Lebensqualität Bauernhof: Wo Sorgen gehört werden

Ob Generationenkonflikt, Arbeitsüberlastung, Einsamkeit oder Suchtproblem. Ab dem kommenden Jahr finden Bäuerinnen und Bauern bei der Landwirtschaftskammer qualifizierte Ansprechpersonen mit einem offenen Ohr. Damit hat Oberösterreich nun ein eigenes „bäuerliches Sorgentelefon“.

Wenn es am Hof kracht, ist nicht nur die Beziehung in Gefahr, sondern auch der Betrieb.

Der Erfolg eines Betriebes ist erheblich von der persönlichen Gesundheit der Bäuerin und des Bauern abhängig. Wer einmal strauchelt und droht von betrieblichen oder familiären Problemen erdrückt zu werden, sollte nicht zögern darüber zu reden und nach Hilfe zu fragen. „Das Schamgefühl in bäuerlichen Familien ist oft groß. Doch Bäuerinnen und Bauern müssen lernen über ihre eigenen Bedürfnisse zu reden. Nur auf stabilen Betrieben ist unternehmerischer Erfolg möglich“, betont Agrarlandesrat Max Hiegelsberger. Aus diesem Grund finanziert das Land Oberösterreich ab Jänner 2022 eine eigene Beratungsstelle, die – Nomen est Omen – die „Lebensqualität am Bauernhof“ erhöhen soll. Die Idee dazu wurde im Strategieprozess „Zukunft Landwirtschaft 2030“ geboren.

Ob Betrieb oder Familie – Kammer ist erste Anlaufstelle

Eingerichtet wird die Erstanlaufstelle für bäuerliche Sorgen an der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Warum? Das erklärt Projektleiterin Heidemarie Deubl-Krenmayr: „Für viele Bäuerinnen und Bauern ist die Landwirtschaftskammer bei vielen Themen die erste Anlaufstelle. Durch die Installation der neuen Beratungsstelle können die konflikt- und emotionsreichen Erstkontakte gut und fachlich richtig bewältigt werden.“

Bei den Beratern selbst setzt man auf Geschlechtergleichheit – die Stellen sollen mit Frauen und Männern besetzt werden – und auf landwirtschaftlichen Hintergrund. „Es hilft, wenn am anderen Ende der Leitung jemand sitzt, der die bäuerlichen Hintergründe kennt und versteht. Das ist wichtig, um die verzwickte Situation, die Ängste und Nöte der Bäuerinnen und Bauern gut nachvollziehen zu können“, so Kammerpräsidentin Michaela Langer-
Weninger. Sie macht zudem Mut Außenstehende um Hilfe zu bitten: „Das ist der erste Schritt zur Veränderung.“

Bestehende Netzwerke nutzen

Auf der Kammer gut aufgehoben ist „Lebensqualität Bauernhof“ auch deshalb, weil dort gute Kooperationen mit Partnern wie der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) oder dem Maschinenring gepflegt werden. Diese Organisationen sind oft wichtig, wenn es darum geht Abhilfe und Entlastung zu schaffen.

Zahlen sprechen für sich – Beratungsbedarf ist da

Das Format „Lebensqualität Bauernhof“ ist nicht neu. Seit mehr als zehn Jahren besteht auf Bundesebene ein solches niederschwelliges Angebot. Erste Anlaufstelle für Landwirte ist das „bäuerliche Sorgentelefon“. Die OÖ Beratungsstelle wird in diese Initiative der Landwirtschaftskammern und des LFI eingebettet. Dass es einen Bedarf auf Landesebene gibt beweist alleine die Tatsache, dass bis dato die meisten Anrufer aus Oberösterreich (35 Prozent) kommen. Im Jahr 2020 hat das Sorgentelefon 1250 Telefonate geführt. Seit dem Bestehen wurden außerdem mehr als 7000 psychosoziale Beratungen geführt. Die häufigsten Themen sind Generationenkonflikte und Herausforderungen bei der Hofübergabe. Im Steigen begriffen sind aber auch Arbeitsüberlastung und Burn-out. Gleiches gilt für Gewalt und Sucht auf den Höfen – oft ein Ventil zu großer betrieblicher Arbeitsbelastung.

Bei Anruf Hilfe – Lebensqualität Oberösterreich
■ Lebensqualität Bauernhof Oberösterreich startet am 1. Jänner 2022.
■ Die Beratungsstelle ist unter der Telefonnummer 050/69 02-18 00 erreichbar. Wer lieber schreibt, kann sich via E-Mail an lebensqualitaet@lk-ooe.at um Rat und Hilfe bemühen.
■ Die Beratung ist kostenlos. Das Land Oberösterreich übernimmt die Finanzierung. Dafür werden ca. 150.000 Euro pro Jahr veranschlagt.
Angestellt werden zwei bis drei (Teilzeit)Mitarbeiter à 1,5 Arbeitskräfte.

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AUTORElisabeth Hasl
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