Der heimgegangene Pontifex Maximus gab am 11. Februar 2013 in einem Konsistorium den in Rom anwesenden Kardinälen in einer in Latein gehaltenen Ansprache seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen bekannt. Er war nach Papst Gregor V. (996) der zweite bayerische Papst und nach Papst Coelestin V. (1294) der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurücktrat.
Er galt als Gelehrter auf dem Papstthron, der seine Antworten auf die konkreten Herausforderungen und Fragen der Gegenwart aus dem Glauben ableitete. Er zeigte immer wieder seine Bemühungen, die Einheit der Kirche wieder herzustellen.
Werdegang von Joseph Ratzinger
Joseph Ratzinger kam am 16. April 1927 in Marktl am Inn in Bayern zur Welt. Gleichzeitig mit seinem Bruder Georg empfing er am 29. Juni 1951 aus der Hand des damaligen Erzbischofs von München und Freising, Michael Kardinal Faulhaber, das Sakrament der Priesterweihe im Freisinger Mariendom. Seine theologische Brillanz veranlasste den Kölner Kardinal Josef Frings, den gerade 35-jährigen Joseph Ratzinger zu seinem Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu machen. Über viele Gespräche mit anderen Konzilsvätern nahm Ratzinger erheblichen Einfluss auf diese größte Kirchenversammlung des 20. Jahrhunderts. Er galt als einer der bedeutendsten Kardinäle und wurde häufig als theologische und kirchenpolitische rechte Hand von Papst Johannes Paul II. bezeichnet.
Er geriet in Kritik wegen seines Umganges mit Missbrauch-Tätern zur Zeit seiner oberhirtlichen Zeit in München, obwohl er als Papst strenge Regeln für den Umgang mit solchen Tätern einführte und allein in der zweiten Hälfte seines Pontifikats über 500 Priester deshalb in den Laienstand versetzte.
Joseph Ratzinger wurde am 19. April 2005 zum Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche von 115 Kardinälen im vierten Wahlgang nach nur 26 Stunden Konklave zum Nachfolger Papst Johannes Paul II. gewählt. Davor war Joseph Ratzinger Dekan des Kardinalkollegiums und Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre (1982).
Mit ihm gab es nach 482 Jahren wieder erstmals einen deutschen Papst. Seine drei Enzykliken gehören zum Besten päpstlicher Theologie. Größtes Thema seiner Amtszeit war die Ökumene. Mit dem Patriarchen von Konstantinopel entwickelte sich echte Freundschaft. 2006 löste ein Detail eines hochintellektuellen Vortrages in Regensburg einen Sturm in der islamischen Welt aus – viel vatikanische Krisendiplomatie war gefragt. Ein weiteres zentrales Anliegen war dem deutschen Papst die Versöhnung von Kirche und Judentum. Der Skandal um heimlich kopierte vertrauliche Dokumente machte Benedikt XVI. das letzte Amtsjahr schwer. Es folgte jener Akt, der ihm einen Platz in den Geschichtsbüchern sichert: Der erste freiwillige Amtsverzicht eines Papstes seit 718 Jahren erfolgte. Das war theologischer Befreiungsschlag und Sprengsatz zugleich.
Südtiroler Wurzeln
Ratzingers Großeltern wohnten in einer Mühle in Mühlbach in Südtirol, die von der Rienz mitgerissen wurde. Danach sind sie nach Bayern ausgewandert. Zur Wallfahrtskirche in Absam hatte er eine persönliche Beziehung, denn seine Großmutter Maria Tauber-Peintner heiratete dort am 13. Juli 1885 den Bäckermeister Isidor Rieger. Ab Beginn der 1970er-Jahre verbrachte Joseph Ratzinger, damals Erzbischof von München und Freising und Universitätsprofessor, immer wieder den Urlaub in der alten Tiroler Bischofsstadt Brixen. Deshalb war es kein Wunder, dass sich Benedikt XVI. vom 28. Juli bis 11. August 2008 in Brixen aufhielt.
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