Alternativ sollte der Regierung in Kiew über Finanzhilfen die Möglichkeit gegeben werden, private Sucheinheiten anstellen zu können. Da sehr viele Äcker vermint seien, sei bereits ein Großteil der Herbstaussaat nicht möglich gewesen.

Didukh schätzt, dass die Herbstaussaat für die diesjährige Ernte bezogen auf das gesamte Territorium der Ukraine, also inklusive der von Russland besetzten Regionen im Osten des Landes sowie auf der Krim im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gesunken ist. Bei den gegenwärtig unter ukrainischer Hoheit befindlichen Flächen sei es immer noch ein Rückgang um knapp ein Viertel (24 %). Ein Großteil davon sei auf die Verminung zurückzuführen. Vor allem der Winterweizenanbau in der zentralen Ukraine und dem Nordosten des Landes habe darunter gelitten.

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Verminte Felder sind vor allem für die Landwirte in der Ukraine eine Gefahr.

Laut der Direktorin gehen vielen Landwirten aufgrund der Kriegsschäden und des Wegfalls von Absatzmärkten die finanziellen Reserven aus. Hätten viele zu Kriegsbeginn im Februar vorigen Jahres noch auf finanzielle Rücklagen oder Saatgut- und Düngemittelvorräte zurückgreifen und damit die Betriebe am Laufen halten können, stünden sie jetzt „mit dem Rücken zur Wand“. Bei der Frühjahrssaat vor einem Jahr habe man noch etwa 95 Prozent der verfügbaren Flächen bestellt.

Laut Didukh habe der Angriff Russlands dem Agrarsektor der Ukraine bereits Einbußen von schätzungsweise rund 41 Mrd. Euro beschert. Die direkten Kriegsschäden auf den landwirtschaftlichen Betrieben bezifferte sie auf umgerechnet 6,6 Mrd. Euro, die indirekten Folgekosten seien gut fünf Mal so hoch. 

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Mindestens ein Viertel der Agrarfläche ist von den Kriegswirren betroffen.

Didukh mahnte, die von der EU ins Leben gerufenen Solidaritätskorridore „unter allen Umständen“ aufrechtzuerhalten. Zwar erleichtere das mit Russland ausgehandelte Getreideabkommen den Export von Agrargütern über die Schwarzmeerhäfen ganz erheblich. Man habe allerdings kein Vertrauen, dass sich die Regierung in Moskau verlässlich an die Zusagen halten werde. Indes seien an den Grenzübergängen zu Polen viele ukrainische Agrarexporte aufgrund von Formalien nicht oder nur mit großen Verzögerungen abgefertigt worden.

EU-Agrarreserve für Polen, Bulgaren und Rumänen

Derweil plant die Europäische Kommission, aus der EU-Agrarreserve mehr als 50 Mio. Euro für die bulgarische, polnische und rumänische Landwirtschaft bereitzustellen. Damit sollen die dortigen Landwirte für wirtschaftliche Verluste entschädigt werden, die ihnen wegen des Rückgangs der Erzeugerpreise aufgrund massiver Einfuhren von Getreide und Ölsaaten aus der Ukraine entstanden sind. Auch die Slowakei und Ungarn hatten entsprechende Anträge gestellt; diese seien angesichts der dort aktuell weitgehend entspannten Marktlage aber abgelehnt worden, berichtet Agra-Europe.

In Rumänien würde die aktuelle Marktlage zwar auch keine Hilfen rechtfertigen, so die Kommission. Man habe jedoch die besondere Lage des Landes als Transportknotenpunkt für ukrainische Agrargüter anerkannt. Im Einzelnen sollen 29,5 Mio. Euro an Polen, 16,75 Mio. Euro an Bulgarien und gut 10 Mio. Euro an Rumänien fließen, und das bis spätestens Ende September. Kofinanziert um nationale Mittel könnten die Finanzhilfen für die betroffenen Landwirte insgesamt mehr als 110 Mio. Euro betragen.

Endgültig entschieden werden soll darüber Ende März im Ausschuss für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte. Abgelehnt wurde dem Vernehmen nach eine Forderung von Lettland und Litauen nach Hilfsgeldern für ihren Milchsektor. Begründung: Die Milchpreise hätten seit zwei Jahren teils Rekordwerte markiert.

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AUTORBernhard Weber
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