Der Beschluss des Tierwohlpaketes bringt endlich Planungssicherheit

Mit dem Beschluss des neuen Tierwohlpaketes ist es gelungen die Tierhaltung in Österreich mit Hausverstand weiterzuentwickeln und auf die steigenden gesellschaftlichen Forderungen einzugehen. Unbestritten bleibt aber, dass die Umstellung die Bäuerinnen und Bauern vor allem im Schweinebereich massiv fordern wird.

Ein umfangreiches Tierwohlpaket, bei dem auch die Schweinebauern stark gefordert sind, wurde im Nationalrat beschlossen. Nun liege es am Handel, den Konsumenten und an all jenen, die das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben haben, die heimischen Qualitätsprodukte auch zu kaufen.

Zwei Jahre lang haben bäuerliche Interessensvertreter, agrarische Verbände und die Koalitionsparteien unter Einbeziehung der Öffentlichkeit intensiv verhandelt. Vergangene Woche wurde das Gesetz im Nationalrat beschlossen: „Mit dem Tierwohlpaket ist uns ein Schulterschluss gelungen, der den steigenden gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird, den Schweinebauern mit praxistauglichen Rahmenbedingungen einen realistischen Zeithorizont gibt und gleichzeitig die Versorgungssicherheit mit Schweinefleisch aus Österreich sicherstellt“, so Bauernbund-Präsident Georg Straser.

Machbare Verbesserungen

Schweine bekommen in Zukunft mehr Platz und eigene Liegeflächen im Stall. Unstrukturierte Vollspaltenbuchten sind ab 2040, bei Um- und Neubau bereits ab 2023, verboten. Im Rahmen eines Forschungsprojektes werden in den kommenden Jahren praxistaugliche Alternativen zur strukturlosen Vollspaltenbucht für bestehende Ställe erarbeitet. Diese Ergebnisse bilden anschließend die gesetzliche Grundlage für den Mindest-
standard ab 2040.
„Wirtschaftliche Rahmenbedingungen werden bei der Entwicklung dieses neuen Standards selbstverständlich berücksichtigt“, so Strasser. Für Schweinehalter, die ab 2023 Schweineställe neu- oder umbauen, gibt es einen Investitionsschutz von 23 Jahren. Das Paket ist kein Blindflug, sondern bringt Planungssicherheit, ist Strasser überzeugt: „Schweinehalter haben bei neuen Investitionen nun die Sicherheit, dass die gesetzlichen Bestimmungen auch morgen noch passen. Die nächste Generation an Hofübernehmern braucht diese Perspektive.“
Schweinebauern werden beim Umstieg begleitet. So unterstütze die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) Schweinebauern ab 2023 finanziell in der Weiterentwicklung zu mehr Tierwohl. Auch die öffentliche Hand gehe mit gutem Beispiel voran und kaufe künftig nur mehr „Mehr Tierwohl“ Schweinefleisch. Parallel dazu sollen bis 2030 jährlich eine Million Schweine unter den Premium-Standards „AMA-Gütesiegel Tierwohl“ sowie „Bio“ vermarktet werden. Damit steige der Anteil an in Österreich erzeugtem Tierwohl-Schweinefleisch von circa sieben auf 36 Prozent.

„Das wahre Volksbegehren findet vor dem Supermarkt-regal statt.“ Georg Strasser

Der Griff ins Regal ist bedeutend

Tierwohl obliege aber nicht alleine den Bäuerinnen und Bauern. „Wir sind bereit, den Wünschen der Gesellschaft nachzukommen. Wer Tierwohl bestellt, muss es auch bezahlen“, sagt Strasser. So finde das wahre Volksbegehren vor dem Supermarktregal statt. Konsumenten und Handel seien aufgefordert, zu heimischen Lebensmitteln zu greifen. Denn wie jedes andere Unternehmen unterliegen die landwirtschaftlichen Betriebe auch den Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage. „Mehr Tierwohl braucht auch mehr tatsächliche Abgeltung“, betont auch Bauernbund-Abgeordneter Klaus Lindinger. Derzeit würden die Zahlen zeigen, dass der Anteil der Premiumsegmente zurückgeht und die Konsumenten preisbewusster einkaufen. „Für mich ist das ein Alarmsignal, da hier die Bemühungen für mehr Tierwohl, regionaler Produktion sowie der Ernährungssouveränität in ihrer Gesamtheit auf dem Prüfstand stehen“, erklärt Bauernbund-Landesobfrau Langer-Weninger.

Schweinebauern sind gefordert

Insgesamt gibt es in Oberösterreich circa 5100 Schweinebauern, die knapp 1,1 Millionen Schweine halten. Durch die Schaffung neuer Vermarktungsstrukturen soll möglichst vielen Schweinebetrieben ein Umstieg auf höhere Haltungsstandards ermöglicht, und gleichzeitig faire Aufschläge garantiert werden. Der Verband der österreichischen Schweinbauern (VÖS) arbeite gemeinsam mit der Wissenschaft an Forschungsprojekten für die Verbesserung bestehender Systeme. Die Aufgabe weiterer Projekte sei es, Perspektiven für die zukünftige Schweinehaltung zu schaffen. So kann beispielsweise die Haltung von Langschwanz-Tieren in der konventionellen Schweinehaltung untersucht werden. Es sollen auch Konzepte entstehen, wie durch kleine Umbauten schnelle und sinnvolle Haltungsänderungen erreicht werden ohne die Zufriedenheit der Bauern aus den Augen zu lassen.
Der VÖS war dazu in der Verhandlungsphase immer wieder in einer Expertenfunktion eingebunden. Obmann Walter Lederhilger erläutert: „Auch wenn nicht alle Forderungen durchgesetzt werden konnten, ist es dennoch gelungen, praxisfremde Vorschläge abzuwehren. Der vorliegende Kompromiss wird eine Herausforderung für die heimische Schweinewirtschaft, er ist allerdings umsetzbar.“

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  • Schweinestall: LKOÖ
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