Das höhere landwirtschaftliche Schulwesen in Österreich ist auch ökonomisch für die Regionen von wesentlicher Bedeutung, analysierten die Wirtschaftsforscher.

Die gut ein Dutzend Schulen und Bildungseinrichtungen samt teils angeschlossener Forschungseinrichtungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft (BML) spielen eine wichtige Rolle in den Regionen, die über den Bildungsauftrag hinausgeht. Das ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). Demnach brachten diese BML-Dienststellen von 2019 bis 2022 im Durchschnitt einen wirtschaftlichen Gesamteffekt von 210 Millionen Euro, verbunden mit rund 3.000 Arbeitsplätzen an den Standorten in überwiegend ländlichen Regionen.
Die Ausbildung an den BML-Schulen wirke sich positiv auf den Betriebserfolg und auf die persönliche Karriere aus, sagt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig: „Die moderne, vielfältige Ausbildung bringt neue wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die Praxis. Mit ihrer direkten und indirekten Wertschöpfung von rund 210 Millionen Euro sind unsere Schulen und Forschungseinrichtungen zudem ein Wirtschaftsfaktor in den Regionen.“

Die Studie

Die Studie „Zur Rolle der Bildungs- und Forschungseinrichtungen des BML als Qualifikations- und Wirtschaftsfaktor“ beleuchtet die wirtschaftlichen Effekte auf die jeweiligen Standorte sowie die konkreten Auswirkungen der Ausbildung auf Betriebserfolg und Karriere der Absolventen.

Streicher: „Über die Kernkompetenz Landwirtschaft hinausgehende Ausbildung im ländlichen und für den ländlichen Raum.“

Für Studienleiter Gerhard Streicher vom WIFO bieten die höheren Agrarschulen eine weit über die „Kernkompetenz Landwirtschaft“ hinausgehende Ausbildung „im ländlichen und für den ländlichen Raum“, so der Wirtschaftsexperte.

Die Einrichtungen

Zum Landwirtschaftsministerium gehören neben den elf Höheren land- und forstwirtschaftliche Schulen auch eine Forstfachschule und die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik mit insgesamt rund 5.000 Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden. Sechs dieser Bildungseinrichtungen sind mit einer Forschungsanstalt kombiniert. An diesen Lehr- und Forschungsstandorten in ganz Österreich sind 1.500 Personen beschäftigt.

Die Nachfrage-Effekte im Detail

Die direkte Wertschöpfung der Schulen auf die regionale Wirtschaft in den Jahren 2019 bis 2022 wird vom WIFO im Durchschnitt auf knapp 100 Millionen Euro geschätzt. Über Vorleistungs- und Zulieferverflechtungen kommen weitere rund 35 Millionen Euro dazu. Mit den Konsumeffekten aus der damit verbundenen Wertschöpfung erhöht sich der Gesamteffekt der BML-Schulen und -Forschungseinrichtungen auf rund 210 Millionen Euro und insgesamt 3.000 Beschäftigungsverhältnisse.

Wirtschaftsfaktor in den Standortregionen

Die regionalwirtschaftlichen Verflechtungen des Schulbetriebs weisen laut WIFO „eine merkliche Größenordnung“ auf. Die Dienststellen seien damit ein „Wirtschaftsfaktor“ in den Standortregionen. An einzelnen Standorten ist die Bedeutung besonders groß: So sind etwa zwölf Prozent der Arbeitsplätze in der Gemeinde Irdning-Donnersbachtal an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein zu finden.

Genauer untersucht wurde auch der wirtschaftliche Effekt der Forstfachschule Traunkirchen. Diese ist seit 2018 gemeinsam mit einer Forstlichen Ausbildungsstätte oder einem Forschungscluster im „Waldcampus“ am Traunsee untergebracht. Die Analyse zeigt, dass selbst ein vergleichsweise kleines Bildungszentrum relevante Nachfrageeffekte in kleinen, ländlichen Gemeinden auslösen kann. Neben den etwa 60 Personen, die direkt am Waldcampus (dessen größte Komponente die Forstfachschule bildet) beschäftigt sind, führen dessen Aktivitäten indirekt in der Gemeinde zu etwa 30 zusätzlichen Beschäftigten oder 50 Erwerbstätigen. Dies mag in absoluten Zahlen eine überschaubare Größe sein, bedeutet jedoch laut WIFO in Summe aber eine signifikante Erhöhung der Arbeitsplätze um fast ein Drittel in der Gemeinde, die ursächlich auf den Campus zurückzuführen ist.
Auch die Ausbildung an den Schulen des BML zeige positive wirtschaftliche Auswirkungen. Laut WIFO erhöht sich „die Beständigkeit bäuerlicher Betriebe signifikant“ bei höherer agrarischer Bildung der Betriebsleiter.

Ausbildung und Betriebserfolg

Mit einschlägiger Matura, Studienabschluss oder Meisterausbildung der Betriebsleitung hat der Betrieb über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten eine um acht Prozent höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als Betriebe mit Betriebsleitern ohne landwirtschaftliche Ausbildung. Zudem sind deren Absolventen, die unselbständig erwerbstätig sind, seltener und kürzer von Arbeitslosigkeit betroffen und ihr Einkommen ist etwas höher als jenes in der Vergleichsgruppe. Im Durchschnitt stammen fast drei von vier (72 %) der Schülerinnen und Schüler vom Land.

Höhere Agrarschulen leisten damit einen wichtigen Beitrag für gut ausgebildete Arbeitskräfte des ländlichen Raumes: Sie bilden Jugendliche aus diesen Regionen für Berufe in diesen Regionen aus. Viele sind später auch in anderen Branchen tätig, etwa im Handel, in der Warenproduktion oder in der öffentlichen Verwaltung sowie freiberuflichen und technischen Dienstleistungen.

Totschnig: „Für einen auch krisensicheren Agrarsektor brauchen wir gut ausgebildete wie auch fachlich versierte Bauern, die daheim innovative Ansätze praxisgerecht umsetzen.“

Sehr positiv bewerten diese auch ihre Ausbildung: Mehr als 90 Prozent würden sich wieder für die gewählte Ausbildung entscheiden, ein ähnlicher Prozentsatz würde die Ausbildung weiterempfehlen. Rund die Hälfte will den elterlichen Hof übernehmen oder hat ihn bereits übernommen.

Fazit

„Die Studie bestätigt unseren nachhaltigen Weg einer praxis- und zukunftsorientierten österreichischen Agrar- und Regionalpolitik. Investitionen in hochqualitative fachliche Ausbildung und Forschung sowie die Vernetzung mit Berufskolleginnen und Berufskollegen sind ebenso wichtig wie Investitionen in physisches Kapital“, zeigt sich der Minister überzeugt. Wissen sei stets „die beste Grundlage, um die vielfältigen und komplexen Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Digitalisierung bewältigen zu können“, so Totschnig.

Top-Ausbildung: Die vielfältigen Ausbildungsmöglichkeiten der Schulen des Landwirtschaftsministeriums reichen von Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau, Landschaftsgestaltung, Wein- und Obstbau über Ernährung, Biotechnologie und Landtechnik bis zu Digitalisierung sowie Umwelt- und Ressourcenmanagement. Die enge Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Praktika im In- und Ausland trägt zudem dazu bei, dass deren Absolventen am Arbeitsmarkt sehr gefragt sind. Durch die schulautonome Schwerpunktsetzung werden auch regionale Besonderheiten und neue Entwicklungen berücksichtigt, um noch gezielter auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes eingehen zu können.

- Bildquellen -

  • Besuch HBLFA: BML/Hemerka
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AUTORBernhard Weber
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