Wasserstoff im Speicher statt Diesel im Tank

Brennstoffzellentraktor: Mit dem Prototyp wird gezeigt, wie Landwirtschaft künftig funktionieren könnte.

Spannende Projekte haben Forscher beim „Arbeitswissenschaftlichen Kolloquium“ auf der Boku vorgestellt. Hier erstmals ein genauer Blick auf den rot-weiß-roten Brennstoffzellentraktor.

FCTRAC,“ kurz für „Fuel cell tractor fuelled with biogenic hydrogen“, heißt das unter anderem durch den Klima- und Energiefonds von 2020 bis 2024 mit rund 3 Millionen Euro geförderte Projekt. Unter der Führung der TU Wien arbeiten dort prominente Projektpartner an einer nachhaltigen Lösung, darunter auch CNH Industrial Österreich. Im Zentrum steht, neben der Produktion von Grünem Wasserstoff aus holziger Biomasse, ein rot-weiß-roter Traktor. Dessen Antrieb wird mit Strom aus einer Brennstoffzelle versorgt. Letztere wandelt die im Wasserstoff gespeicherte chemische Energie in elektrische um.

Aufwendige Umrüstung

Der Wasserstofftraktor hat die Gene des Steyr 4130 Expert CVT in sich. „Die erste Maßnahme war, diesen Traktor zu einem Elektrotraktor zu transformieren“, sagte Jürgen Karner von CNH auf dem Kolloquium Ende Februar. Entfallen sind Elemente wie Verbrennungsmotor, Abgasnachbehandlungssystem, Diesel und AdBlue-Tank. Im Gegenzug sind zahlreiche Komponenten hinzugekommen. An die Stelle der Tanks ist ein Wasserstoffspeichersystem getreten, das oberhalb der Kabine positioniert ist. Dort ist der Wasserstoff (H2) mit einer Masse von max. 12,4 kg bei max. 700 bar in vier Kohlefasertanks mit einem Volumen von 310 Litern komprimiert. Eine kleine Hochvoltbatterie mit 14 kWh fungiert als Puffer. „Die Brennstoffzelle reagiert sehr träge, vom Leerlauf bis zur Volllast vergehen etwa vier bis fünf Sekunden. Das heißt, für Spitzenlastanforderungen, für kurzzeitiges Boosten, zum raschen Beschleunigen brauchen wir die Energie aus der Batterie“, so Karner.

Das Brennstoffzellensystem sitzt unter der Motorhaube, liefert eine Leistung von 100 kW und stellt lastpunktabhängig eine Ausgangsspannung von 360 bis 560 V zur Verfügung. Den Antrieb besorgen ein E-Motor, ein Reduktionsgetriebe und die zugehörige Leistungselektronik. Um die Sache nicht mit einem speziellen zwei- bis dreistufigen E-Fahrzeuggetriebe zu komplizieren, ist man vorerst beim stufenlosen CVT-Getriebe geblieben, das auch als lasttragendes Strukturelement dient.

Jede Menge Platz nimmt die Kühlung ein. Insgesamt hat sich die Oberfläche aller installierten Wärmetauscher um einen Faktor vier gegenüber dem Spenderfahrzeug vergrößert. Karner: „Wir haben zwar bei der Brennstoffzelle einen Wirkungsgrad, der (höher als beim Verbrennungsmotor) bei etwa 50 Prozent liegt, aber es wird praktisch keine Enthalpie an die Umwelt abgegeben.“ In einfacheren Worten: Über die Abgase der Brennstoffzelle, also Wasserdampf, wird kaum Hitze abgegeben, ganz im Unterschied zum Dieselmotor.

Etwa 3.300 Teile am FCTRAC, rund 46 Prozent, sollen neu oder gegenüber dem Spenderfahrzeug geändert worden sein. Erhöht hat sich auch das Fahrzeuggewicht, nämlich um rund 20 Prozent auf 7.250 kg, die Höhe nahm um 420 mm zu.

Bald vor der Hofburg

Die erste Fahrt mit dem Wasserstofftraktor hat im September 2023 stattgefunden. Karner: „Jetzt arbeiten wir daran, Kinderkrankheiten, Fehler, die naturgemäß auftreten, auszumerzen.“ Vor dem Internationalen Motorensymposium von 24. bis 26. April in Wien soll das Fahrzeug in Form einer Einzelgenehmigungs-Typisierung zugelassen werden. Damit könne die Steyr-Zugmaschine dann vor der Wiener Hofburg “als erster wasserstoffbetriebener Traktor mit offiziellem Kennzeichen” in Europa stehen.
Tipp: Lesen Sie demnächst in der BauernZeitung über neue Versuchsergebnisse zu Kurzschnittladewagen und Häckselkette.

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  • FCTrac: TU Wien
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AUTORMichael Stockinger
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