise an die Ostsee

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AUTORLydia Fleischanderl
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