Das Wertschätzung und Preisbildung nur selten Hand in Hand gehen, zeigt sich immer wieder auf den landwirtschaftlichen Märkten – auch jetzt in den Wirren der Corona-Pandemie. Dadurch werden besondere Schutzmaßnahmen unter anderem im Milchsektor erforderlich.

Milchsektor unter Druck

Während die Erzeugerpreise im EU-Raum im März noch relativ stabil blieben (minus ein Prozent), sanken sie im April bereits merklich. Gegen zu starke Preisrückgänge stemmten sich in Österreich aber die Molkereien. 

Auf Drängen der Bauernvertretung und um Druck vom europäischen Milchmarkt zu nehmen, hat die EU-Kommission nun ein 30 Millionen schweres Hilfspaket verabschiedet. Gefördert wird die private Lagerhaltung von Magermilchpulver, Butter und Käse. Dadurch soll der Milchpreis gestützt und eine Verwerfung am EU-Markt verhindert werden.

„Die private Lagerhaltung ist eine gute Maßnahme um den Preis zu stabilisieren und die Nachfrage wieder in Gang zu bekommen“, sagt auch Franz Sinabell, Agrarexperte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Einziges Manko dieser Lösung: Sie kann nur eine zeitweilige Entlastung bringen. Denn der Aufbau großer Lagerbestände, die den Markt auf Jahre belasten, ist niemandes Ziel.
Vereinzelt gibt es auch Stimmen, die sich für eine Kontingentierung aussprechen. Sinabell hält dies aber für wenig wahrscheinlich: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die EU wieder ein Instrument einführt, dass sie vor Jahren abgeschafft hat.“

Marktprognose für 2020

Im April veröffentlichte die EU-Kommission Kurzzeitprognosen für die landwirtschaftlichen Märkte. Für den Milchsektor rechnet sie unter Berücksichtigung der Auswirkung der Covid-19-Pandemie mit einer Anlieferungssteigerung von 0,4 Prozent.
Hinsichtlich der Weiterverarbeitung geht man in Brüssel aufgrund des rückläufigen Exports von einer vermehrten Magermilchpulver-Produktion (plus 2,5 Prozent) aus. Deren Verbrauch wird aber als sinkend geschätzt. Für den Inner-EU-Verbrauch wird ein Minus von acht Prozent und für den Export ein Minus von 17 Prozent prognostiziert. Folglich rechnet man auf EU-Ebene mit dem Aufbau von Lagerbeständen in Höhe von 125.000 Tonnen. Die Produktionssteigerungen bei Butter (1,2 Prozent) und Käse (0,6 Prozent) dürften hingegen am Markt Absatz finden.

Wertschätzung generieren

Neben den aktuellen Maßnahmen muss es aber auch Ziel der Milchbranche sein, die Wertschätzung zu steigern. In der Pflicht sind hier aber nicht nur die heimischen Landwirte und Verarbeitungsbetriebe, sondern auch ihre Partner – die Handelsbetriebe. Nicht zuletzt deshalb, weil gern das „harmonische Miteinander“ und die große Wertschätzung für die heimischen Bauern propagandiert wird.

Zweifelhaft erscheint es daher, wenn eine große österreichische Handelskette behauptet, hinter den Partner-Lieferanten zu stehen und tausende Arbeitsplätze in der Landwirtschaft zu sichern, aber gleichzeitig Import-Ware zu Dumpingpreisen feilbietet.

„Den Verantwortungsträgern dieser Handelskette fehlt es an Fairness gegenüber den heimischen Milchbauern“, sagt Oberösterreichs Landwirtschaftskammer-Präsidentin Michaela Langer-Weninger. Sie fordert: „Das Bekenntnis zu heimischen Qualitätsprodukten unter Beweis zu stellen und keine Importartikel zu reißerischen Preisen zu verschleudern.“ Das würde den Bauern am meisten helfen.

- Bildquellen -

  • Cheese: joakan/Pixabay.com
- Werbung -
AUTORElisabeth Hasl
Vorheriger ArtikelLandwirtschaftliche Fachschulen nähen umweltfreundliche Mund-Nasen-Schutz-Masken
Nächster ArtikelÖsterreich-Pakt für regionale Lebensmittel als Zukunftsinstrument