Das Know-how doppelt nützen

Ein Beispiel, wie man sein Know-how im eigenen landwirtschaft-lichen Betrieb und am Arbeitsplatz anwenden kann, ist der "Schulerhof" der Familie Hollaus in Rettenschöss im Bezirk Kufstein (Tirol): Franz und Astrid Hollaus be

Franz und Astrid Hollaus bei ihren Braunviehkühen im modernen Laufstall. ©BZ/Humer
Franz und Astrid Hollaus bei ihren Braunviehkühen im modernen Laufstall. ©BZ/Humer
Begonnen hat alles eigentlich ganz anders: Der heute 49-jährige Franz Hollaus erlernte nach der Pflichtschule und der landwirtschaftlichen Lehranstalt Rotholz den Mechanikerberuf. Dann erst begann er die Lehre als Käser und schloss diese Ausbildung 1993 mit der Meisterprüfung ab. Seit 2001 ist er Betriebsleiter der bekannten Biosennerei Hatzenstädt. “Das technische Verständnis hilft mir im Betrieb und am Hof”, bestätigt er den Nutzen seiner ursprünglichen Ausbildung.
Seine Frau Astrid stammt selbst nicht aus der Landwirtschaft. Sie absolvierte zwar die Landwirtschaftliche Lehranstalt St. Johann in Tirol, arbeitete dann aber als Verkäuferin. Nach der Heirat packte sie der Ehrgeiz, und sie schloss 2002 die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister ab.
Der 19-jährige Sohn Daniel ist in Papas Fußstapfen getreten und darf sich seit dem Vorjahr ebenfalls Käsermeister nennen. Derzeit arbeitet er in einer Käserei im Tiroler Außerfern. Die 17-jährige Tochter Jana besucht die HTL.
Klein, aber fein: So könnte man den Schulerhof nennen. Acht Braunviehkühe liefern Bio-Heumilch; ihnen steht ein Laufstall zur Verfügung. In dieser Größenordnung eher ungewöhnlich, doch für die Familie vor allem arbeitstechnisch von Vorteil: Franz muss morgens sehr zeitig mit seiner Arbeit in der Sennerei starten, da geht seine Frau in den Stall und kann anschließend zu ihrer Arbeit im Verkaufsladen der Sennerei. Abends macht Franz die Stallarbeit, zudem helfen seine rüstigen Eltern tatkräftig mit.

Der Laufstall als Arbeitserleichterung

Käsermeister Franz Hollaus im Käsekeller der Biosennerei Hatzenstädt ©privat
Käsermeister Franz Hollaus im Käsekeller der Biosennerei Hatzenstädt ©privat
Auch ihnen kommt die Flexibilität des Laufstalls zugute. “Der Kuhkomfort ist wichtig, aber der Bauernkomfort soll auch stimmen”, lacht Franz Hollaus. Und seine Frau ergänzt: “Man soll ja Freude am Betrieb haben und ihn nicht als Belastung sehen.” Dass das Menschliche nicht zu kurz kommt, dafür sorgt auch das gemeinsame Essen mit den Eltern, wo dann auch die anfallenden Arbeiten besprochen werden.
Der Schulerhof wird seit rund vierzig Jahren als Biobetrieb geführt. “Mein Vater war ein Pionier und hat damals schon auf Bio umgestellt”, erzählt Franz Hollaus. Den Hof bevölkern neben den Kühen noch zwei Schweine, einige Enten und Hühner. Außer den Legehennen werden im Sommer noch Masthühner gehalten.
Während Franz seine Laufbahn vor allem auf seinen Lehrherrn zurückführt – “der hat mir den Beruf schmackhaft gemacht”, war es bei seiner Frau anders: “Nach der Heirat wollte ich einfach wissen, was ich das restliche Leben tue”, meint sie trocken. “Ich wollte mich auch in landwirtschaftlichen Dingen auskennen und mitreden. Denn, was man arbeitet, sollte man auch richtig gelernt haben”, ist sie überzeugt. Darum absolvierte sie mutig die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister. Kein Wunder, dass man auch in der Arge Meister bald auf sie aufmerksam wurde: So war sie eine Periode lang Landesobfrau, derzeit ist sie im Bundesvorstand als Obmannstellvertreterin tätig. “Man soll sein Schicksal selbst in die Hand nehmen”, ist Astrid Hollaus überzeugt.

Biosennerei mit Käse-Spitzenqualität

Der Milchtransport zur Sennerei erfolgt mit einem ausgeklügelten Seilbahnsystem. ©privat
Der Milchtransport zur Sennerei erfolgt mit einem ausgeklügelten Seilbahnsystem. ©privat
Die Biosennerei Hatzenstädt, auf der anderen Talseite des Ritzgrabens gelegen, ist eine bäuerliche Genossenschaft von derzeit 33 Bauern und kann auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken. Seit 1990 Biobetrieb, werden heute dort jährlich rund 1,9 Millionen Liter Milch verarbeitet – hauptsächlich zu Emmentaler (die Hatzenstädter waren auch schon Emmentaler-Weltmeister), Bergkäse und Schnittkäse, außerdem zu Butter, Topfen und Joghurt.
Die Produkte werden in der Sennerei abgepackt und hauptsächlich im anschließenden Verkaufsladen vermarktet. “Wir profitieren von der Grenznähe und haben viele treue Kunden aus dem benachbarten Bayern”, erzählt Astrid Hollaus. Der Bio-Emmentaler aus Hatzenstädt ist auch tirolweit unter der bekannten Marke “Bio vom Berg” erhältlich. Motor dieser Marke, Heinz Gstir aus Niederndorferberg, ist übrigens auch der Obmann der Biosennerei Hatzenstädt und ein weitum bekannter Biopionier.
Auch viele junge Familien verbinden einen Ausflug mit dem Einkauf, manche wollen auch den Schulerhof besichtigen. Für Staunen sorgt regelmäßig die ungewöhnliche Art der Milchanlieferung von den Höfen zur Sennerei: Die geschieht nämlich durch ein ausgeklügeltes Seilbahnsystem, und das schon seit Jahrzehnten. Auch das eine von mehreren Besonderheiten in diesem besonderen Eck Tirols …

Im “Käseeck Tirols”

Im Laden gibt
Im Laden gibt”s neben Käse viele weitere regionale Spezialitäten. ©privat

Der Schulerhof

Mit Freude am eigenen Bauernhof und in der Sennerei tätig: Franz und Astrid Hollaus. ©BZ/Humer
Mit Freude am eigenen Bauernhof und in der Sennerei tätig: Franz und Astrid Hollaus. ©BZ/Humer
Der Schulerhof der Familie Hollaus in Rettenschöss im Bezirk Kufstein ist ein Bio-Heumilchbetrieb. Bewirtschaftet werden ca. zehn Hektar Grünland. Im Laufstall stehen acht Braunviehkühe. Daneben gibt es am Hof noch zwei Schweine sowie einige Enten und Hühner.

Biosennerei Hatzenstädt

Die Biosennerei Hatzenstädt ist eine von mehreren Sennereien im nordöstlichen Eck Tirols zwischen Kufstein und Kössen (Bezirk Kitzbühel). Die Genossenschaft verarbeitet die Milch von 33 Bauern hauptsächlich zu Emmentaler, Berg- und Schnittkäse. www.biokäserei-tirol.at

Andreas Humer

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