Johann Marihart

Agrana-Chef Johann Marihart im Gespräch mit der BauernZeitung über die Gründe, warum heuer einmal mehr in beiden Zuckerfabriken Rüben verarbeitet werden.

BauernZeitung: Der Rübenanbau hat sich im vergangenen Jahrzehnt von 50.000 auf 26.00 Hektar nahezu halbiert. Befürchtet wurde bereits das Aus für die Zuckerfabrik in Leopoldsdorf. Warum rechnet sich die Zuckerraffinerie nun heuer dennoch in zwei Werken?

Marihart: Rübenpreise und der Bioflächenanteil Österreichs waren für den Verlust von rund einem Viertel der Rübenanbaufläche verantwortlich. Insbesondere die Rüsselkäferplagen und die Einschränkungen bei den Pflanzenschutzmitteln verbunden mit der Trockenheit führten seit 2019 zu dem weiteren Flächeneinbruch. Wegen der bislang optimalen Wasserversorgung erwarten wir heuer aber um 20 Prozent über dem Durchschnitt liegende Rübenerträge. Weshalb wir entschieden haben, die heurige Kampagne mit beiden Zuckerfabriken zu fahren. Die Entscheidung betrifft aber nur die heurige Kampagne und ist ausdrücklich keine Entwarnung bezüglich einer Schließung des Standorts Leopoldsdorf nach der Kampagne 2020.

Würde eine – wenn auch nur vorübergehende Werkstillegung von Leopoldsdorf – auch Auswirkungen auf die vereinbarten Rübenkontraktpreise mit den Landwirten haben?

Die Drei-Jahres-Kontrakte sind an den Betrieb von zwei Werken gebunden.

Die bekannteste Marke der Agrana ist „Wiener Zucker“. Schließen Sie aus, dass dieser auch einmal jenseits der Grenzen, in Tschechien oder Ungarn, raffiniert werden könnte?

Nur „Wiener Zucker“ ist Zucker aus Österreich und bleibt es.

Wie sehr spielt auch der sinkende Zuckerverbrauch in der EU eine Rolle in Ihrem Geschäft?

Die Verbrauchsentwicklung ist ein langfristiger Prozess. Die jährlichen Einflüsse von Flächen und Witterung sind ungleich höher.

An den weltweiten Agrarbörsen hat sich der Zuckerpreis nach einem Langzeittief Ende April wieder etwas erholt. Der Zuckervorrat der EU liegt derzeit bei gerade einmal 33 Tagen, vier Tage unter dem mehrjährigen Mittelwert seit 2015. Ist Versorgungssicherheit nicht auch bei Zucker ein Thema?

Wir haben die Zucker-Versorgung zu jeder Zeit des Lockdown, auch bei doppelter Nachfrage, sichergestellt. Die Politik sollte verstehen, dass das nicht unter allen Umständen so sein könnte, sondern ein politisches Commitment erfordert.

Wie sehr setzt der Einbruch der Wirtschaft durch Corona den verschiedenen Agrana-Sparten zu – von Stärkeabsatz bis zur Produktion von Bioethanol?

Im Vergleich zu anderen Branchen sind wir erfreulich gering betroffen.

Interview: BERNHARD WEBER

- Bildquellen -

  • Marihart Johann 1024×683: Agrana
- Werbung -
Vorheriger ArtikelLandwirtschaft in Oberösterreich verwüstet
Nächster ArtikelSalzburgMilch: Neue Struktur nach Meggle-Ausstieg, Milchpreis verbessert