Die Frage nach dem optimalen Behältnis ist in Österreich relativ leicht zu beantworten. Hochwertiger Wein wird in Glasflaschen gefüllt. Andere Optionen wie Kunststoffflaschen, Tetra Pak, Bag in Box, Keramikgefäße, Tongefäße und anderes spielen hierzulande praktisch keine Rolle. Sehr viel schwieriger ist dann die Entscheidung im Hinblick auf den optimalen Verschluss zu treffen. Dazu muss der Winzer vorweg einige Rahmenbedingungen abklären.
Als Winzer ist man meist geneigt, den bestmöglichen Verschluss für die Weinqualität auszusuchen. So seltsam dies klingt: Der “beste” Verschluss (für die Weinqualität) ist nicht immer der optimale Verschluss. Was dem “Wein” bzw. dem Winzer gefällt, muss nicht unbedingt dem Kunden gefallen. Und was dem Kunden gefällt, muss nicht immer dem Kostenrechner gefallen.
Um den optimalen Verschluss zu finden, sind also viele Faktoren zu berücksichtigen. Doch welche Verschlüsse gibt es überhaupt, und welche Vor- und Nachteile haben sie?
Naturkork
Der bekannteste und beliebteste Verschluss für Rotwein ist nach wie vor der Naturkork. Die wesentlichen Vorteile sind das gute Image beim Konsumenten und die lange Erfahrung mit ihm. Durch diese lange Erfahrung kann bei optimalem Korkmaterial der Reife- und Lagerungsprozess sehr gut vorhergesagt werden. Und da wären wir schon beim Hauptproblem. Der Naturkork ist (mehr oder weniger) ein Naturprodukt, das sehr großen Qualitätsschwankungen unterliegen kann. Trotz modernster Herstellungs- und Analysemethoden ist es noch immer nicht möglich, ein einigermaßen fehlerfreies Produkt zu garantieren.
Aber der Naturkork ist doch immerhin ein Naturprodukt, oder!? Die meisten Konsumenten stellen sich die Flaschenkorkproduktion etwa so vor: Aus der Rinde der Korkeichen wird der Flaschenkork he-rausgestanzt und dann als Verschluss verwendet. Teilweise bekannt ist dann nur noch, dass die Korkrinde gewaschen wird. Was dann weniger bekannt ist, sind die anschließenden Schritte wie: Bleichung, “Kosmetik” in Form von Verschließen von “Löchern” an der Oberfläche und Ähnliches. Und damit ein Kork in die Flasche “hineingeht” und vor allem wieder “herausgeht”, aber auch zur Erhöhung der Dichtigkeit wird dieser z. B. mit einer dünnen Silikon-Kautschuk-Schicht überzogen.
Oft bekommt man von Winzern und Konsumenten zu hören: “Aber das Wichtigste am Naturkork ist doch, dass der Wein atmen und sich entwickeln kann.” Besonders wichtig soll daher der Naturkork bei teuren Premiumweinen sein. Interessant ist hier oft, dass gerade Winzer, die mit dieser “Korkatmung” argumentieren, versuchen, ihre Premiumweine mit Siegellack oder Wachs über dem Korken an dieser Atmung zu hindern.
Verbundkorken
Technische Korken sind Verbundkorken in unterschiedlicher Zusammensetzung. Sie werden in der Regel aus Korkschrot und einem Bindemittel hergestellt. Als eine Weiterentwicklung dieser “Presskorken” kann der Zweischeibenkork aus einem Agglomeratkern und beidseitig aufgeklebten Naturkorkscheiben gesehen werden. All diese Systeme konnten das Problem des Korkgeschmackes aber nicht lösen. Ganz im Gegenteil sind billige Presskorke sogar eher ein Garant für Weine mit Korkgeschmack.
Anders sieht die Situation bei Verbundkorken der neuen Generation aus. Der Bekannteste aus dieser Gruppe ist der Diam (“Diamant-Kork”). Bei diesem Kork wird das Korkgranulat vor der Weiterverarbeitung mit superkritischem CO2 behandelt. Superkritisch bezeichnet einen speziellen Zustand, bei dem CO2 wie ein Gas in den Korken eindringen kann, aber die Lösungseigenschaften einer Flüssigkeit hat. Damit kann das Korkgranulat weitgehend von störenden Stoffen wie Trichloranisol, Tribromanisol (verantwortlich für den Korkgeschmack, siehe Infokasten auf Seite 10) sowie etwa 150 weiteren Stoffen gereinigt werden. Danach wird das Korkgranulat mit hochreinem Polyurethan (und damit ohne “Klebstoffton”) zum Korkstopfen geformt. Kleine Mikrokügelchen, sogenannte Mikrosphären, füllen die Zwischenräume des Korkens aus, damit keine Flüssigkeit in den Korken eindringen kann und der Diam eine ausreichende Elastizität erhält.
Der Diam ist in Österreich mittlerweile schon seit etwa zehn Jahren im Einsatz. Untersuchungen zeigen nach etwa zehn Jahren Lagerung sehr gute Ergebnisse bei Rotweinen, aber auch gute Resultate bei Weißweinen.
Drehverschluss
Die bekannteste Alternative zum Naturkorken stellt in Österreich der Drehverschluss (Schraubverschluss, Aluminium-Anrollverschluss) dar. Im Weißweinbereich hat er in vielen Bereichen den Naturkork schon weit überholt. In der Steiermark mit ihrem leichten und fruchtig-frischen Weißweinstil berichten Flaschenhändler von bereits etwa 95 Prozent Marktanteil des Drehverschlusses. Beim Rotwein schaut es (noch) anders aus.
Aus technologischer Sicht gibt es kaum Argumente gegen den Schraubverschluss. In Österreich ist er bereits seit mehr als zehn Jahren im Einsatz. International gibt es noch viel längere Erfahrungen damit. In puncto Sicherheit gegenüber unerwünschtem “Korkgeschmack” ist der Schraubverschluss dem Korken jedenfalls weit überlegen. Der Schraubverschluss ist sicher abdichtend, gasdicht, hält je nach Ausführung zwei bis acht bar Innendruck aus und ist leicht zu öffnen bzw. wieder zu verschließen. Auch preislich ist der “Schrauber” sehr günstig.
Was also spricht gegen ihn? Die Hauptprobleme sind immer noch das Image und die Tradition im Weinbereich. Was bei Weißweinen mittlerweile akzeptiert wird, funktioniert bei Rotwein noch immer nicht so richtig. Vor allem bei teuren Rotweinen erwartet der österreichische Konsument noch immer den Korken. Noch wichtiger ist ein “echter” Korken meist bei Kunden im Ausland.
Neben dem klassischen Schraubverschluss, wo das Gewinde im Zuge des Verschließens “aufgerollt” wird und danach auch als Gewinde erkennbar ist, gibt es die Gruppe der “optisch hochwertigeren” Schraubverschlüsse mit Innengewinde. Diese haben außen eine glatte Metallhülle, in der sich der Kunststoffeinsatz mit Innengewinde befindet. Für die Verschraubung wird hier ein Schraubkopf mit Drehmomentkupplung verwendet.
Kronenkork
Im Moment ist der Kronenkork bei 0,75 Liter-Flaschen de facto nicht in Verwendung. Bei Sektflaschen sieht das schon anders aus: Während der Lagerung auf der Hefe ist dieser Verschluss der Regelfall, und auch bei verkaufsfertigen Flaschen wird dieser schon vereinzelt verwendet. Das Hauptargument bei Wein gegen den Kronenkork ist das schlechte und billige Image. Rein fachlich ist ein (hochwertiger) Kronenkork (und hier vor allem der Edelstahlkronenkork) ein ausgezeichneter Verschluss. Was Aroma-Neutralität gegenüber dem Wein und vor allem Dichtheit anbelangt, ist ein hochwertiger Edelstahlkronenkork praktisch allen anderen gebräuchlichen Verschlüssen überlegen.
Kunststoffstopfen
Kunststoffstopfen (umgangssprachlich oft als Kunststoffkorken oder Plastikkorken bezeichnet) haben in Österreich sehr stark an Marktbedeutung verloren. Man unterscheidet hier zwischen Korken, die nach dem Extrusions- und dem Spitzgussverfahren hergestellt werden. Das Problem des “Korkgeschmackes” zeigen diese Verschlüsse nicht. Allerdings brachten sie (vor allem bei den frühen Produkten und entgegen den Versprechungen der Hersteller) zahlreiche andere Probleme mit sich. Weinfremde Aromen, zu rascher Sauerstoffeintrag und damit zu rasche Alterung sowie Probleme, den Verschluss wieder aus der Flasche herauszubekommen, führten zu einem nachhaltig schlechten Ruf dieses Verschlusses. Der Kunststoffstopfen hatte ursprünglich den Vorteil, dass keine Umrüstung der vorhandenen Naturkork-Verschließeinrichtungen nötig war und die Optik dem Naturkorken sehr nahe kommt. Aufgrund der Probleme mit den Kunststoffstopfen haben mittlerweile aber die meisten Betriebe, die auf der Suche nach Alternativen zum Naturkorken waren, auf den Schraubverschluss umgestellt. Auch wenn die aktuellen Kunststoffstopfen qualitativ deutlich besser geworden sind als die frühen Produkte, sehen wohl die meisten Winzer in Österreich im Moment keinen Grund, wieder auf diese Art des Verschlusses zu setzen.
Glasverschluss
Obwohl auch beim Glasverschluss (“Glaskork”) die Dichtung zwischen dem Glasstopfen und der Flasche aus Kunststoff besteht, hat er nicht das Image des “weinfremden und unnatürlichen” Kunststoffverschlusses, sondern ein ähnlich hochwertiges wie Naturkorken. Den “Glaskork” gibt es in Österreich nun auch schon seit etwa zehn Jahren. Der große Nachteil der fehlenden Erfahrungswerte ist damit heute nicht mehr gegeben. Das Lagerverhalten des Glasverschlusses kann als sehr gut betrachtet werden. Die Kundenakzeptanz ist auch sehr hoch. Als Nachteile wären der relativ hohe Preis von Flasche und Verschluss zu nennen sowie der relativ schwierige Verschlussprozess. Vollautomatische Verschlusseinrichtungen sind noch sehr selten zu finden. Außerdem gibt es wenige Erfahrungen mit vollautomatischen Verschluss-Systemen.
Exoten/Neues: Schattendasein in Östereich
• Zork: ein aus Australien stammender Verschluss, der zur Gruppe der Kunststoffstopfen gehört. Er Ist aber ähnlich wie ein Griffkork leicht mit der Hand und ohne Korkenzieher zu öffnen. Der “Hauptgag” ist vermutlich, dass dieser Verschluss beim Öffnen das typische “Plopp”-Geräusch erzeugt.
• Glastwister: Dabei handelt es sich um einen Schraubverschluss, der den Kontakt zum Wein hauptsächlich über eine Glaslinse oder eine getoastete Holzlinse herstellt.
• Biotwister und Woodtwister: Sie liegen ganz im Trend der nachhaltigen Produktion. Die Verschlüsse werden überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt.
• Korked Spin: ein Schraubverschluss mit einer gasdurchlässigen Membran zur gezielten Zuführung von Sauerstoff. Das klingt gut, er konnte aber bei Testreihen an der HBLA u. BA Klosterneuburg bisher nicht überzeugen.
• Handi-Cap: ein Schraubverschluss mit bereits vorab eingepresstem Innengewinde. Dieser Verschluss kann mit der Hand angebracht werden. Er ist für Kleinst- und Hobbybetriebe, die über keine maschinelle Ausstattung zum Verschließen der Flaschen verfügen, interessant.
• Helix: Dieses Konzept kombiniert eine Art Griffkork mit einer Glasflasche, deren Hals innen mit einem gewindeartigen Profil versehen ist. Mit diesem Korken kann die Flasche sehr leicht geöffnet, aber auch wieder verschlossen werden.
Umwelt: Nachhaltigkeit und CO2-Fussabdruck
Dieses Thema wird immer stärker aufgegriffen, spielt aber objektiv betrachtet gerade beim Verschluss eher eine vernachlässigbare Rolle. Kunststoffstopfen, Glasverschluss und Schraubverschlüsse aus Aluminium zeigen einen geringfügig schlechteren CO2-Fußabdruck als Naturkorken in Verbindung mit einer Kunststoff-Kapsel. Beim Thema Nachhaltigkeit und CO2-Fußabdruck ist aber gerade das Standardgebinde für hochwertigen Wein, also die Einweg-Glasflasche, das eigentliche Problem. Im Vergleich dazu kann der Anteil des Verschlusses vernachlässigt werden.
Fazit: Ein Frage des Geschmacks
Bei der Wahl des optimalen Verschlusses gibt es einiges an Für und Wider abzuwägen. Nicht nur das optimale Verhalten des Verschlusses dem Wein gegenüber ist wichtig. Auch der Preis und vor allem die Kundenakzeptanz sind entscheidende Faktoren bei der Wahl des optimalen Verschlusses. Letztendlich treffen immer die Konsumenten die Entscheidung, welcher Verschluss sich mehrheitlich durchsetzt. Der Winzer kann den Konsumenten höchstens fachlich beraten und ihn damit bei seiner Meinungsbildung ein wenig beeinflussen. Was der Konsument dann letztendlich als besonders ansprechend, neutral oder als negativ wahrnimmt, lässt sich nicht immer vorhersagen und auch nicht immer rational begründen. Andererseits können einzelne Winzer mit besonders ausgefallenen oder vielleicht auch altmodischen – oder sagen wir lieber traditionellen – Verschlüssen auch eine gewisse Aufmerksamkeit erzielen und so vielleicht eine spezielle nicht Mainstream-taugliche Kundenschicht erreichen.
Korkgeschmak: Es müssen nicht die Korken Schuld sein: Wenn 0,000000001 Gramm ausreichen, um den Wein negativ zu beeinflussen
Unter Korkgeschmack versteht man einen im weitesten Sinne muffig-modrigen Geruch und Geschmack des Weines. Dass am Korkgeschmack der Naturkorken Schuld ist, liegt nahe. Bei Schraubverschlüssen gibt es dieses Problem nicht – sollte man daher meinen. Das stimmt so aber leider nicht. Der Korkgeschmack entsteht aus dem Zusammenspiel von Kork, Mikroorganismen und Chlor. Die Verbindung, die dabei entsteht, nennt sich TCA (2,4,6-Trichloranisol). Aber nicht nur Kork dient als Grundlage für den Weinfehler. Im weitesten Sinn “funktioniert das” auch mit allen Arten von Holz, also auch mit Papier und Karton. Und auch chlorfrei kann dieser Fehlton entstehen, und zwar mit Brom, und heißt dann Tribromanisol (TBA). Aber wie kommt all das in den Wein? Auf den ersten Blick über den Korken. Auf den zweiten Blick leider auch durch unzählige andere Möglichkeiten, an die man zuerst gar nicht denkt und die auch nur schwer oder gar nicht zu vermeiden sind. Der Klassiker ist die schöne Holzdecke oder Holzstiege, die mit einem Holzschutz- oder Flammschutzmittel auf Chlor- oder Brombasis behandelt wurde. Genauso gut kann der Karton mit den darin befindlichen Schraubverschlüssen, der nach einer gründlichen Bodenreinigung (mit Chlorrei- niger) auf den noch feuchten Boden gestellt wurde, zur TCA-Bombe werden. TCA verbreitet sich sehr leicht und durchdringt auch verschiedene Materialien. Bei Kunststoff und Holzbehältern kann das TCA/TBA z. B. auch durch die Behälterwand dringen. Und das gemeine an TCA/TBA ist dann noch, dass es in unvorstellbar kleinen Konzentrationen wirksam ist. Ein Nanogramm, also 0,000000001 Gramm, reichen schon aus, um den Wein negativ zu beeinflussen. TCA bzw. TBA scheint mittlerweile sehr weit verbreitet zu sein. Auch in anderen Lebensmitteln als Wein spielt dieses Thema eine immer größere Rolle. Bei der Untersuchung von Lebensmitteln in der Praxis wird immer klarer, wie weit verbreitet und hartnäckig Kontaminationen mit diesen Substanzen sind. Häufig finden sich diese Verbindungen z. B. in Mangos, Knoblauch und verschiedenen Speisepilzen. Im Falle der Mangos kommt das TBA meist über den Umweg der Transportboxen aus behandeltem Holz auf bzw. in die Mangos. Schleichender Kork Unter schleichendem Kork versteht man einen Korkgeschmack, der vom Konsumenten nicht als solcher erkannt wird. Für den Winzer stellt dieser schleichende Korkge- schmack oft das größere Problem im Vergleich zum typischen Korkgeschmack dar. Denn in höheren Konzentrationen wird der Korkgeschmack vom Konsumenten erkannt und das Problem dem Korken und nicht dem Winzer zugeordnet. Ein schleichender Kork macht den Wein “fad” und unattraktiv. Dieser Fehler wird dem Winzer bzw. seiner vermeintlichen mangelnden Fähigkeit, guten Wein zu produzieren, zugeschrieben. Ein schleichender Kork verdeckt also die guten und positiven Eigenschaften von Wein und lässt ihn von einfacher Qualität erscheinen. Außerdem bekommt der Wein einen leicht unangenehmen und bitteren Geschmack. Warum TCA in so geringen Konzentrationen muffig riecht, und warum der Wein sein Aroma verliert, hat man bis heute noch immer nicht ganz verstanden. Neueste Studien haben aber zumindest gezeigt, dass TCA und TBA die Wahrnehmung durch unsere Sinneszellen auf unerwartete Weise manipulieren. Die Substanzen unterdrücken Teile des Geruchssinns. Die Riechzellen reagieren nicht (wie bei sonstigen Gerüchen) mit einer Anregung durch einen Reiz. Die Wahrnehmung wird durch TCA bzw. TBA stattdessen unterdrückt.
Dipl.-Ing. Harald Scheiblhofer, HBLA und Bundesamt für Wein- und Obstbau Klosterneuburg