Faire Abgeltung für die Milch

50.000 Kälber werden jedes Jahr lebend aus Österreich exportiert, was von vielen Konsumenten kritisiert wird. Ein neues Projekt, welches zum Bio-Produkt des Jahres gewählt wurde, zeigt, wie es auch anders geht und setzt auf den freiwilligen Verzicht von Kälberexporten.

Mehr als 100.000 Kälber werden in Österreich pro Jahr in Form von Kalbfleisch importiert, während gleichzeitig knapp 50.000 heimische Kälber lebend aus dem Land exportiert werden. Tiertransporter brin­gen österreichische Kälber, wie weithin bekannt über weite Strecken nach Spanien, Italien oder sogar in Drittstaaten. Fast jedes dritte Kalb wird in Europa in den Niederlanden gemästet und geschlachtet, wodurch dieses Fleisch natürlich auch in Österreich auf den Tellern landet. Ein wesentlicher Grund dafür ist der geringere Preis des Kalbfleisches aus Holland. Dieser Praxis versucht der Spar-Fleischverarbeitungsbetrieb TANN nun gemeinsam mit dem Unternehmen Sonnberg Biofleisch aus dem Mühlviertel und einer Vielzahl an Bäuerinnen und Bauern durch ein neues Programm entgegenzuwirken.

Exportvermeidung durch eine faire Abgeltung

Das Projekt „Ich bleib am Hof – Bio-Vollmilch-Mastkalb“, welches zum Bio-Produkt des Jahres in der Kategorie „Farm & Craft – Oberösterreich“ gekürt wurde, gibt es nun seit diesen Herbst. „Wir setzten uns dafür ein, dass Biokälber so lange als möglich am Hof bleiben dürfen und es zu keinem Export dieser Kälber kommt“, erklärt Spar-Vorstand Hans K. Reisch. Weiters gilt es durch diese Unternehmung weiter daran zu arbeiten, dass Bio auch nach der Stalltüre weitergeht, ist Manfred Huber, Geschäftsführer der Biofleischerei Sonnberg, überzeugt.
Mittlerweile sind bereits 120 Landwirte aus dem Mühl-, Wald- und Mostviertel Partner des Projekts. „Wir wollen eine Alternative für Bio-Milchbetriebe schaffen, damit die Kälberfütterung wirtschaftlich sinnvoll ist und dadurch der Export von Bio-Kälbern gänzlich vermieden werden kann. Viele Betriebe, die das nicht mehr mitmachen wollten, sind inzwischen bei unserem Projekt dabei“, so Manfred Huber. Die Bäuerinnen und Bauern seien froh, dass ihre Kälber nun am Hof groß werden dürfen und auch der erhöhte Aufwand, wie zum Beispiel für die Fütterung mit Biomilch, abgegolten wird. „Es ergibt sich dadurch ein um 30 Prozent höherer Jahresdurchschnittspeis. Dadurch wird die Landwirtschaft zwar immer noch nicht reich, doch bekommt man eine faire Abgeltung für seine Milch“, erklärt der Biofleischer.

Quelle: Sonnberg

Ein Projekt für regionale Bio-Milchbetriebe

Die Kriterien für das Qualitätsprodukt sind hoch, doch wären diese für viele heimische Bio-Landwirte einfach umsetzbar.
„Die Kälber müssen dabei von Geburt an für die Mast eingesetzt werden und erhalten ausschließlich hofeigene Biorohmilch“, erzählt Bio-Landwirt Thomas Seyr aus Gutau, welcher bereits am Projekt teilnimmt. Darüber hinaus ist vertraglich festgehalten, dass die Schlachtrinder nicht für den Export vorgesehen werden. „Für uns hat sich bezüglich des Haltungssystems nicht viel verändert, denn wir haben immer schon sehr auf das Wohl unserer Tiere geachtet. Dennoch ist mit der Teilnahme am Projekt der Preis nun angepasst und wir bekommen eine bessere Abgeltung“, erklärt Betriebsführer Seyr.
„Die Kälber können nun bis zu vier Monate am Hof gehalten werden und wir verzichten freiwillig auf den Export. Meiner Meinung nach ist es vor allem auch für kleinere Betriebe, wie sie in unserer Region viel vorhanden sind, interessant“, so der Landwirt. Sonnberg-Geschäftsführer Huber betont weiters, dass es eine Abnehmergarantie für den Landwirt gibt. Das Interesse von landwirtschaftlichen Partnerbetrieben sei laut dem Biofleischer unerwartet hoch, wobei trotzdem noch Luft nach oben vorhanden ist: „Wir sind noch immer auf der Suche nach weiteren Landwirten, sodass das Vorhaben weiter ausgebaut werden kann“, erklärt er.
Die Zukunft des Programms ist na­türlich aber auch von der dementsprechenden Wertschätzung seitens der Konsumenten abhängig. „Nur durch eine starke Nachfrage unserer Kunden können wir dieses Projekt ausweiten und künftig mehr Produkte anbieten und die Kälber vor dem Transport ins Ausland schützen“, sagt Spar-Vorstand Reisch. So sei es seitens der Gesellschaft zu lernen, dass regionales Kalbsschnitzelfleisch nicht weiß, sondern aufgrund der artgerechten Fütterung in Österreich rosa sei, ergänzt Huber, der mit dem Projekt nun versucht, auch in der Gastronomie Fuß zu fassen.

Quelle: Sonnberg / Bauernzeitung

- Bildquellen -

  • Manfred Huber: Sonnberg
  • Teilnahmekriterien: Sonnberg / Bauernzeitung
  • Landwirt Thomas Seyr aus Gutau ist froh, dass seine Kälber am Hof groß werden dürfen und auch der erhöhte Mehraufwand abgegolten wird.: Spar/Martin Pröll
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