Welcher Preis für Milch ist angemessen? An dieser Frage scheiden sich seit jeher die Geister unter Bauern, Molkereien und dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Die Verhandlungen, die letztlich ausschlaggebend für eben diese Preisbildung sind – nämlich jene zwischen LEH und Molkereien – finden üblicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Anders ist dies derzeit bei den Gesprächen der NÖM AG und Spar Österreich.
Streitfrage Rohstoffpreise
Nachdem die Preisverhandlungen mit Spar „zu keinem akzeptablen Ergebnis“ geführt hätten, habe man alle Lieferungen von Milchprodukten an Spar gestoppt, teilte Leopold Gruber-Doberer, Geschäftsführer der Milchgenossenschaft Niederösterreich (MGN), am Wochenende per Aussendung mit. Die MGN, sie vertritt die 2.200 Milchbauern der NÖM und hält 35 Prozent an der Molkerei, versucht damit aufzuzeigen, „dass Fairness für die Leistungen unserer Betriebe gegeben sein muss“. Produkte der Marke NÖM sucht man in Filialen der Supermarktkette mittlerweile vergeblich. Stattdessen informiert Spar seine Kunden per Aushang an den Kühlregalen, dass man nicht bereit sei, aktuelle Preiserhöhungen der NÖM „trotz niedriger Rohstoffpreise“ mitzutragen. Für Gruber-Doberer ist das ein klarer Fall von Fehlinformation, wie er der BauernZeitung auf Nachfrage mitteilt.
Gruber-Doberer: „Alle anderen Handelsketten, auch Rewe, haben die Preiserhöhung akzeptiert, nur Spar nicht.“
EU-weit steige der Erzeugermilchpreis durch abnehmende Mengen, auch der Fettpreis sei auf einem Rekordhoch. Ebenso seien die Kosten der Molkerei für Fruchtzubereitungen, Kaffee und Kakao zuletzt gestiegen. Im Sinne von „Angebot und Nachfrage“ sei deshalb eine Preiserhöhung notwendig. Diese wurde für die gesamte Produktpalette gefordert. „Alle anderen Handelsketten, auch Rewe, haben diese akzeptiert, nur Spar nicht“, so der MGN-Chef.
Eine Preissteigerung für das gesamte Sortiment sei nicht üblich, erklärt Nicole Berkmann, Pressesprecherin von Spar: „NÖM ist die einzige Molkerei, die das fordert.“ Dass sich die MGN deshalb entschlossen hat, sie nicht länger zu beliefern, wird in der Spar-Zentrale in Salzburg bedauert. Berkmann: „Wir wollen Produkte der NÖM anbieten und sind für Gespräche auf Augenhöhe offen.“
Abhängig sei man von der Belieferung durch die Niederösterreichische Molkerei allerdings nicht. „Für die NÖM springen nun andere Molkereien ein, etwa die Berglandmilch“, so die Unternehmenssprecherin. Daran hegt Leopold Gruber-Doberer allerdings Zweifel. „Dafür ist derzeit zu wenig Milch am Markt.“ Gefragt, warum andere Molkereien sich nicht mit der NÖM solidarisch zeigen, kommentiert er knapp: „Wenn andere zu diesen Konditionen liefern und keine Preiserhöhung brauchen, dann ist das so. Wir brauchen sie.“
NÖM-Milch geht nun in den Export
In der Zentrale des Milchverarbeiters gibt man sich, trotz Wegfalls eines bedeutenden Abnehmers, vorerst gelassen. Die angelieferte Milch fließe in den Export. „Außerdem können wir über geringere Magermilchzukäufe kompensieren“, so Gruber-Doberer. Auswirkungen auf den Erzeugermilchpreis schließt er kategorisch aus, im Gegenteil: „Unser Milchpreis wird per 1. November um einen Cent angehoben.“ Auf ein Jahr gerechnet bringe das der Molkerei Mehrkosten von 4,4 Mio. Euro ein. „Das gilt es an den Handel weiterzugeben.“
Vorerst warten beide Seiten also ab. Es herrscht „Funkstille“ zwischen Baden und Salzburg. Für Spar-Sprecherin Berkmann ist für eine gütliche Einigung „eine produktspezifische Vereinbarung“ Voraussetzung. Auch MGN-Chef Gruber-Doberer kann oder will der BauernZeitung keinen für alle Beteiligten „fairen Milchpreis“ nennen. „Diesen werden die Verhandlungen bringen“, ist er überzeugt. Mittlerweile schlägt das Thema auch politisch Wellen. Der Niederösterreichische Bauernbund lässt rechtliche Schritte gegen Spar prüfen. „Unsere Rechtsexperten prüfen derzeit den vorliegenden Fall auf Hochtouren“, informiert dessen Direktor, Paul Nemecek, in einer Aussendung.
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- Milchregal Sparfiliale: BZ/Wieltsch