
BauernZeitung: Haben Sie sich als neues Gesicht im Bauernbund schon eingelebt?
SCHARZENBERGER: Gute Frage. Der Start war definitiv sehr intensiv, Stichwort Maul- und Klauenseuche. Jetzt geht es darum, dass wir die Bäuerinnen und Bauern bestmöglich betreffend Risiken und Schutzmaßnahmen informieren. Zum klassischen Einleben in den Büroalltag bleibt da wenig Zeit. Wir sind ja auch Service-Stelle für die Bundesländer, aber ich habe ein starkes Team um mich.
Sie sind die erste Direktorin des Österreichischen Bauernbundes. Welches Signal ist damit verbunden?
Es geht weniger um mich als Person, sondern um das große Ganze. Der Bauernbund hat österreichweit 200.000 Mitglieder, denen wir verpflichtet sind. Natürlich freut es mich sehr, dass ich die erste Frau in dieser Position bin. Das ist auch ein Signal an alle Frauen in der Land- und Forstwirtschaft, die hochtalentiert, hochqualifiziert und motiviert sind. Ich freue mich, wenn ich ihnen ein Vorbild sein kann.
Ihre politischen Wurzeln liegen in der JVP und dem ÖAAB. Was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe im Bauernbund?
Ich bringe mich gerne ein und diskutiere gerne aktiv in der Interessenvertretung mit. Als Juristin bin ich ein sehr strukturierter Mensch, der gerne analytisch an die Aufgaben herangeht. Das hat mir schon als Abgeordnete im Parlament sehr stark weitergeholfen. Als Steirerin aus dem Ennstal habe ich einen sehr starken Bezug zum ländlichen Raum und damit zur Land- und Forstwirtschaft.
Scharzenberger: Das Netzwerk des Bauernbundes reicht weit über Österreichs Grenzen hinaus.
Mit Ihrem bisherigen Blick von außen: Wo sehen Sie die Stärken des Bauernbundes?
Der Bauernbund ist im ländlichen Raum sehr tief verwurzelt. Wir haben Bauernvertreterinnen und -vertreter auf allen Ebenen, von der Gemeindestube über die Bezirke, in den Landtagen wie auch im Parlament. Aktuell stellen wir 15 Abgeordnete im Nationalrat und sechs im Bundesrat. Sie verschaffen in Wien als Praktiker den Anliegen der tausenden Bauernfamilien Gehör. Unser großes Netzwerk reicht bis weit über Österreichs Grenzen hinaus. Auf EU-Ebene haben wir mit Alex Bernhuber einen Abgeordneten, der unsere Anliegen ins Europaparlament trägt. In der Bundesregierung sind wir durch Norbert Totschnig mit einem ausgewiesenen Fachmann vertreten.
Er weiß, wie man die aktuellen Herausforderungen in der Agrarpolitik bewältigt. All das spiegelt die Kernkompetenzen des Bauernbundes wider. Die Praxisnähe unserer vielen Funktionäre ist unsere große Stärke.
Gegen den Bauernbund und seine Positionen wird auch oft sehr scharf geschossen. Wie wollen Sie generell Kritikern begegnen?
Wenn Kritik konstruktiv vorgetragen wird, ist sie auch willkommen und erwünscht. Bei einseitiger, tendenziöser oder gar ideologisch motivierter Kritik muss man aber mit einer klaren Haltung dagegen auftreten. Das machen wir auch, weil wir wissen, dass wir bei vielen Themen die entscheidenden Zahlen, Daten und Fakten auf unserer Seite haben.
Der Bauernbund will jetzt gemeinsam mit den Deutschen einen Europäischen Bauernbund etablieren. Was könnte dieses neue politische Netzwerk bewirken?
Das hat der Österreichische Bauernbund schon 2024 bei der Europawahl gefordert. Gemeinsam sind wir stärker. Wenn wir es schaffen, Allianzen zu bilden und uns über die Ländergrenzen hinweg zusammenzuschließen, dann stehe ich diesem Vorhaben sehr positiv gegenüber.
Apropos Deutschland: In Berlin dürfte die bayerische CSU die nächste Landwirtschaftsministerin stellen. Also Kaniber statt Özdemir. Hätte das auch Auswirkungen auf die Agrarpolitik in der EU und damit in Österreich?
Mit Michaela Kaniber würde Deutschland und darüber hinaus die EU wieder eine praxisnahe Stimme bekommen, die weiß, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen. Das wäre ein positives Signal sowohl für Bayern und für Deutschland als auch für Österreich. Erfreulich ist auch ein klares Bekenntnis zu einem starken und eigenständigen EU-Haushalt. Wenn Deutschland diesen Weg wieder konsequent verfolgt, ist das auch für unsere Bäuerinnen und Bauern ein gutes Zeichen.
Scharzenberger: Keine Kürzungen bei Abgeltungen für die Leistungen unserer Bauernfamilien.
Bei uns muss die neue Dreierkoalition einen massiven Sparkurs fahren. Was bedeutet das für die Landwirtschaft?
Ein ausgeglichenes Budget ist wichtig. Wir unterstützen den eingeschlagenen Konsolidierungspfad der Bundesregierung und wissen, dass jeder seinen Beitrag dazu leisten muss. Das darf aber nicht auf dem Rücken derjenigen Leistungsträger ausgetragen werden, die für unser tägliches Brot sorgen. Wir wissen sehr wohl, dass die Situation herausfordernd ist, werden uns aber weiterhin mit aller Kraft für die Absicherung der GAP-Mittel und die Beibehaltung des Agrardiesels einsetzen. Denn die Gelder der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sind schließlich keine Almosen, sondern eine Abgeltung der Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern.
In den vergangenen Tagen ist auch die Diskussion rund um Mercosur neu aufgeflammt. Dem Bauernbund wird vorgeworfen, „wegen ein paar Steaks“ diesen EU-Freihandelspakt zu blockieren. Was entgegnen Sie?
Das Beispiel mit den Rindersteaks ist sehr plakativ und es greift zu kurz. Worum geht es konkret? Vorgesehen ist ein zollreduziertes Importkontingent von 99.000 Tonnen Rindfleisch pro Jahr. De facto geht es aber um die Edelteile. Wir haben strenge Vorschriften beim Tierschutz, im Umweltbereich und bei den Sozialstandards, auf die sich die Konsumenten verlassen können. Gleichzeitig können eben genau diese Standards bei Fleisch aus den Mercosur-Staaten nicht gewährleistet werden. Das passt nicht und dagegen wehren wir uns.
Derweil schaut die ganze Welt gespannt nach Washington. Die massiven Zollerhöhungen, die von den USA avisiert wurden, sind ja vorerst ausgesetzt. Worauf muss sich die Landwirtschaft trotzdem in der Zukunft einstellen?
Es gibt zwar keine Entwarnung, aber derzeit eine leichte Entspannung. Alles kann sich rasch wieder ändern. Unsere Landwirtschaft darf aber nicht zum Spielball in einem globalen Handelskonflikt werden. Es geht nicht um Symbolpolitik, sondern um die Frage, ob wir künftig Lebensmittel noch selbst produzieren können.
Ein forderndes Thema ist auch die drohende Maul- und Klauenseuche. Vertrauen Sie darauf, dass derzeit alles in geordneten Bahnen läuft?
Ja, sicher! Alle notwendigen Schutzmaßnahmen sind aufrecht. Es wird bestmöglich und streng kontrolliert. Seitens der Behörden wird alles dafür getan, um den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Österreich zu verhindern.
Zur Person
Mag. Corinna Scharzenberger (34) stammt aus Irdning im Bezirk Liezen. Dort verbringt sie regelmäßig ihre Zeit auf einem Hof mit alten Nutztierrassen: Tauernschecken und Schwarznasenschafe. Als Juristin arbeitete sie in der Agrarbezirksbehörde Stainach, bevor sie als Abgeordnete zum Nationalrat (2019-2024) in die Politik gewechselt ist.
- Bildquellen -
- Scharzenberger: Katharina Berger