Im heurigen Erntejahr ist den anfänglichen Sorgenfalten je nach Region eine gewisse Erleichterung gewichen. Wo genug Niederschlag gefallen ist, waren durch entsprechende Erträge auch in allen Kulturen befriedigende Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Mit der Fortsetzung der Getreideexporte aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen zeichnet sich in den letzten Wochen allerdings ein Abwärtstrend auf den internationalen Börsenmärkten ab. Was das für die Rentabilität der gängigsten Marktfrüchte bedeuten könnte, hat der Betriebswirtschaftsberater der LK Niederösterreich, Gerald Biedermann, berechnet und im Rahmen des LK-Webinars „Volatile Düngerpreise und Agrarmärkte“ einer breiten Öffentlichkeit präsentiert.

„Der Deckungsbeitrag eines guten Jahres ist geliehen.“

Biedermann hatte dazu zunächst die Kosten aller gängigen Betriebsmittel erhoben und versucht daraus eine Tendenz für 2023 abzuleiten. Im Anschluss berechnete er für Qualitätsweizen, Körnermais, Raps, Sojabohnen und Zuckerrüben jeweils Deckungsbeiträge mit österreichischen Durchschnittserträgen aus den Jahren 2016 bis 2020 jeweils für den Zeitraum 2016 bis 2022, wobei Ertragsschwankungen, wie sie heuer teils massiv auftraten, keine Berücksichtigung fanden. Schlussendlich wurde noch für alle Kulturen ein Deckungsbeitrag mit den derzeit gängigen Produktpreisen und den angenommenen Kosten für Betriebsmittel 2023 errechnet, mit einer klaren Botschaft: „Der Deckungsbeitrag eines guten Jahres ist geliehen.“

Stagnierende Kosten drücken
Biedermanns Berechnungen zeigen, 2021 konnten alle Kulturen, mit Ausnahmen der kontrahierten Rüben, vom Erzeugerpreissprung profitieren. Besonders der düngerintensive Raps und der zu trocknende Körnermais gehörten bei Kosten auf Vorkrisenniveau zu den Gewinnern. Der Paukenschlag folgte heuer. Laut der LK-Kalkulation stiegen die variablen Maschinenkosten je ha bei allen Kulturen um gut 100 Euro, bei der Rübe gar noch höher. Die Düngerkosten hatten sich mit Ausnahme der Sojaflächen am ha im Schnitt verdreifacht. Auch Saatgut und Pflanzenschutz legten leicht zu. Ebenso zogen die Produktpreise im geopolitischen Trubel nach. Entspannung am Zuckermarkt, Weizenknappheit und Co. – wo nicht, wie im Trockengebiet, niedrige Erntemengen und hohe Betriebsmittelpreise die Deckungsbeiträge fraßen, stimmte die Rechnung.

Mit der allmählichen Beruhigung und dem Abwärtstrend der Erzeugerpreise könnte nun die Trendwende folgen, wie das Szenario 2023 aus St. Pölten anschaulich zeigt. „Es ist zu befürchten, dass auch 2023 mit hohen Betriebsmittelkosten produziert werden muss“, so Biedermann und ergänzt „Das Verhältnis von Vorleistungskosten zu Deckungsbeiträgen dürfte sich also wieder drehen man kann heuer von einem ‚geborgten‘ Deckungsbeitrag sprechen.“ Seine Berechnungen seien mit Vorsicht zu genießen, wie der Betriebswirt nicht müde wird zu betonen. Berücksichtigt wurden tagesaktuell abgeleitete Erzeugerpreise, bei der Rübe wurde mit einem, gegenüber 2022 etwas geringeren, Preis gerechnet. Stand heute würden die Druschfrüchte im nächsten Erntejahr eher schwächer abschneiden.

Fazit
Die Deckungsbeiträge der heurigen Saison dürften also ein einmaliger Peak gewesen sein. „Betriebe sollten heuer jedenfalls ein finanzielles Polster aufbauen um das nun höhere Kostenniveau nicht mit Fremdkapital finanzieren zu müssen“, erklärt Biedermann. Zu bedenken sei auch, dass der Deckungsbeitrag lediglich die Leistungen abzüglich der variablen Kosten, wie etwa Betriebsmittel abbildet und schwer auf den Einzelbetrieb umzulegen ist. Fixkosten wie Abschreibungen und Versicherungen, Pachtzahlungen und Kreditzinsen müssen davon genauso gedeckt werden, wie Sozialversicherungsbeiträge und der eigene Lohnansatz. Jedenfalls sei der Deckungsbeitrag „nicht die mögliche Pachtzinshöhe für die kommenden Jahre“, hält der LK-Betriebswirt fest.

Landwirten rät er nun den Betriebsmitteleinsatz zu optimieren, bei der Düngung als größtem Kostenfaktor nicht an der falschen Stelle zu sparen und die Verfügbarkeit von Wirtschaftsdünger zu prüfen. Eine Preisabsicherung von Teilmengen erachtet Biedermann als durchaus sinnvoll und beuteuert abschließend: „Ein guter Liquiditätsplan ist in diesen Zeiten Trumpf.“

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  • : agrarfoto.com
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AUTORClemens Wieltsch
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