Die Idee der „Abgestuften Grünlandwirtschaft“ (AGW) wurde in den 1980er-Jahren von
Walter Dietl in der Schweiz entwickelt und Mitte der 1990er-Jahre als „abgestufter Wiesenbau“ veröffentlicht. Also eigentlich eine „alte Sache“ und beileibe nichts Neues. Nur hat sie in der allgemeinen Grünlandwirtschaft kaum ein breites Echo gefunden, weil das Grünland bisher auch so funktioniert hat.

Die Zeiten und das Klima haben sich geändert

Aber die Zeiten haben sich geändert. Vor allem die klimatischen Produktionsbedingungen ändern sich spürbar, Engerlinge fressen alles auf, Milchleistung und Schnitthäufigkeit haben sich erhöht, langjährige Fehler in der Bewirtschaftung treten plötzlich deutlich zu Tage, die Pflanzenbestände entsprechen immer weniger den Qualitäts- und Ertragserwartungen.

Auch die Biodiversitätsdiskussion mit ihrer Sorge um die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten greift immer stärker in das Grünland ein. Natürlich hat eine zwei- und dreischnittige Wiese, wie es in den 1950er- bis 1980er-Jahren noch Standard war, mehr Pflanzenarten. Heute haben wir vier und fünf Schnitte als Standard und sprechen daher auch von Wirtschaftsgrünland. Das geht aber auch nicht anders, denn die Vegetationszeit ist heute um 14 Tage länger als in den 1950er-Jahren und die Milchleistung im Landesdurchschnitt liegt nicht mehr bei 2.000, sondern bei 7.000 Kilogramm. Mehr Schnitte waren eine logische Folge der Vegetationszeit und der Notwendigkeit, möglichst hochwertiges, gesundes und wiederkäuergerechtes Futter aus dem eigenen Betrieb heraus zu produzieren.

„Alles dreht sich um den optimalen Grünlandbestand, dem das an Nährstoffen zurückgegeben wird, was ihm entzogen wird.“ (Leitsatz)

Trotz all dieser fachlichen Argumente für die aktuelle Grünlandnutzung müssen Landwirte sich den Fragen der Biodiversität stellen – und auch den Erwartungen der Gesellschaft. An den Folgen des Klimawandels kommt man ohnehin nicht vorbei. Unter diesen Rahmenbedingungen kann die abgestufte Grünlandwirtschaft ein Weg sein, auch künftig erfolgreich und akzeptiert Grünland zu bewirtschaften.

Das AGW-Konzept beruht darauf, dass die einem Betrieb zur Verfügung stehenden Grünlandflächen in ihrer Bewirtschaftungsintensität differenziert werden. Viele Betriebe werden mehr oder weniger ausgeprägt ohnehin schon so wirtschaften – ohne sich des Fachbegriffes bewusst zu sein. Nun geht es darum, sich bewusst damit auseinanderzusetzen. Auch mit den Notwendigkeiten und Konsequenzen für den eigenen Betrieb.

Ohne die Lage zu verallgemeinern, aber über das ganze Land gesehen gibt es im Wirtschaftsgrünland noch sehr große Ertrags- und Qualitätsreserven. Wenn das Grünland richtig, das heißt seiner Nutzungshäufigkeit entsprechend, bewirtschaftet werden würde.

Quelle: Frühwirth
Fünf-Schnitt-Grünland auf Schotteruntergrund, nach Sanierung und Nachsaat.

Mix an verschiedenen Intensitäten entsteht

Mit der „Abgestuften Grünlandbewirtschaftung“ entsteht ein Mix an verschiedenen Intensitäten. Für die Auswahl der ertragsbetonten Flächen sind verschiedene Kriterien wichtig. Es werden Flächen sein, die:

  • eine bessere Bodenbonität auf­weisen.
  • eine effizientere Logistik in der Bewirtschaftung erlauben. Dazu zählen Parameter wie Flächengröße, Hangneigung, Entfernung vom Hof, Wege- und Straßenzustand sowie Überqueren von Straßen mit hoher Verkehrsdichte.
  • langfristig in der Bewirtschaftungshoheit des Grünlandwirtes stehen können (Sicherheit des Pachtverhältnisses).

Auf diesen Flächen setzt der Grünlandwirt alle notwendigen und pflanzenbaulich sinnvollen Maßnahmen zur Führung eines optimalen Pflanzenbestandes ein. Die wichtigsten Eckpunkte einer erfolgreichen ertragsbetonten Grünlandbewirtschaftung sind:

  • Optimale Schnittzeitpunkte, die sich an hohen Gehalten bei Eiweiß und Energie orientieren.
  • Entzugsorientierte Nährstoffversorgung. Dazu zählen insbesondere Kalkung, Phosphorversorgung und  Stickstoffversorgung, vorrangig über Wirtschaftsdünger, aber auch fallweise Ergänzung mit mineralischen Düngern.
  • Periodische Nachsaat mit nutzungsangepassten Nachsaatmischungen.
  • Fallweise Sanierung plus Nachsaat, wenn die Gemeine Rispe zu hohe Anteile aufweist und Standraum für wertvolle Futtergrasarten geschaffen werden muss.
  • Optimales Gülle-Management, künftig verstärkt auch bodennahe Ausbringung.
  • Erntetechnik (Höheneinstellung der Geräte, Messerschärfe);
  • Bodenbelastung, Reifendruck;
  • Konsequente Reduzierung von wühlenden Nagetieren (Feld- und Wühlmäuse).

Hohe Futterqualität und gute Flächenerträge beruhen also auf einer Vielzahl an einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen, die über Jahre konsequent umgesetzt werden müssen. Von heute auf morgen geht gar nichts. In der dauerhaften Umsetzung liegt der Erfolg.

Die anderen Grünlandflächen werden – je nach Lage, Entfernung, Bodenbonität und Pflanzenbestand – weniger oft gemäht und nur mit wenig oder gar keinen Nährstoffen versorgt. Das sind entweder Flächen, die ohnehin schon nur dreimal oder weniger oft gemäht werden, oder Flächen, die im Zuge der Einführung der abge­stuften Grünlandwirtschaft in der Schnitthäufigkeit zurückgefahren werden (man spricht von „nutzungsreduzierten“ Flächen).

Vereinfacht gesagt: In der Praxis der abgestuften Bewirtschaftung handelt es sich bei den „nutzungsreduzierten“ Flächen um jenes Grünland, das – im Gegensatz zum ertragsbetonten Grünland – nur dreimal oder weniger gemäht wird und nur wenig Düngung erhält.

Zum Teil zwei der Serie:

Optimales Management wird im Grünland künftig unvermeidlich sein

Der dritte und letzte Teil der Serie:

Die abgestufte Grünlandwirtschaft ist auch gelebte Individualität

- Bildquellen -

  • Fünf-Schnitt-Grünland: Frühwirth
  • Abgestufte Grünlandwirtschaft: Bioschule Schlägl
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AUTORPeter Frühwirth
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