Das Weinjahr 2016 wird den österreichischen Winzern wohl als Achterbahnfahrt in Erinnerung bleiben, so launisch zeigte sich das Wetter. Letztlich stehen gute bis großartige Weinqualitäten in Weiß, Rot und Süß teils sehr geringen Mengen gegenüber.
Nach einem trockenen und warmen Winter kam es in vielen Weinbaugebieten Österreichs zu einem sehr frühen Austrieb der Reben. Ein massiver Kälteeinbruch in der letzten Aprilwoche führte in Folge zu schlimmen Frostschäden, wobei die ungewöhnliche Großwetterlage dazu führte, dass auch höher gelegene Rieden geschädigt wurden. Besonders betroffen waren die gesamte Steiermark, im Burgenland die Weinbaugebiete Neusiedlersee und Eisenberg sowie in Niederösterreich Carnuntum, die Thermenregion und der westliche Abschnitt der Wachau rund um Spitz. Kaum Frostschäden gab es hingegen in Wien und den übrigen Gebieten Niederösterreichs, in denen überdurchschnittliche Erntemengen eingebracht werden konnten.
Nach einem relativ feuchten Frühjahr war auch der Sommer sehr niederschlagsreich, längere Hitzewellen blieben aus. Viele Regentage brachten erheblichen Schädlingsdruck sowie Peronospora und Oidium mit sich. In der letzten Augustwoche aber wendete sich das Geschehen und eine sonnige, stabile Wetterperiode setzte ein, die im Wesentlichen während der ganzen Hauptlese anhielt. Auch wenn sich da und dort etwas Botrytis zeigte, konnte der Erntezeitpunkt doch zumeist sorgfältig gewählt werden.
Ausgewogene, fruchttiefe und sortentypische Weißweine
Nach den ersten Verkostungen der Jungweine sind durchwegs ausgewogene, fruchttiefe und sortentypische Weißweine zu erwarten. Der Alkoholgehalt liegt bei gutem Extraktgehalt deutlich unter jenem des Vorjahres, während die Säurewerte generell höher ausfallen als 2015, ohne besonders hervorzutreten. Grüne Veltliner im leichteren Bereich fielen so gut aus wie schon lange nicht mehr. Premium-Veltliner besitzen über guten Körper hinaus Strahlkraft und Feingliedrigkeit. Die anderen weißen Hauptsorten Riesling, Weißburgunder, Chardonnay und Sauvignon Blanc sollten in der Regel ebenso für fruchtbetonte und reintönige Weißweine sorgen, wobei man sich in den vom Frost betroffenen und somit ertragsarmen Gebieten rechtzeitig eindecken sollte.
Beim Muskateller zeichnen sich sehr unterschiedliche Charaktere ab, von sehr zarten und frischen bis hin zu blumigen und überdeutlichen Weinen. In der Thermenregion sind die autochthonen Rebsorten Rotgipfler und Zierfandler außergewöhnlich prägnant und harmonisch geraten. Auch der kapriziöse Rote Veltliner, der von Jahren mit Fäulnisdruck üblicherweise nicht begünstigt wird, ist dicht und markant gelungen wie beispielsweise im Jahrgang 2015. Für die Rieslinge erscheint eine detaillierte Bewertung noch etwas früh, doch sind sie offensichtlich sehr klar und animierend ausgefallen, wobei die Steinobstaromen bei rassiger Säurestruktur im Vordergrund stehen dürften. Keinen Anlass zu klagen bieten österreichweit auch die Burgunder-Sorten, sowohl Chardonnay als auch Weißburgunder und Grauburgunder brachten kraftvolle, aber auch feinlinierte und vermutlich lagerfähige Gewächse hervor.
Im Burgenland weisen die Weißweine sehr ähnliche Attribute auf, auch wenn sie zuweilen noch ein wenig füllig und fleischig erscheinen mögen. Umso positiver wirkt sich die frische Säure aus. In der Steiermark überwiegen leider die mehrfach erwähnten Minderernten, speziell bei den leichteren Ortsweinen. Allerdings haben sich die steirischen Produzenten besonders darum bemüht, ihre Lagen- und Premiumweine auch in diesem schwierigen Jahr möglichst vollständig herauszubringen. Erste Verkostungen zeigen Sauvignons und Morillons von beachtlicher Dichte, die schon frühzeitig elegant gerundet und balanciert über den Gaumen gleiten.
Strahlende Gesichter gibt es bei den Wiener Weinbauern, die abgesehen von einigen Einbußen durch Fäulnis eine gute Durchschnittsernte bei hohen Gradationen einfahren konnten, zumal (endlich einmal) Hagel und Unwetter ausblieben. Sämtliche Wiener Weißweinvarietäten erscheinen wohlgelungen und strukturiert. Der Wiener Gemischte Satz hat mittlerweile ein erfreulich hohes Durchschnittsniveau erreicht, das durch die günstigen Erntebedingungen von 2016 noch gefördert wurde.
Rotwein von straff bis dicht
Beim Rotwein erscheinen generelle Aussagen diesmal äußerst schwierig, da die Ergebnisse in den österreichischen Rotweinzentren recht unterschiedlich ausgefallen sind. Zum einen zeigen sich relativ strenge und straffe Gewächse, die in puncto Körper und Stilistik am ehesten mit den Jahrgängen 2004 und 2007 zu vergleichen sind, zum anderen aber auch ungemein dichte und gebündelte Tropfen, deren Extrakt- und Tanninreichtum auch den allerbesten österreichischen Rotweinjahrgängen in nichts nachstehen. Alle verfügen aber über eine gute Zucker-Gradation, einen mehr als ausreichenden zuckerfreien Extrakt und einen ziemlich kräftigen, aber nicht spitz oder unreif erscheinenden Gerbstoffgehalt. Manche Zweigelt besitzen so viel dunkle Frucht und Rasse, dass sie leicht mit ähnlich gearteten Blaufränkisch verwechselt werden können. Letztere sind besonders dunkel getönt und besitzen Aromen von Brombeeren, Zwetschken und Weichseln – hier könnte sich bei den besten Produzenten ein Ausnahmejahrgang anbahnen. Auch Cabernet und Merlot haben die nötige Reife erreicht und sollten keine Wünsche offen lassen, was Fülle und Tanningehalt anbelangt.
Süße Gunst der eisigen Stunden
Für eine endgültige Einschätzung der Prädikatsweine ist es noch etwas früh, insgesamt zeichnet sich jedoch eine mengenmäßig geringe Lese ab. Sehr erfreulich ist der frostige Schlusspunkt des Weinjahres 2016 in Gestalt von Eisweinen. Sowohl im Dezember als auch im Jänner 2017 gab es genügend Nächte mit der benötigten Kälte, sodass zahlreiche Winzer rassige und standfeste Eisweine erzeugen konnten, die auch die Fruchtmerkmale der einzelnen Rebsorten signifikant wiedergeben.