Weniger Wertschöpfung für bäuerliche Betriebe

Eine aktuelle Studie enthüllt: Der Wertschöpfungsanteil der Bauern an den Agrargütern sinkt. Handel und Dienstleister freuen sich dagegen über ein Plus. Verlierer sind in diesem Fall dennoch alle: Denn eine kleinstrukturierte Landwirtschaft wie sie der Konsument will und mit welcher der Handel wirbt, ist so (bald) nicht mehr möglich.

Höchste Qualität zum kleinen Preis. Was wie eine Werbebotschaft des Lebensmitteleinzelhandels klingt, ist bittere Realität für die heimischen Bäuerinnen und Bauern. Von ihnen werden Top-Produkte gefordert, die damit verbundene Wertschöpfung wird aber von anderen eingestreift. Kauft ein Konsument Lebensmittel um hundert Euro ein, bleiben der Landwirtschaft letztlich vier Euro. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). Aus ihr geht auch hervor, dass die Wertschöpfung der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt Österreichs innerhalb der vergangenen 15 Jahre um ein Zehntel gesunken ist, und zwar von 0,9 auf 0,8 Prozent. Andere Branchen konnten dagegen an Wertschöpfung zulegen.

Bauern: Die Verlierer der Wertschöpfungskette 

Die Landwirtschaft produziert Lebensmittel. Das ist ihr ureigenstes Kerngeschäft. Seit Jahrzehnten verbessert man sich dabei kontinuierlich in Qualität und Menge. Das brachte zuletzt ein Plus von zehn Prozent in der Wertschöpfungskette „Agrargüter, Lebensmittel und Getränke“ ein. Innerhalb dieser schrumpfte aber der verhältnismäßige Anteil. Seit 2005 hat die Landwirtschaft knapp drei Prozent verloren und hält nunmehr bei 17,5 Prozent.

Ein deutlicheres Wertschöpfungsplus dagegen konnten die anderen Glieder der Kette (Einzelhandel, Verarbeitungsbetriebe, Gastronomie etc.) einfahren. Ganze 44 Prozent waren es etwa beim Einzelhandel (siehe Grafik). Darum ist auch die Bedeutung der Landwirtschaft trotz zehnprozentigem Wertschöpfungsplus insgesamt gesunken. Zu Ursachen und Folgen meint Wifo-Experte Franz Sinabell: „Die scharfe Konkurrenz auf den internationalen Agrargütermärkten und die anhaltende Produktivitätsentwicklung ermöglichen real sinkende Agrargüterpreise. Zuwächse in der Erzeugung von Agrargütern sind damit schwerer erzielbar.“

Von Sinabells Warte aus bleiben den landwirtschaftlichen Betrieben nur zwei Optionen: „Entweder sie konzentrieren sich auf die Produktion von Agrargütern und müssen dann eine Wachstums- und Kostenreduktionsstrategie verfolgen oder sie entwickeln Produkte, in denen auf andere Weise Wertschöpfung erzielt wird.“ Heißt salopp gesagt: Wachsen oder spezialisieren.

„Qualität und höchste
Standards kann es nicht zu Dumpingpreisen geben.“

Hier hackt Landwirtschaftskammer-Präsidentin Michaela Langer-
Weninger ein: „Die Notwendigkeit zum Wachstum wird den Bäuerinnen und Bauern aber immer wieder zum Vorwurf gemacht.“ Schon jetzt werde die Landwirtschaft als zu industrialisiert und zu wenig auf Tierwohl bedacht dargestellt. Immer größere Betriebe könnten daher nicht die Lösung sein. Stattdessen fordert Langer-Weninger vom Handel ein Ende der Aktionitis, mehr Fairness und eine verlässliche Qualitätspartnerschaft – schließlich werbe und bekenne man sich laufend zur nachhaltigen bäuerlichen Landwirtschaft. „Heimische Spitzenqualität mit unzähligen Mehrleistungen gibt es nicht zum Weltmarktpreis“, gibt sich Langer-Weninger kämpferisch.

Auch Minister Mückstein ruft sie zum Handeln auf. Er solle die auf seinem Tisch liegende Herkunftskennzeichnung endlich zur Notifizierung nach Brüssel schicken.

Kleine Veränderung mit großer Wirkung

Welche Auswirkungen bereits kleine Veränderungen im Konsumverhalten haben, beweist eine Szenario-Analyse des Wifos. Dafür wurde angenommen, dass der Import von Agrargütern um ein Prozent verringert wird und die Inlandsnachfrage um selbiges Maß steigt. Das Ergebnis: Plus 70 Millionen Euro Wertschöpfung, wobei 13 Millionen auf Oberösterreich entfallen. Dadurch würden zusätzlich 3100 Personen österreichweit und 600 im Land ob der Enns Beschäftigung finden. Berücksichtigt man auch den Effekt einer Nachfrageausweitung nach inländischen Lebensmitteln, so ergibt das eine zusätzliche Wertschöpfung von 25 Millionen Euro in Oberösterreich und 141 Millionen Euro auf nationaler Ebene.

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  • Anmerkung 2021 09 28 151113: akf – stock.adobe.com; BZ/Jank
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AUTORElisabeth Hasl
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