Was das ärztliche Gespräch leisten kann

Seit 2004 gibt es in Österreich eine neue Studienordnung. Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger von der Medizinischen Universität Graz trainiert Medizinstudenten verpflichtend in Arzt-Patient-Kommunikation. Seit 2010/2011 sind die ersten Jungärzte

Es schadet nie, wenn Ärzte nachfragen, ob der Patient den Sachverhalt und die daraus resultierenden Konsequenzen auch verstanden hat. ©Wodicka
Es schadet nie, wenn Ärzte nachfragen, ob der Patient den Sachverhalt und die daraus resultierenden Konsequenzen auch verstanden hat. ©Wodicka
Was könnten Ärzte in der Kommunikation mit Patienten verbessern?
Egger: Das Informationsbedürfnis aufseiten der Patienten hat sich erhöht, und Patienten wollen zudem in die Entscheidung, was zu geschehen hat, einbezogen werden. Der Arzt ist angehalten, den Patienten zusammenfassend berichten zu lassen, d. h. ihm zuzuhören und nicht gleich zu unterbrechen. Dann gilt es, medizinisch relevante Aspekte nachzufragen. Die Informationen und Befunde sollten danach für den Patienten verständlich besprochen werden.

Was können die Patienten selbst zum Gelingen der Arzt-Patienten-Kontakte beitragen?
Egger: Es gibt auch eine ‚Bringschuld‘ des Patienten. Hilfreich ist es z. B., wenn Patienten einen Stichwortzettel mitbringen mit den Punkten, die sie klären wollen. In der Aufregung wird sonst oft Wichtiges vergessen. Es ist ratsam, dem Arzt zu sagen, dass man an den medizinischen Informationen interessiert ist und in die jeweiligen Entscheidungen eingebunden werden möchte.

Nimmt eine gelungene Kommunikation auf die Compliance-Therapietreue Einfluss?
Egger: Eine gute Arzt-Patient-Beziehung hat extrem positive Auswirkungen, die wissenschaftlich belegt sind. Patienten zeigen eine bessere Therapietreue (sie befolgen die Schritte bei der Bekämpfung der Beschwerden bzw. Krankheit deutlich besser), sie werden zuversichtlicher (sie sind weniger verzagt und erreichen die Therapieziele insgesamt schneller) und zeigen weniger Bereitschaft, sich auf obskure und unvernünftige Behandlungswege zu begeben.

Welche positiven Auswirkungen hat eine gelungene Arzt-Patienten-Kommunikation?
Egger: Aufseiten des Patienten: Es lässt sich belegen, dass Patienten, die sich von ihren Ärzten verstanden fühlen, nicht nur eine bessere Therapietreue (Compliance) zeigen, sondern auch eine erfolgreichere Zusammenarbeit (Coherence) bei der medizinischen Problemlösung ermöglichen (z. B. bessere Blutdruckeinstellung, bessere Blutzuckereinstellung). Wenn der Informationsaustausch zwischen Arzt und Patient gut gelingt, gibt es weniger Fehlverschreibungen und weniger gesundheitsschädliches Verhalten auf Patientenseite. Bei einem guten Arzt-Patienten-Verhältnis werden sogar die Verweilzeiten in den stationären Einrichtungen verkürzt (und das öffentliche Gesundheitssystem dadurch etwas entlastet), die “Wehleidigkeit” bei Bagatellsymptomen verringert und die Zufriedenheit mit der Medizin insgesamt erhöht. Aufseiten des Arztes: Eine gelingende Arzt-Patient-Beziehung ist häufig mit gegenseitigem besseren Vertrauen verbunden. Der Arzt gewinnt den Patienten als (oftmals notwendigen) mitverantwortenden Partner bei der gesundheitlichen Problemlösung. Langzeitstudien haben ergeben, dass gut kommunizierende Ärzte weniger bei Ombudsstellen oder vor Gerichten geklagt wurden. Letztendlich ist der zwischenmenschlich kompetente Arzt in vielen Fällen treffsicherer in seiner ärztlichen Tätigkeit und gewinnt durch die positive Rückmeldung vonseiten der Patienten auch Genugtuung und Freude am eigenen Schaffen.

Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger ©ZVG
Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger ©ZVG
Univ.-Prof. Dr. Josef W. Egger arbeitet an der Medizinischen Universität Graz und ist Herausgeber der Fachzeitschrift “Psychologische Medizin”.

E-Mail: josef.egger@medunigraz.at

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