Harnstoff (Urea; 46 % N) ermöglicht bei richtigem Einsatz eine kostengünstige N-Düngung. Um den Kostenvorteil wirklich nutzen zu können, muss man die Spezifika des Dünge-Harnstoffs kennen. Denn die Stickstofffreisetzung aus dem Harnstoff ist vergleichbar mit jener von Gülle – erst nach einigen Umwandlungsschritten wird der im Dünger enthaltene organische Stickstoff pflanzenverfügbar (siehe Grafik). Weil durch die Umwandlungsschritte auch N-Verluste auftreten können, sind einige Regeln zu beachten.
Einarbeitung verhindert N-Verluste
Die dargestellten Umwandlungsschritte zeigen auf, dass das gasförmige Ammoniak verlustgefährdet ist. Je rascher Harnstoff in die Ammoniumform übergeführt wird, umso effizienter wirkt die Harnstoffdüngung. Günstige Voraussetzungen dafür sind:
• eine gute Bodenfeuchte,
• kühle Temperaturen und
• ein Boden pH-Wert unter 7.
Besonders verlustgefährdet ist daher die Harnstoffdüngung auf offenen und alkalischen Böden, bei warmer Witterung, Trockenheit und bei Wind. Dabei rechnet man mit 20 bis 40 Prozent an möglichen N-Verlusten, die zudem noch klimaschädigend wirken und auch die extensive Naturvegetation beeinträchtigen können.
Das Wissen um diese spezifischen Eigenschaften von Harnstoff und der dabei neu entstehenden Stickstoffverbindungen geben dem Praktiker aber auch die Handhabe, diese Verluste weitgehend zu verhindern.
Die geringsten Stickstoffverluste hat man daher bei der Einbringung des Düngeharnstoffs in die oberste Bodenschicht. Dies kann durch Bearbeitungsmaßnahmen, wie z. B. Striegeln oder Eggen, geschehen. Besonders wichtig ist diese Maßnahme bei Böden mit pH-Werten über 6,5. Im Optimalfall wäscht ein leichter Regen den Harnstoff in den Boden ein.
Bei noch nicht voll entwickelten Ackerkulturen kann Harnstoff gleichzeitig mit dem Striegeln des Unkrauts mit Boden bedeckt werden. Bei der Anwendung in schossende Getreidebestände braucht keine besondere Einarbeitung zu erfolgen, weil ein schossender Pflanzenbestand am Boden ein feuchteres Kleinklima aufweist, das die Ammoniakabwehung bremst. Zudem können die Pflanzen das Ammoniak teils über die Blattöffnungen aufnehmen und verwerten.
Harnstoffeinsatz bei Qualitätsweizen
Die häufig praktizierte Dreiteilung der N-Gabe bei der Qualitätsdüngung zu Weizen empfiehlt sich auch bei Harnstoff. Die erste N-Gabe sollte sich an der Bestandsentwicklung orientieren und wie bei KAS bemessen werden. Bei unterentwickelten Beständen ist die N-Gabe leicht zu erhöhen. Die langsamere Wirkung von Harnstoff ist bei kühler Witterung im Frühjahr ein Vorteil, weil eine übermäßige Bestockung unterbleibt.
Die zweite und dritte N-Gabe sollten gegenüber KAS um etwa eine Woche vorverlegt werden, damit ausreichend Zeit zur N-Mineralisierung des Harnstoffs bleibt. Bei der dritten Gabe ist abzuwägen, ob man beispielsweise aufgrund trockener Witterung nicht doch auf den unmittelbar und rasch wirkenden KAS zurückgreift.
Harnstoff bei Zuckerrübe, Mais und Kartoffel
Der Harnstoffeinsatz bei Zuckerrübe führt nach den bisherigen Versuchserfahrungen im Trockengebiet praktisch zu gleichen Erträgen und Qualitäten. Nur wenn der Boden ungünstige Gareeigenschaften, beispielsweise durch Verdichtung oder Festlagerung hat, und der Wasser- und Gasaustausch durch zuwenig Poren gestört ist, ist mit einer etwas langsameren N-Wirkung aus Harnstoff zu rechnen. Dies erkennt man, wenn die Bestände die typisch saftig grüne Färbung verzögert erreichen.
Bei Mais ist die Anwendung von Harnstoff gleichzeitig mit der Hacke sehr wuchsfördernd. Dabei läuft die langsame Umwandlung des Amid-Stickstoffs zu Nitrat-Stickstoff ideal parallel mit dem zeitlichen Verlauf der Nährstoffaufnahme.
Die langsamere N-Mineralisierung von Harnstoff ist bei Mais von Vorteil, weil er in der Jugend noch wenig Stickstoff aufnimmt und der umgewandelte Harnstoff-N weniger verlustanfällig ist. Wird Mais mit einer zweiten Gabe (am besten in die Reihe und nicht flächig) mineralisch gedüngt, so düngt man nur mit Harnstoff. In Kombination mit einer Hacke – allerdings nur auf flachen Flächen, damit keine Bodenerosion provoziert wird – bewirkt die Harnstoffdüngung einen enormen Wachstumsschub bei Mais.
Bei Kartoffel kann Harnstoff bis 120 kg N/ha als Unterfußbanddüngung mit drei bis fünf Zentimeter Abstand zur Knolle ohne Ätzschäden eingesetzt werden; noch höhere N-Gaben sind besser breitflächig auszubringen. Der Harnstoff wirkt zudem weniger bodenversauernd als Ammonsulfat und ist gegenüber KAS mit 140 kg N/ha teils sogar leicht überlegen. Durch die langsamere, spätere und bedarfsgerechtere N-Freisetzung bei Harnstoff lebt das ertragswichtige Blattchlorophyll länger und kann somit länger Stärke einlagern. Praxiserfahrungen mit Harnstoff sind durchwegs positiv.
Die Stickstoffwirkung von Harnstoff im Überblick
• Auf besseren Böden erreicht Harnstoff etwa die Wirkung anderer Stickstoffdünger.
• Auf leichteren und humusärmeren Sandböden wirkt Harnstoff schlechter, insbesonders bei fehlenden Niederschlägen.
• Zu Wintergetreide schneidet Harnstoff bei der frühen Anwendung in der Folge der starken Abhängigkeit der Umsetzung von den Temperaturverhältnissen oft schlechter ab als Kalkammonsalpeter. Bei späterer Anwendung ist die Wirkung gleich gut.
• Bei einer Vorsaat-Harnstoffdüngung kann es bei Mais, Rüben und Raps zu Keimschäden und damit zu Auflaufproblemen kommen.
• Auf Wiesen und Weiden verliert man bei Harnstoff genauso wie bei der Anwendung von Wirtschaftsdünger wegen der unvermeidlichen Ammoniakverluste zirca 15 bis 25 Prozent N. Die Verluste reduzieren sich deutlich, wenn nach der Düngung zehn bis 20 mm Niederschlag den Harnstoff in den Boden leicht einwaschen.
Nachteile sind beherrschbar
Für die Verwendung von Harnstoff als Dünger für Ackerkulturen sprechen vor allem die deutlich geringeren Kosten. Mit Sachkenntnis der Düngerwirkung sind auch die Nachteile dieser Düngerform beherrschbar. Rasche Einarbeitung in den Boden oder rasch folgende Niederschläge sind wichtige Hilfen gegen Ammoniakverluste.
Weitere Hinweise zur N-Düngung mit Harnstoff gibt es im Internet unter www.ages.at/themen/umwelt/boden/boden-und-duengerbroschueren/
Kontakt zum Autor unter E-Mail: johann.humer@gmail.com
Auf Anfrage stellt der Autor gerne weitere Fachliteratur zum Thema zur Verfügung. Rückmeldungen sind weiters erwünscht zu einezlbetrieblichen Erfahrungen mit der Harnstoffdüngung, (Ertragswirkung bei verschiedenen Kulturen und Bodarten, Ausbringung, ev. toxische Wirkung).
Wo Verluste möglich sind
Stickstoffverluste vermeiden, so lautet das Ziel einer sachgerechnten N-Düngung mit Harnstoff. Weil der Stickstoff im Harnstoff als Amid (-NH2) vorliegt, bedarf es zweier Umwandlungsschritte, damit der Stickstoff als Nitrat (NO3-) pflanzenverfügbar wird.Im ersten Schritt wird das sehr gut wasserlösliche Amid zu Ammoniak (NH3) und CO2 gespalten. Diese Reaktion wird durch das allgegenwärtige Enzym Urease sowie durch hohe pH-Werte gefördert und läuft selbst bei niedriger Bodentemperatur rasch ab. Ammoniak ist ein stechend riechendes, pflanzengiftiges und leichtflüchtiges Gas, wodurch N-Verluste eintreten können. Durch Kontakt mit Wasser wird Ammoniak jedoch in die Ammonium-Form (NH4+) übergeführt, die mit dem Bodenhumus eine stabile und schwer wasserlösliche Bindung eingeht. Der Ammonium -Stickstoff ist dann sogar bei höheren Niederschlägen nicht mehr auswaschungsgefährdet.Damit der Stickstoff schließlich pflanzenverfügbar wird, bedarf es weiterer Umwandlungsschritte von Ammonium über Nitrit (NO2-) zu Nitrat (NO3-). Auslöser dieser Reaktionen sind Bodenbakterien. Das Nitrit ist dabei nur eine kurzlebige Zwischenverbindung. Entscheidend für eine gute Stickstoffversorgung der Pflanzen ist das Nitrat. Nitrat hat eine sehr gute Wasserlöslichkeit und wird von den Wurzeln gierig gesucht und aufgenommen. Da der Boden bzw. Humus das Nitrat nicht bindet, ist es sehr auswaschungsgefährdet. Die Umwandlungsgeschwindigkeit von Harnstoff zu Nitrat hängt von Umweltbedingungen, vor allem von der Bodentemperatur ab. Das erklärt bei Harnstoff die viel langsamere Düngewirkung bei kühler Witterung im Vergleich zu rasch wirksamen Nitrat-Stickstoffdüngern wie Kalkammonsalpeter (KAS bzw. Nitramoncal) oder Volldüngern.
Lagerung und Ausbringung
- Harnstoff bringt einige Besonderheiten und Erschwernisse mit sich, die aber mit zunehmender Erfahrung beherrschbar sind: Harnstoff ist hygroskopisch, zieht also Wasser an, und kann nur mit Vorbehalten in der Lose-Dünger-Kette verwendet werden.
- Rasches Verschmieren des Harnstoffs und damit eine kurzfristige Änderung der Streumenge und des Streubilds können ebenfalls als Schwächen der Harnstoffdüngung bezeichnet werden.
- Harnstoff ist je nach Hersteller unterschiedlich fein gekörnt (1,85 bis 3,30 Millimeter Durchmesser). Im Vergleich zu Kalkammonsalpeter ist Harnstoff feiner gekörnt und hat ein geringeres spezifisches Gewicht (Harnstoff 700 kg/m3, Kalkammonsalpeter 1100 kg/m3). Geringeres Düngergewicht und kleinere Körner bedeuten geringere Wurfweite und abweichendes Verhalten beim Ausrieseln aus dem Düngestreuer.
- Die hohe Konzentration des Harnstoffs mit 46 Prozent N hat zur Folge, dass zum Beispiel bei einer Aufwandmenge von 60 bis 100 kg N/ha nur eine Streumenge von 130 bis 220 kg/ha Harnstoff auszubringen ist. Exaktstreuer können diese Aufgabe am besten lösen. Harnstoff stellt höhere Ansprüche an die Düngerverteilung. Das präzise gleichmäßige Streuen von
- Harnstoff ist sehr vom Streuertyp abhängig. Bei Schleuderstreuern und ungleicher Düngerkörnung besteht die Gefahr von Streufehlern. Auch der Windeinfluß ist bei Harnstoff deutlich größer als bei Kalkammonsalpeter. Für die Gleichmäßigkeit des Streubildes ist die gleichmäßige Düngekörnung und die Art des Düngerstreuers entscheidend.
Andreas Humer