Gas statt Gemüse

Weil die Kosten für das Beheizen von Glashäusern explodieren, setzen viele Gemüsegärtner ihre Produktion über den Winter aus. Manche wollen ihr bereits eingelagertes Gas am Markt verkaufen.

bau eines gewächshauses

Heimische Paradeiser, Gurken, Salat oder Radieschen aus dem Glashaus wird es diesen Winter nicht im Überfluss geben, da Österreichs Gemüsebauern mit Produktion in Gewächshäusern diese zumindest über die kalten, oft frostigen Wochen einstellen. Statt unter Glas aus heimischen Gefilden erzeugt, wird das Gemüse wohl heuer aus südlicheren Ländern wie Spanien, Italien oder Marokko importiert werden. Dort sind die Energiekosten vergleichsweise gering, da das Beheizen der Glashäuser – wenn es das überhaubt braucht – weniger Strom oder Gas benötigt.
In Österreich befürchten viele Erzeuger, ob der tiefen Temperaturen im Winter von den hohen Heizkosten erschlagen zu werden. “Fast jedes Unternehmen ist davon betroffen. Es gibt praktisch keinen Produktionszweig in der Landwirtschaft, der nicht von der Teuerung betroffen ist. Auch Kühlanlagen für die Lagerung und Verarbeitung von Obst und Gemüse werden mit Strom betrieben”, sagte Franz Sinabell, Agrarökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo, im “Ö1-Morgenjournal”.
Weil besonders energieintensiv und somit massiv betroffen sei generell die Gemüseproduktion in den nördlicher gelegenen Ländern Europas. Manche Gemüseproduzenten in den Niederlanden hätten deswegen bereits ihr Geschäftsmodell geändert, berichtete Sinabell.

Trotz 9 Mio. Euro-Finanzspritze Produktion eingestellt

Quelle: marek gottschalk - stock.adobe.com

Österreichs Gemüse- und Gartenbaubetriebe wurden von der Bundesregierung zwar erst vor wenigen Wochen mit zusätzlichen 9 Millionen Euro unterstützt, um die Produktion im Inland ge-währleisten zu können. Für manche Be-triebe und de-ren Kulturen kam die Hilfe für den sogenannten geschützten Anbau unter Glas aber zu spät oder zum falschen Zeitpunkt. Manche haben die Produktion trotzdem eingestellt, andere setzen sie nun über den Winter aus. Laut Franz Sinabell würden sich Landwirte wie Unternehmen aktuell ausrechnen, ob es nicht lukrativer sei, das bereits gelagerte Gas an Energieunternehmen zu verkaufen, die damit Strom produzieren, statt damit ihre Gewächshäuser zu beheizen. “Viele Produzenten haben ihr Gaskontingent bereits verkauft”, bestätigte auch Martin Flicker, der Vizepräsident der LK Wien, gegenüber dem Ö1-Radiojournal Sinabels Beobachtung.

Knapp und teuer

“Meine Einschätzung ist, dass Gemüse bald knapper werden wird”, meinte Sinabell. Als Konsument werde man außerdem an den Regalen beobachten können, dass Gemüse teurer werden wird. Geringere Mengen aus dem Inland und zusätzlich steigende Importe (und somit höhere Transportkosten) werden die Preise für ohnehin schon teurer gewordene Lebensmittel weiter anheizen. “Österreich ist mit dieser Entwicklung aber nicht alleine”, so Sinabel. Zwar könnten südlichere Länder den Produktionsausfall in den Glashäusern einigermaßen kompensieren, es werde sich aber erst zeigen, wie gut das funktioniert. Ein junger Gemüsebauer aus Wien erklärte, dass er gerne wieder produzieren werde, sobald er dafür nicht mehr heizen müsse.

- Bildquellen -

  • Gemüse: marek gottschalk - stock.adobe.com
  • Bau Eines Gewächshauses: elmar gubisch - stock.adobe.com
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AUTORMartina Rieberer
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