Bei Europas Schlachtkonzernen soll mehr Tierwohl an den Haken. Vion verbindet dies, nach einem Millionendefizit, mit einer Umstrukturierung.

Beide Konzerne stehen alljährlich hoch im Kurs des Schlachthofrankings der ISN, der Interessenvertretung der deutschen Schweinehalter. So schlachtete allein die Tönnies-Unternehmensgruppe im Vorjahr fast 14 Millionen Schweine und war damit der größte Schweineschlachter Deutschlands, also jenes EU-Landes, das nach Spanien am meisten Schweine produziert. Die Vion-Food-Gruppe, ursprünglich in den Niederlanden beheimatet, folgte mit etwas Abstand. 5,3 Millionen Schlachtschweine bescherten ihr im Vorjahr Platz drei.

Große Ziele trotz roter Zahlen

Letztere machte in den vergangenen Monaten vor allem durch ihre angeschlagene Wirtschaftslage von sich reden. Dem Konzern hatten in den letzten drei Jahren, eigenen Angaben zufolge, die hohe Inflation, sinkende Tier bestände in Nordeuropa und der Verlust von Exportmärkten aufgrund der Afrikanischen Schweinepest zugesetzt. Die erst kürzlich veröffentlichte Geschäftsbilanz des Vorjahres weist ein Defizit von 89,7 Mio. Euro aus, bei einem Umsatz von rund 5 Mrd. Euro. Gegenüber 2022 bedeutet dies eine leichte Verbesserung. Damals schlug der Nettoverlust mit 108 Mio. Euro zu Buche.

Seither läuft bei Vion ein umfangreicher Umstrukturierungsprozess, der unter dem klingenden Namen „Change the Matters“ (zu deutsch „die Angelegenheiten ändern“) beworben wird. So hat man sich heuer etwa von seinen defizitären Standorten in der BRD getrennt. Das Programm werde in den kommenden Monaten abgeschlossen und seine vollständige Wirkung „erwartungsgemäß“ bis 2025 entfalten, teilte die Konzernführung mit. „Mit einer schlankeren Organisation werden wir besser in der Lage sein, unsere Investitionen in Nachhaltigkeit und Tierschutz zu lenken, die weiterhin im Mittelpunkt unserer Strategie stehen“, informierte Vion- Geschäftsführer Ronald Lotgerink per Aussendung. Erklärtes Ziel sei es, „das nachhaltigste Proteinunternehmen Europas“ zu werden. Außerdem wird Klimaneutralität bis 2045 angestrebt, entsprechende Auflagen sind schon jetzt Teil der Lieferantenbewertung.

Tönnies korrigiert Preismaske

Käufer der defizitären deutschen Vion-Standorte war übrigens Branchenprimus Tönnies. Auch hier geht man in Sachen Tierwohl in die Offensive. Schon Anfang 2024 habe man einen Dialogprozess mit Tierärzten und Züchtern gestartet. „Wir haben uns intensiv mit den Fakten und Kritikpunkten auseinandergesetzt“, teilt die Konzernspitze mit. Mit 1. Jänner 2025 kehrt man deshalb zu einer alten Abrechnungsmaske zurück. Die Gewichtung des Muskelfleischanteils und des Schinkengewichts bei Schlachtschweinen fällt damit (wieder) weg. Auch die Anhebung der Schinkengrenze – und damit das Signal zu großer Schinkenfülle – werde angepasst. Das optimale Schwein soll für Tönnies demnach 2025 zwischen 88 und 107 Kilogramm auf die Waage bringen. „Wir wollen den Tierhaltern signalisieren, gesunde und robuste Tiere zu halten und anzuliefern“, heißt es aus der Zentrale in Nordrhein-Westfalen.

Ringelschwanzprämie

Weiters führt Tönnies zum Jahreswechsel für unkupierte Schweine aus der Haltungsstufe 3 der deutschen Haltungsformkennzeichnung eine „Ringelschwanzprämie“ ein. Diese soll 10 Euro pro Tier betragen und Tierhalter bei der Umsetzung des Kupierverzichts unterstützen. Dies stelle „hohe Anforderungen an das Management“, was man würdigen wolle. Auszahlen wird Tönnies die Prämie nur dann, wenn mindestens 90 Prozent der angelieferten Partie intakte Schwänze aufweisen.

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  • Schlachthof Grobzerlegung: DAVIT85 - STOCK.ADOBE.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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