Ackerbau: Kein Feind der Biene

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wird in der Öffentlichkeit und unter Imkern kontroversiell und oft auch sehr emotional diskutiert. Ein Blick auf die Zahlen zur Behandlungsintensität und Bienenvölkerentwicklung zeigt, der Ackerbau hat – wenn überhaupt – kaum Auswirkungen auf die Bestäuber.

Auch diese Grafiken zeigen gegenübergestellt, trotz fast halbierter Rapsanbaufläche gibt es nicht konstant weniger Winterverluste. Die Entwicklung der Völker ist viel mehr von Wetter und Krankheitserregern abhängig.

Der Ackerbauer als Bienenmörder. Ein Bild, das von diversen Seiten gerne propagandiert wird. Gerne am Beispiel von Raps. Eine Mischung aus öffentlicher Kritik und fehlenden Wirkstoffen hat mittlerweile dazu geführt, dass sich die Rapsanbaufläche im Land halbiert hat. Nur mehr 31.000 Hektar werden mit der Ölfrucht bestellt. Ein Negativbeispiel dafür, was passiert, wenn die Themenführerschaft und Deutungshoheit den Hauptbetroffenen entgleitet. Mit dem Webinar „Wir fliegen auf Raps“ für Imker, Konsumenten und Bauern versuchten Agrarlandesrat Max Hiegelsberger und das Bienenzentrum OÖ eine Kehrtwende (siehe Seite 15). Besonders der Vortrag von Johann Kohl lieferte unerwartete Ergebnisse und sorgte für (teils) verblüffte Zuhörer. Seine Intension: „Die Lebenswirklichkeit der Landwirte auf faktenbasierte Art und Weise zu erklären“, kam der AGES-Experte ohne Zweifel nach.

Fehlendes Hintergrundwissen

Das Problem der öffentlichen Wahrnehmung beginnt bereits beim Wissensstand. „Ich habe festgestellt, nur Wenige aus Bevölkerung wissen wie die Kulturartenverteilung in Österreich aussieht“, erklärt Kohl. Das sei aber wichtig, um die Zusammenhänge von Landnutzung, Pflanzenschutz und Biodiversität zu verstehen.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Nur etwa 16 Prozent (%) der Landesfläche sind dem Ackerbau vorenthalten, wobei die Fläche seit Jahren leicht rückläufig ist. Gleiches gilt für das Grünland.

„Österreich ist leider Europameister was die Landvernichtung angeht. Es scheint nahezu als gäbe es eine Gesetzmäßigkeit, die besten Ackergründe und Grünlandflächen für Gewerbegebiete und Bauland heranzuziehen.“ So kommt es auch, dass knapp 14 % der Landesfläche verbaute oder nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen sind. Ganze 2200 Quadratkilometer davon sind versiegelt (siehe Grafik).

Damit spielt sich das „Thema Pflanzenschutz“ aber in Summe nur auf 16,5 % Staatsgebiet ab (Ackerbau, Obst- und Weinbau). „Die Anwendung ist aber nicht gleichmäßig, sondern konzentriert sich auf den Osten und auch den Norden. In Zentral- und Westösterreich findet eigentlich kein Pflanzenschutzmitteleinsatz statt.“ Die Behandlungsintensität hängt wiederum von den angebauten Kulturarten ab. Viel Zuwendung brauchen Obst- und Weinbau wie auch Kartoffeln, Zuckerrübe und Winterraps. Wenig behandlungsintensiv sind dagegen Getreide, Mais, Soja und andere Flächenkulturen. „Legt man das wieder flächenmäßig um, bedeutet das: Auf fünf bis sechs Prozent der Ackerfläche werden intensive Pflanzenschutzmaßnahmen gesetzt.“ Anders ausgedrückt 1,7 % der Landesfläche weisen eine hohe Behandlungsintensität auf.

„Trotz intensiver
Landwirtschaft ist Oberösterreich bei der Bienenhaltung herausragend.“

Zudem hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten der Anteil von Bio-Ackerflächen vervierfacht. In diesem Zusammenhang sind natürlich auch die ausgebrachten Mengen an chemischen Pflanzenschutzmitteln zurückgegangen. „In den letzten neun Jahren um 15 %“, erläutert Kohl. Um den selbigen Wert haben sich die im Bio-Landbau zulässigen Mittel aber er-höht. „Insgesamt ist der mengenmäßige Einsatz daher annähernd gleichgeblieben.“

Pflanzenschutz
Das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln ist ein dreistufiger Prozess. Auch Aspekte des Bienenschutzes finden dabei Eingang. Dazu werden die Auswirkungen durch direkte Exposition oder indirekt durch die Aufnahme von Pollen, Nektar und Wasser untersucht.
Von den aktuell 1000 zugelassenen Produkten (Basiszulassungen) sind nur 37 bienengefährlich. Sie sind mit dem Sicherheitshinweis Spe8 gekennzeichnet.

Ursachen für das Bienensterben

Zwischen diesen Zahlen gilt es nun den Bogen zum Bienensterben zu spannen. Die Statistik zur Winterverlustrate zeigt, dass diese im Durchschnitt bei 16 % liegt, aber sehr starken Schwankungen unterliegt. „Ich möchte die Jahre 2014/2015 und 2015/2016 herausnehmen. Da gab es Schwankungen um den Faktor vier nach unten, dann wieder nach oben. Das zeigt schon, dass die Verlustraten eher Ergebnis von klimatischen Bedingungen und Krankheitseffekten wie der Varroamilbe ergeben“, erklärt Kohl.

Natürlich werde in der Öffentlichkeit oft argumentiert, dass Pflanzenschutzmittel chronische Effekte auf die Bienengesundheit hätten. Auch diese These wurde von Kohl mit einer Statistik entkräftet. Dazu wurden die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg gegenübergestellt. Auf der einen Seite Oberösterreich mit 24 % Ackerfläche und Pflanzenmittelschutzeinsatz, auf der anderen Seite Salzburg mit praktisch null von beidem. Dafür aber mit einem Bio-Anteil von 60 %. „Man würde nun postulieren, dass sich das in den Winterverlusten widerspiegelt. Wie sich jetzt aber zeigt, hat OÖ gleichbleibend die niedrigsten Verluste im Österreichschnitt. Salzburg liegt geringfügig darüber, ist also nicht besser. Das zeigt, trotz gravierend unterschiedlicher Landbewirtschaftung gibt es keinen Unterschied.“

Herausragend im Land ob der Enns sei außerdem die Bienendichte. Hier ist Oberösterreich klar Spitzenreiter. Pro Quadratkilometer Kulturfläche gibt es zehn Völker. Salzburg hat nur die Hälfte, der Österreichschnitt liegt bei 6,4. „Das heißt“, schlussfolgert der Experte, „trotz der eigentlich intensiven Landwirtschaft, die in Oberösterreich betrieben wird, nimmt es, was die Bienenhaltung betrifft, eine he-rausragende Stellung ein.“

- Bildquellen -

  • Ackerbau Biene: agrarfoto.com, Quelle: Grüner bericht, www.bienenstand.at
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AUTORElisabeth Hasl
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