Es waren besondere Momente für jene 13 Familien, die sich am vergangenen Montag im Festsaal des Linzer Landhauses einfanden, um ihre Erbhof-Tafel in Empfang zu nehmen. Schließlich bedurfte es davor etwa acht Generationen, in denen ihre Höfe innerhalb der Familie weitergegeben und bewirtschaftet werden mussten. In einer feierlichen Zeremonie wurden sie einzeln auf die Bühne geholt, wo ihnen Landeshauptmann Thomas Stelzer und Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger die Auszeichnungen übergaben. Auch Angehörige der Familien sowie die Bürgermeister jener Gemeinden, in denen es die „neuen“ Erbhöfe zu feiern gibt, waren gekommen.
200 Jahre Familienbesitz und selbst bewirtschaftet
Landwirtschaftliche Betriebe werden in Oberösterreich seit mehr als 90 Jahren basierend auf dem OÖ Erbhöfegesetz mit dem Titel Erbhof ausgezeichnet. Voraussetzung für die Verleihung ist, dass der bäuerliche Besitz seit mindestens 200 Jahren innerhalb derselben Familie übertragen worden ist und vom Eigentümer selbst bewohnt und bewirtschaftet wird. Die nun 6266 offiziell als Erbhof ausgewiesenen Familienbetriebe machen etwa ein Fünftel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Oberösterreich aus.
Wir sind eher zufällig draufgekommen, als die Gemeinde Scharten eine Ortschronik gemacht hat und dafür auch meine Mutter ihre ‚Schätze‘ ausgegraben hat. Walter Neumayer, vulgo „Stadlergut in der Weingartenwies“, Scharten
Die Recherche, um alle notwendigen Dokumente und Nachweise erbringen zu können, ist eine aufwendige Arbeit und kann einem Puzzlespiel gleichen. Oft sind es Heimatforscher oder engagierte Gemeindebürger, die Ortschroniken erstellen und dabei auf entsprechende Informationen stoßen und mögliche Erbhöfe ausmachen. Wie bei der Familie Neumayer aus Scharten: „Wir sind eher zufällig draufgekommen, als die Gemeinde Scharten eine Ortschronik gemacht hat und dafür auch meine Mutter ihre ‚Schätze‘ ausgegraben hat“, sagt Walter Neumayer, der das „Stadlergut in der Weingartenwies“ seit 2003 führt. Diese bestätigt das und erinnert sich: „Ich habe 1960 hier eingeheiratet und schon gehört, dass es ein alter Hof ist“, sagt Herma Neumayer. Die Arbeit am Betrieb damals mit Schweinezucht und -mast, Direktvermarktung von Fleisch und Kirschen war jedoch immer viel. Da blieb keine Zeit, um die Geschichte des Hofes zu studieren. Erst recht nicht, als die heute 86-Jährige nach dem frühen Unfalltod ihres Gatten den Betrieb alleine weiterführen musste. „Ohne viel Arbeit wäre es nicht gegangen“, sagt Herma Neumayer rückblickend, „aber auch nicht ohne Unterstützung durch Familie, Nachbarn und Freunde“. Heute leben drei Generationen am Hof und freuen sich über die erhaltene Auszeichnung.
Wir hatten schon länger im Hinterkopf, dass sich das ausgehen könnte. Wir haben nun die Ehre, die Auszeichnung entgegennehmen zu dürfen. Ingrid und Markus Schwarz, vulgo „Weiss“, Andorf
Ein kurioses Namenspiel begleitet Ingrid und Markus Schwarz aus Andorf, wenn sie von ihrem Anwesen berichten denn dieses trägt seit eh und je den Namen „Weiss“. Sie haben im Zuge eines runden Geburtstages eine Ahnentafel erstellen lassen und bemerkt, dass auch die Erbhofkriterien erfüllt sind. Sie führen einen geschlossenen Schweinebetrieb im Vollerwerb. Ebenfalls zum Hof gehört auch eine 1911 erbaute und 2005 sanierte Hauskapelle. Markus Schwarz verweist auf eine weitere Besonderheit: „Wir haben seit 14 Jahren jedes Jahr einen Praktikanten von einer Fachschule am Hof.“
Der Schwager beschäftigt sich mit Ahnenforschung und hat über zwei Jahre hinweg alles Nötige dafür zusammengetragen.Renate und Josef Pirklbauer, vulgo „Behmlehner“, Waldburg
Zurück in den Vollerwerb beim „Behmlehner“
Renate und Josef Pirklbauer, vulgo „Behmlehner“, aus Waldburg verdanken die Recherchearbeiten zu ihrem Erbhof dem Schwager, der sich mit Ahnenforschung beschäftigt. 1999 haben sie den Hof übernommen. „Wir haben überlegt, wie es weitergehen soll und uns für die Milchviehhaltung entschieden“, sagt Josef Pirklbauer. Der Betrieb sei stetig gewachsen. Noch wird er im Nebenerwerb geführt, Sohn Johannes (21) wird ihn als Übernehmer dann im Vollerwerb weiterbetreiben. „Wir überlegen gerade die weitere Technisierung, wahrscheinlich wird es in Richtung Melkroboter gehen“, so Pirklbauer.
Meine Mutter hat sich den Erbhof-Titel schon lange gewünscht. Jetzt ist sie 89 Jahre alt und die Freude darüber ist riesengroß. Gerlinde Berger, vulgo „Pointmann“, Naarn im Machlande
Grund und Boden: Ein Privileg und Geschenk
Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger sprach den geehrten Familien nicht nur ihren Dank „für Verantwortung, Fleiß und persönlichen Einsatz“ aus, sondern verwies auch auf die politischen Rahmenbedingungen, die es neben dem familiären Wollen für gelingende Hofübergaben braucht. „Ohne unser bäuerliches Sondererbrecht wäre diese Vielzahl an Betrieben nicht mehr vorhanden. Es genügt ein Blick in Nachbarländer wie Deutschland, dort muss nach dem allgemeinen Erbrecht übergeben werden“, so die Politikerin. Besitzer von Grund und Boden zu sein sei eine Herausforderung, aber auch ein Privileg und großes Geschenk.
Für mich war es eine große Ehre, die Erbhoftafel vom Landeshauptmann und der Landesrätin überreicht zu bekommen. Christian Franz Mayr, vulgo „Hofreiter“, Katsdorf
Arbeitszeiten am Hof nicht „gesetzlich geregelt“
Landeshauptmann Thomas Stelzer bezeichnete die Erbhofbesitzer als Paradebeispiele für ein Zusammenhalten in der Familie, das über Jahrhunderte hinweg reicht. „Es gibt dort keine Arbeit nach gesetzlich geregelten Arbeitszeiten, dafür den Erhalt und die Weitergabe von Wissen, Werten und Traditionen“, so Stelzer über die „Macher des ländlichen Raumes“.
Oberösterreichs „neue“ Erbhöfe
- Scharten: Walter Neumayer, „Stadlergut in der Weingartenwies“
- Unterweißenbach: Christhoph Diesenreiter, „Häuslhans“; Katharina Gassenbauer, „Moser“; Elisabeth und Rene Greinstetter, „Haibl-Honnerl“
- Waldburg: Renate und Josef Pirklbauer, „Behmlehner“
- Ohlsdorf: Michael Ettinger, „Preiskammergut“
- Geboltskirchen: Josef Seiringer, „Hofbauer“
- Rottenbach: Barbara Schauer, „Abrahamgut“
- Naarn im Machlande: Gerlinde Berger, „Pointmann“
- Katsdorf: Christian Franz Mayr, „Hofreiter“
- Sarleinsbach: Alois und Petra Maria Karlsböck, „Ambrosengut“
- Helfenberg: Monika und Peter Zimmerbauer, „Lattner“
- Andorf: Ingrid und Markus Schwarz, „Weiss“
- Bildquellen -
- 20250127 101012: BZ/Cacha
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