Der Warnschuss

Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.

Der Schock sitzt tief, obwohl die politische Szene die Realität mit dümmlichen Wortspielen an der Mur („StalinGraz”) und peinlich-bemühtem Jubel in Oberösterreich zu verniedlichen sucht.
Ja, der kleine Wahlsonntag in Österreich hat spektakuläre Überraschungen gebracht, die einen gemeinsamen Nenner haben: Den offensichtlich tief sitzenden Frust vieler Wähler über das, was politisch – Corona hin oder her – in der Republik so vor sich geht.
„MFG” – „MenschenFreiheitGrundrechte” – heißt jene Liste, erst vor ein paar Monaten gegründet, die aus dem Nichts mit 6,2 Prozent in den Landtag Oberösterreichs einzieht. 50.325 Bürger wählten MFG, man luchste dafür jeweils über 15.000 der FPÖ und ÖVP ab, ferner jeweils über 7.000 der SPÖ und den Grünen und 2.000 den Neos. Ein katastrophaler Wählerstrom für das Parteienestablishment.
Noch ärger traf es eben dieses in Österreichs zweitgrößter Stadt, in Graz.
Dort stürzte Elke Kahr, Chefin der skurril-linken, aber keineswegs ideologischen „kommunistischen” Stadtpartei, den Langzeit-Bürgermeister der ÖVP, Siegfried Nagl. Warum? Weil sie seit Jahren in caritativer Art für hilfsbedürftige Grazer Bürger sorgt, selbst mit ihrem Politikersalär. Darum liefen ihr jetzt zusätzlich jeweils 3000 Wähler von SPÖ und den Grünen zu sowie je 2000 der ÖVP und der FPÖ, plus 4000 frühere Nichtwähler.
Fazit: Oberösterreich und Graz sind ernste Signale für die etablierten Parteien. Deren Schönredereien klingen zunehmend hohler, die Bürger beginnen sich enttäuscht abzuwenden.
 

wachter.hubert@aon.at

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