Tacheles mit Murmeltieren

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Und ewig grüßt das Murmeltier – der Titel dieser US-Filmkomödie aus 1993 (eigentlich „Und täglich grüßt…“) gilt längst als synonyme Redewendung für wiederkehrende Rituale. Das gilt auch für das alljährliche Auftauchen von Frühkartoffeln aus Ägypten in den heimischen Supermarktregalen, meist auch noch zu Schleuderpreisen. Den heimischen Bauern sind die Knollen von gut 4.000 Kilometer entfernten Feldern verständlicherweise ein Dorn im Auge. Noch dazu in einem Jahr wie heuer, weil mangels Kunden aus der wegen Corona geschlossenen Gastronomie und Hotellerie zigtausende Kilogramm bester Erdäpfel in ihren Kellern und Lagerhallen auf Abnehmer warten. Auch sonst konterkarieren die Einkäufer großer Supermarktketten mit ihrer Murmeltier-Forderung im Großhandel nach afrikanischen Frühkartoffeln zu Spottpreisen jegliche Bemühungen, wo es geht klimaschonende regionale Lebensmittel zu etablieren. Ein paar Blümchen und Bienchen am wöchentlichen Werbeflugblatt oder in der Lockanzeige in den Sonntagsausgaben der Massenblätter überdecken das mehr als fragwürdige Angebot – man ist ja für alle da, auch für die Realitäten negierenden Klimasünder.
Aber auch unter den Bauern selbst gibt es einige, denen das Geschäft vor die Moral geht. Während die einen mit Store-Checks auf saisonal einfach unnötige Auslands-importe aufmachen, haben andere (wiewohl selbst Erdäpfel und Gemüse erzeugend) kein Problem damit, auch Murmeltier-Bestellungen zu bedienen und damit Kasse zu machen. Darüber sollten die Bauern am besten auch einmal untereinander Tacheles reden.

bernhard.weber@bauernzeitung.at

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