Sie sind nun seit fünf Jahren Landesbäuerin in Oberösterreich. Wie fällt Ihre Bilanz über diese Zeit aus?
Haider: Wir haben einiges beibehalten und vieles auf neue Beine gestellt. So haben wir zum Beispiel einen Bäuerinnenbrief eingeführt und zu Corona-Zeiten Videobotschaften verschickt, um mit den Bäuerinnen in Kontakt zu bleiben. Wir Bäuerinnen leisten unglaublich viel und sind das Herz der Landwirtschaft. Es ist ein herausfordernder, aber auch erfüllender Beruf.
Bei Ihrem Amtsantritt haben Sie gesagt, „Sprachrohr zum Konsumenten und Botschafterin der Landwirtschaft“ sein zu wollen. Wie haben Sie diese Rolle in der bisherigen Amtszeit ausgefüllt und was ist alles gelungen?
Wir Bäuerinnen nehmen gerade bei diesem Thema eine Schlüsselrolle ein, denn wir sind glaubhafte Botschafterinnen, wenn wir über unsere Landwirtschaft erzählen. Durch Gespräche und Einblicke in unsere Höfe wird Vertrauen zum Konsumenten aufgebaut.
Wie hat sich das Kaufverhalten der Konsumenten bei Lebensmitteln in den vergangenen fünf Jahren durch Corona und später durch die Teuerung verändert?
Bei Corona stieg der Absatz unserer heimisch regionalen Produkte steil an. Selbstbedingungs-Hofläden wurden errichtet und sie sind gekommen, um zu bleiben. Diese werden ganz besonders gerne genützt und das Angebot wird geschätzt. Leider kann man durch die Teuerung feststellen, dass beim Einkauf wieder vermehrt zum billigeren Produkt gegriffen wird. Der Aktionismus forciert diesen Weg.
Welche Themen beschäftigen die Bäuerinnen derzeit am meisten?
Die soziale, finanzielle und rechtliche Absicherung ist eine Herzensangelegenheit von mir. Jede Bäuerin muss gut abgesichert sein. Aber auch wie wir der Gesellschaft die Landwirtschaft begreiflich machen können, da sehr viele Personen keinen Bezug mehr zur bäuerlichen Produktion haben.
Warum ist es so wichtig, dass Bäuerinnen sich selbst für ihre Interessen einsetzen?
Weil wir am besten wissen, was wir brauchen. Wir haben eine tolle Gemeinschaft und unterstützen uns gegenseitig.
In der Vollversammlung der OÖ. Landwirtschaftskammer beträgt der Frauenanteil aktuell 29 Prozent. Wie kann es gelingen, noch mehr Frauen in Entscheidungsgremien zu verankern?
Die Vertretungsarbeit ist essentiell für unsere Branche. Wer soll sich für die Frauen in der Landwirtschaft einsetzen, wenn wir nicht dazu bereit sind. Mit Ehrlichkeit, Engagement und Vorbildern können wir hoffentlich wieder mehr Frauen motivieren, Vertretungsarbeit zu übernehmen.
Bundesweit sind alle Vertreterinnen in der ARGE Bäuerinnen organisiert und vernetzt. Welche Ziele werden dort verfolgt?
Die ARGE ist die Stimme der weiblichen Landwirtschaft. Wir unterstützen Frauen in ihrer vielfältigen Rolle und treten für verbesserte Arbeits- und Lebensbedingungen auf unseren Höfen ein. Zudem erklären wir unsere Lebensgrundlage und vertiefen den Dialog mit und in der Gesellschaft.
Wie kann man den Dialog mit den Konsumenten weiter intensivieren?
Von Seiten der Bäuerinnen werden viele Aktionen gesetzt. Besonders intensiv sind wir im Schulbereich unterwegs mit den Aktionstagen zu den verschiedenen Themen, mit Unterstützung der Seminarbäuerinnen.
Wie wichtig ist die Arbeit der Seminarbäuerinnen in diesem Zusammenhang?
Bäuerinnen-Arbeit ist Bildungsarbeit. Die Seminarbäuerinnen sind sehr gut ausgebildet. Sie sind besonders bei den Kindern sowie bei Kursen für Erwachsene wichtige Botschafterinnen für die Landwirtschaft.
Welche Initiativen werden zur Bewusstseinsbildung für die heimische Landwirtschaft und regionale Lebensmittel von den Bäuerinnen umgesetzt?
Wir sind mehrmals im Jahr bei Arcimboldo zu Gast und erklären dort vor Ort und im Radio die landwirtschaftliche Produktion sowie den Wert heimischer Lebensmittel. Zudem geben wir Pressekonferenzen und verschicken Aussendungen zu diversen Themen.
Sie machen sich für die Weiterbildung von Bäuerinnen stark. Welche Bildungsangebote wurden in den letzten Jahren eingeführt oder erweitert?
Der ZAM-Lehrgang soll Bäuerinnen fit für die Mitarbeit in Verbänden, Vereinen und Gremien im ländlichen Raum machen. Zudem organisieren wir mehrmals im Jahr den Bäuerinnentalk mit speziellen Vorträgen für Frauen in der Landwirtschaft.
Heutzutage kommen mehr Frauen ohne agrarischen Hintergrund auf die Höfe als früher. Wie kann man diese jungen, angehenden Bäuerinnen unterstützen?
Ein Großteil der Bäuerinnen hat Berufe erlernt, die nicht zur Sparte der Landwirtschaft zählen. Genau dadurch können sich aber Synergien ergeben, die am Hof gut eingesetzt werden können. Durch viele Ideen, den Innovationsgeist und die gute Ausbildung unserer Frauen haben Betriebe Chancen und bleiben dadurch in Bewirtschaftung. Für Quereinsteiger haben wir die Broschüre „Plötzlich Bäuerin“ erstellt, die den Einstieg erleichtern soll.
Was sind Ihre Pläne und Ziele für die kommenden Jahre als Landesbäuerin?
Dass sich mehr Frauen motivieren lassen und bereit sind in führenden, verantwortungsvollen Positionen Aufgaben zu übernehmen. Der persönliche Kontakt ist mir dabei sehr wichtig. Wir wollen unser Wissen und den wertvollen Erfahrungsschatz auf den verschiedensten Ebenen in die Gesellschaft einbringen. Ich will, dass die wertvolle Arbeit der Bäuerinnen noch stärker sichtbar wird und ihnen jene Unterstützung zukommen lassen, die sie auch verdienen.
- Bildquellen -
- DSC 8398: BZ/Mursch-Edlmayr