Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Wenig deutet derzeit darauf hin, dass die „Vernunftehe“ zwischen ÖVP und Grünen eine große Zukunft hat; weder mehrheits- noch stimmungsmäßig. Das ist bedauerlich. Denn die abtretende Regierung hat ihre Sache ganz gut gemacht. Und damit meine ich nicht allein, dass sie eine volle Legislaturperiode durchgehalten hat. Wobei allein das schon bemerkenswert wäre. Sie hat eine Pandemie gemeistert. Dass dabei auch Fehler passiert sind (Impfpflicht), wird niemand leugnen. Doch so unverzeihlich, wie manche mit unbändiger Wut behaupten, sind die Verfehlungen bei Weitem nicht.
Natürlich gibt es in den vergangenen fünf Jahren auch Blamables. Ich denke etwa an das Versagen beim Bodenschutz. Oder das Scheitern an der selbst auferlegten Bio-Quote in der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung (wer, wenn nicht Schwarz-Grün, sollte diese verankern?). Doch das gemeinsam Geschaffte überwiegt: von der Abschaffung der kalten Progression, einer Aufwertung des Bundesheeres, die ökosoziale Steuerreform, die Einführung des Klimatickets bis zum Nationalen Energie- und Klimaplan. Das ist nicht nichts. Nun drängen Parteien in die Regierung, die ihren internen Richtungsstreit nicht einmal in den wenigen Wochen eines Wahlkampfes beilegen können (SPÖ); die ihren Parteigängern ein Zurück in eine heile Welt versprechen, die es auch früher nie gab (FPÖ). Vielleicht reißen sich Schwarz und Grün ja doch noch einmal zusammen. Und wenn es sich rechnerisch nicht ausgehen sollte: Was spricht gegen eine Dreierkoalition mit den Neos? Die waren in den vergangenen Jahren immerhin die einzig konstruktive Oppositionskraft.
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- Weber Thomas: Michael Mickl