Märchen vom „bösen Wolf“

Kommentar von Martina Rieberer,
Chefin vom Dienst

Unter dem Titel „Kinder stets an der Hand“ habe ich unlängst einen Artikel zur Rückkehr der Wölfe geschrieben. Darin war zu lesen, dass es zu einem starken Populationswachstum der Großraubtiere in Österreich kommt, wenn Wölfe sich uneingeschränkt „am Buffet“ bedienen, und wenn Betroffene gegen die Wölfe keine Handhabe bekommen. Dazu gab es ein Bild von einem Kinderspielplatz in der Nähe eines Dorfes.
Mehr hat es nicht gebraucht, um sowohl die Wolfsbefürworter als auch deren Antagonisten, die von Rissen betroffenen Bauern und von Wolfssichtungen betroffene Bürgermeister, auf den Plan zu rufen. Man(n) hat mir in Leserbriefen geraten, keine Märchen über den Wolf zu erzählen. Und dass ich mich mit einem Individuum, das keine Gefahr für Menschen darstellt, nicht beschäftigen soll. Ein Leser schrieb mir dagegen, dass es im 18. Jahrhundert europaweit 910 und im 19. Jahrhundert 1437 nachgewiesene Todefälle speziell bei Kindern und alten Menschen aufgrund von Wolfsattacken gab.
Nun ja, vermutlich liegt die Wahrheit – oder das, was wir gerne hören, um unsere eigene Meinung bestätigt zu sehen, – irgendwo dazwischen. Der Mangel an Erfahrung ist ein wunder Punkt in der Wolfsdebatte.Denn erst seit wenigen Jahren zieht der Wolf bei uns durch die Dörfer und über bestoßene Almen. Und derzeit genießt das Großraubtier auch noch in jeglicher Hinsicht Narrenfreiheit.
Wir können lediglich in unsere Nachbarländer blicken, die uns fünf bis zehn Jahre voraus sind. Und dort ist vielen schon klar, dass es den „bösen Wolf“ längst nicht nur im Märchen gibt.

rieberer@bauernzeitung.at

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