Digitalisierung in der Landwirtschaft: „Vielen Bauern ist das Tempo zu hoch“

Bei einem Bauernbund-Online-Infoabend wurden Mitglieder über die digitalen Potentiale und Möglichkeiten in der Landwirtschaft sowie die damit verbundenen Herausforderungen aufgeklärt.

Precision Farming ist die Begründung und Verortung von Wachstumsunterschieden sowie die Reaktion auf die Bedürfnisse von Boden und Pflanzen durch Information und Technik.

Die Digitalisierung ist längst in der Landwirtschaft angekommen. Für Bäuerinnen und Bauern ergeben sich dadurch viele neue Möglichkeiten: Von Apps, digitalen Ackerschlagkarteien, über RTK-Signale und Lenksysteme, Section Control, teilflächenspezifische Bewirtschaftung bis hin zu Robotik und Drohneneinsatz. Die (Landtechnik)Hersteller legen in all diesen Bereichen ein sehr hohes Tempo vor: „Die meisten Bäuerinnen und Bauern können dieses Tempo aber nicht halten bzw. mitgehen“, weiß Markus Schwaiger, Projektleiter für Digitalisierung im Maschinenring Oberösterreich, aus seinen Erfahrungen zu berichten.

Das schnell wachsende Angebot mache die Auswahl nicht unbedingt einfacher. Hinzu komme, dass viele Landwirte in der digitalen Technik noch keinen Mehrwert erkennen können. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis sei für viele Betriebsführer eine Hürde. Für Schwaiger ist daher klar: „Die Landwirte müssen sich vorab klar werden, welche Lösungen zu ihrem Betrieb passen. Support und Beratung sind wichtiger denn je und das Interesse und die Lernbereitschaft müssen groß sein.“

Probleme in der Praxis

In der Praxis ergeben sich daher immer wieder Probleme: „Viele Landwirte sind mit der neuen Technik überfordert. Ein ,Crashkurs‘ bei der Auslieferung der neuen Maschinen und Geräte ist zu wenig“, erklärte Schwaiger.

Wenn ein Bauer beispielsweise eine Frontzapfwelle kauft, weiß er genau was er damit machen kann. Schwieriger werde es da schon beim Kauf von Lizenzen, damit z. B. Section Control funktioniert. Das fehlende Wissen betreffe aber nicht nur die Landwirte, sondern auch die Händler. Zudem fehle letzteren auch meist die Zeit für eine ordentliche Einschulung. „Bei Problemen steht der Landwirt in den meisten Fällen alleine da“, so Schwaiger. Auch die Preise für nachträgliche Lizenzfreischaltungen würden Landwirte massiv ärgern.

Des weiteren treten in vielen Fällen auch Probleme auf, wenn auf dem Betrieb Lösungen von (zwei) verschiedenen Herstellern/Marken zum Einsatz kommen. In der Praxis komme es dann beispielsweise immer wieder vor, dass sich Traktoren nicht mit dem Anbaugerät koppeln lassen. „Softwareprobleme muss man erst finden und kann man nicht schweißen“, so Schwaiger. Vom Hersteller „X“ werde man zu Hersteller „Y“ verwiesen und umgekehrt. „Betroffenen Landwirten wird dabei nicht geholfen. Dadurch wächst nicht nur der Ärger sondern auch die Distanz zur Digitalisierung“, weiß Schwaiger. Da unabhängiger Support bzw. Beratung im Bereich der Digitalisierung in der Landwirtschaft derzeit noch Mangelware ist, hat der Maschinenring einen Helpdesk errichtet.

Helpdesk

Der Maschinenring-Helpdesk ist eine kostenlose Support-Hotline für digitale Fragen und auftretende Probleme in der landwirtschaftlichen Praxis. Er besteht aus 15 Experten, die verteilt in ganz Österreich sitzen.

Erreichbar sind diese telefonisch unter der Nummer 0 676/85 223 88 00 von Montag bis Freitag (7 bis 20 Uhr) und Samstag (8 bis 15 Uhr) sowie unter:
helpdesk.maschinenring.at bzw. per Mail an helpdesk@maschinenring.at.

Potentiale im Ackerbau

Landwirtschaftskammerrat Michael Treiblmeier, der mit dem Unternehmen „Blickwinkel“ ein Ingenieurbüro für digitale Landwirtschaft betreibt, berichtete in seinem Vortrag über die Potentiale im Ackerbau. Er sieht dabei Informationen als Schlüssel zum Erfolg. So unterscheiden sich die jeweiligen Böden in ihrer Zusammensetzung und bestimmen durch die Eigenschaften das Ertragspotential. Bei den Pflanzen gelte es Informationen (z. B. Stress, Mangel oder Überschüsse) zu erfassen und in Folge die Effizienz zu steigern. „Landläufig wird bei Precision Farming meist nur an die Düngung gedacht. Weitere Applikationsarten sind Bodenbearbeitung, Aussaat und Pflanzenschutz“, so Treiblmeier.

In Österreich sieht er das größte Potential beim „Mapping Verfahren“, welches auf Kartenbasis funktioniert. Applikationskarten könne jeder Betrieb für sich selbst erstellen. Als Beispiel hierfür nannte er das kostenlose Angebot auf terrazo.josephinum.at

Quelle: agrarfoto.com

Im Gegensatz zu Satellitenbildern würden Drohnenaufnahmen bis zu 10.000-fach genauere Informationen über die Vitalität von Pflanzenbeständen liefern. „Vegetationschecks sind wie Röntgenbilder. Sie erlauben einen Blick in das Innere des Schlages. Damit kann auch auf die genaue Ursache von Wachstumsunterschieden geschlossen werden“, so Treiblmeier, der über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Agrardrohnen wie Aussaat und Pflanzenschutz hinwies, aber auch betonte: „Drohnen werden Düngerstreuer und Spritze nicht ablösen, aber gut ergänzen.“

 

- Bildquellen -

  • Drohnen In Der Landwirtschaft 18 ID88944: agrarfoto.com
  • Guelleselbstfahrer 39 ID86505: agrarfoto.com
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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