Wolfsmanagement: EU-Abgeordnete appellieren an Umweltkommissar

Die österreichischen EU-Abgeordneten ÖVP-Umweltsprecher Alexander Bernhuber, ÖVP-Agrarsprecherin Simone Schmiedtbauer und die Tiroler Abgeordnete Barbara Thaler sowie der Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann trafen in Brüssel Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius

Die EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber, Lena Düpont, Simone Schmiedtbauer, Barbara Thaler und Herbert Dorfmann beim Treffen mit EU- Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius (2.v.r.). Foto: EVP Fraktion/Stavros Tzovaras

Hintergrund des Gespräches in Brüssel war eine parlamentarische Anfrage an den Kommissar zur Wolfsproblematik, die zuletzt vielen heimischen Almbauern zugesetzt hat. Die Abgeordneten wollten darin wissen, weshalb der Alpenraum noch nicht zu einer wolfsfreien Zone erklärt wurde und welche Schritte erfolgen müssen, um wolfsfreie Zonen zu etablieren. Die Antwort des EU-Kommissars: „Nach EU-Recht können aus mehreren Gründen keine regionalen wolfsfreien Zonen eingerichtet werden.“ Es gäbe alternative Maßnahmen zur Verhinderung bzw. Verringerung von Schäden. Zudem würden sich solche Zonen negativ auf den Erhaltungszustand der Arten auswirken. Der Wolf ist nach EU-Recht durch Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) als besonders schutzbedürftig ausgewiesen.

In ihrer Anfrage wollten die Abgeordneten wissen, wieso der „günstige Erhaltungszustand“ der Wolfspopulationen auf nationaler Ebene betrachtet werde, wenn es doch um den gesamteuropäischen Wolfsbestand gehe und inwiefern die Entnahme einzelner Wölfe sich negativ darauf auswirke. Dazu hieß es aus der EU-Kommission, dass  sich dies nur anhand einer Einzelfallprüfung feststellen ließe. Und auf die Frage, welche Schritte geplant sind, um traditionelle landwirtschaftliche Verfahren wie die Weide-und Almwirtschaft zu schützen, antwortete Sinkevičius vage: „Im Rahmen ihrer Agrar‐und ihrer Umweltpolitik unterstützt die Kommission die Mitgliedstaaten aktiv bei der Verringerung von Konflikten und der Verbesserung der Koexistenz mit Großraubtieren.“

Gemeinsam mit der deutschen EU-Abgeordneten Lena Düpont und anderen Abgeordneten griff Bernhuber die Thematik auch in einem Brief an den EU-Kommissar auf. In seiner Antwort ging Sinkevičius  auf „erfolgreiche Beispiele aus allen Mitgliedstaaten“ ein, die  zeigen würden, „dass Koexistenz von Wolf und Viehzucht möglich ist, sofern geeignete und maßgeschneiderte Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel elektrische Zäune oder Herdenschutzhunde, wirksam umgesetzt werden.“ Die verursachten Schäden durch den Wolf ließen sich dadurch deutlich verringern und „die Kosten für wirksame Schutzmaßnahmen können im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU gefördert werden.“ In Ausnahmefällen, wenn es keine zufriedenstellende Lösung gibt, könne die Entnahme bzw. der Abschuss einzelner Tiere möglich sein, so der EU-Kommissar. Außerdem müsse der „günstige Erhaltungszustand erreicht“ sein.

„Hirtenhunde und Weidezäune nicht umsetzbar“

Hier setzt Alexander Bernhuber an: „Europas Wolfspopulation wächst jedes Jahr um ca. 40% und beträgt derzeit rund 18.000 Wölfe. Hier noch von einer aussterbenden Art zu reden, entspricht nicht mehr der Realität. Die Europäische Kommission muss endlich auf die Sorgen Europas Landwirte hören und aufhören mit aberwitzigen Vorschlägen wie Hirtenhunde und Weidezäune, die nicht leistbar und in vielen Regionen nicht umsetzbar sind.“ In vielen Regionen übersteige die Wolfspopulation sogar die Schwellenwerte. Das gehe aus einer gutachterlichen Stellungnahme der Universität für Bodenkultur Wien hervor, so die Abgeordneten in ihrer Anfrage.

“Die Wölfe in Österreich stellen eine ernstzunehmende Bedrohung für unsere heimische Alm- und Weidewirtschaft dar“, führt auch Schmiedtbauer aus, die meint: „Wir dürfen uns diese naturverbundene Art der Viehwirtschaft aber nicht von den sogenannten großen Beutegreifern kaputtmachen lassen.“ Sie habe Verständnis dafür, dass der Wolf vor Jahrzehnten unter Schutz gestellt wurde, doch heute müsse man der Realität ins Auge blicken. „Ein unproblematisches Nebeneinander von Wölfen und Nutztieren in unserer Kulturlandschaft ist Illusion und darum muss ein brauchbares Wolfsmanagement auch die Möglichkeit zur Entnahme von Problemtieren bieten.“

Thaler macht in diesem Zusammenhang auf die Situation in ihrem Bundesland aufmerksam. „Tirol war dieses Jahr besonders stark von Wolfsrissen betroffen. Ein Blick auf unsere Almen beweist, dass Herdenschutz im Alpenraum kaum möglich ist“, zeigt sich die Tiroler EU-Abgeordnete alarmiert.

Nach dem Gespräch mit dem EU-Kommissar, der auch betonte, um eine praktikable Lösung bemüht zu sein, gibt es erste Fortschritte. So wird es einen Folgetermin geben. Laut Sinkevičius geht es dabei darum, die Leitlinien zu diskutieren, die die Anwendung der Bestimmungen der FFH-Richtlinie durch die Mitgliedstaaten erleichtern soll.  Sinkevičius möchte diese Leitlinien im 1. Quartal 2021 präsentieren.

(V.S.)

- Bildquellen -

  • Meeting bei Sinkevicius: EVP Fraktion /Stavros Tzovaras
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